Der November ist schon fast wieder vorüber und mittlerweile leuchten die ersten Fenster und Hauseingänge bereits weihnachtlich. Und natürlich weiß ich auch schon, wie unsere Weihnachtsdeko in diesem Jahr aussehen soll. Aber aufgehängt habe ich noch nichts. Anschalten würden wir eh erst nach Totensonntag, wie früher eben. Abends laufen hat also mittlerweile wieder einen besonderen Charme. Tagsüber laufen, bei Helligkeit, aber auch. Heute mache ich meine späte Mittagspause draußen, auf der Laufstrecke. Im November laufen eben, da kommt es auf die Vorbereitung an.
Der Tag ist wirklich anstrengend. Nicht nur, weil wir gerade im Büro Umbauarbeiten haben und ich deshalb viel abgelenkt werde, sondern auch, weil praktisch jeder heute mal zu mir kommt und mir eine Frage stellen muß. Nur kurz, und nur eine und ich verstehe das auch, aber es reißt mich eben trotzdem regelmäßig aus der Konzentration. Und wenn eben jeder nur kurz und nur eine Frage hat, sind das eben trotzdem 30 Stück am Tag. Allerdings muß ja auch jeder andere weiterarbeiten können und dann ist es auch besser, wenn man sich unsicher ist, nachzufragen. Zumindest ist mir das lieber, als etwas falsch zu machen, was ich dann verbessern muß.
Planung ist alles
Für so einen Arbeitstag ist das mitgebrachte Laufzeug zum November laufen wirklich Gold wert. Nicht nur, weil der Verkehr absehbar schlecht ist weil sich viele Autofahrer wegen der Straßenzustände überschätzen, sondern auch, um einfach mal frische Luft an den Kopf zu lassen. Nach so einem Lauf hat man zwei Möglichkeiten, entweder, man ist vollkommen platt und fix und fertig, oder man fühlt sich erfrischt, und ist motiviert zu neuen Taten. Oft sind mir in der Vergangenheit ja sogar noch Lösungen für Büroproblematiken eingefallen. Oder neue Reports, die mir vielleicht bei der Entwicklung einer Problemlösung helfen könnten.
So ein Lauf kann da wirklich hilfreich sein. Einfach deshalb, weil man kurzfristig den Kopf abschalten kann, und nur einen Fuß vor den anderen setzen muß. Für mich heute eine perfekte Pause. Die Sonne scheint, als ich mit langer Laufhose und meinen Asics Laufschuhen nach draußen trete. Ich trage ein langes Laufoberteil und eine dünne Windjacke drüber. Es ist im Schatten sicherlich deutlich kühler und außerdem bläst meist ein ordentlicher Wind über das Feld. Mein guter Vorsatz heute lautet ganz klar so viel wie möglich laufen und so wenig walken, wie möglich.
Los geht’s
Ich laufe also auch gleich los, als ich vor die Tür trete und freue mich über diese grandiose Idee, die Laufklamotten eingepackt zu haben. Manchmal stimmt an so einer Vorbereitung einfach alles und heute war das mal der Fall, was mich wirklich glücklich macht. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, als ich wie früher üblich an der Bahn entlang und dann ab ins Feld laufe. Es geht hier für mich leicht wellig entlang, also mache ich kleinere Schritte, als im Flachen. Und so laufe ich und laufe und laufe. Und dann höre ich einen ziemlich lauten Knall oder sowas.
Hier auf dem Feld ist das schon komisch, also drehe ich mich mal um und schau, ob ich was sehe. Tue ich aber nicht und so denke ich mir einfach nichts dabei und laufe weiter. Ich laufe mich so richtig in Trance, zumindest gefühlt, bin ich einfach nur am laufen. Immer einen Schritt vor den Anderen. Das Feld liegt ganz friedlich in der Nachmittagssonne und hier ist sonst kein anderer Mensch. Alle sind entweder auf der nahe gelegenen Autobahn, also schon im Feierabend, oder sitzen noch im Büro.
Aus dem ich mich gerade verdrückt habe… eine großartige Idee war das!
Als ich näher an die Autobahn heran laufe, höre ich die Sirenen. Sie kommen zahlreich und immer näher. Mehrere Löschzüge der Feuerwehr und gefühlt noch mehr Krankenwagen preschen heran. Allerdings läuft der Verkehr auf dieser Fahrbahn super. Als mein Blick allerdings auf die andere Seite wechselt, sehe ich gleich, dass hier ganz offenbar das Problem liegt. Der Verkehr auf der anderen Seite steht. Da bewegt sich gar nichts.
Wie in Trance
Und jetzt funktioniert auch die Rettungsgasse und ein Löschzug nach dem anderen, gefolgt von Krankenwagen, Notarztfahrzeug und Polizei fährt hindurch. Ganz offensichtlich ist da etwas größeres passiert. Der Knall vorhin hat wohl dazu gehört. Und so beobachte ich jetzt, während ich immer noch wie in Trance kontinuierlich am November Laufen bin, wie sich etwas weiter vorne auf der Autobahn die Retter zu aufbauen und sich an der Unfallstelle zu schaffen machen.
Im Rhein-Main Gebiet sicherlich ein täglicher Anblick, zumindest, wenn man wie ich viel Auto fährt oder Zeitung liest. Hier treffen gestresste Autofahrer auf langsamere, LKW’s und Motorräder, Fahrer, die Verkehrsregeln eher als Vorschlag erachten treffen auf pingelige <ganz genau> Fahrer und dass es dabei nicht immer glimpflich ausgeht, liegt irgendwie in der Natur dieser Mischung. Als ich von der Autobahn wieder in Richtung Büro abbiege und den großen Unfall inklusive der Helfer hinter mir lasse, geht’s etwas hoch und deshalb mache ich nun viel kleinere Schritte als vorher. Aber ich laufe noch.
Mittlerweile kreist der Rettungshubschrauber über mir und sucht einen Landeplatz. Den habe ich in meiner Zeit im Krankenhaus ja des öfteren gesehen und irgendwie gibt der mir ein gutes und gleichzeitig beklemmendes Gefühl. Ich bin irgendwie froh, dass der Hubschrauber auf der anderen Seite der Autobahn landet und so laufe ich langsam hoch und zurück zum Büro. Das klappt ganz gut.
Und während ich im Büro noch etwas nachdampfe und mich dehne, kommen schon wieder zahlreiche Fragen auf, die selbstverständlich auf gar keinen Fall bis nach dem Duschen warten können. Natürlich.