Der Coach kann mich offensichtlich nicht besonders gut leiden. Das habe ich kürzlich bei der Krafttrainingseinheit schon gemerkt und es ist mir beim Blick in den Trainingsplan von heute auch gleich wieder bewusst geworden. Es könnte auch sein, dass er viel Potenzial in mir sieht… aber da bin ich nicht so sicher. Tatsächlich steht ein Nüchternlauf in meinem Trainingsplan. Nüchtern. An einem Samstag. Das ist bei uns jetzt zwar kein typischer Ausschlaftag, aber immerhin gibt’s ein gemütliches Brötchenfrühstück und ich schlafe normalerweise schon deutlich länger, als unter der Woche. Also normalerweise. Heute ja ganz offensichtlich nicht. Immerhin habe ich am Vormittag noch weitere Termine und Pläne. Deshalb muss ich ganz früh los.
Der Nüchternlauf startet bei mir also vor Sonnenaufgang und ich laufe durch die Dämmerung erst in den Sonnenaufgang hinein. Das verspricht auf jeden Fall wenig Betrieb auf der Laufstrecke, da bin ich mir sicher. Wahrscheinlich begegnen mir keine Hunde und nur minimal andere Läufer. Ich ziehe mich also heute früh an, schnappe mir meine Laufweste und trete auf die Straße. Es ist empfindlich kühl und ich bin mir kurz unsicher, ob ich noch was drüber ziehen sollte. Aber da ich mich bewege entscheide ich mich für das los traben. Handschuhe* habe ich keine an und das passt wirklich ganz gut.
Auf dem Feld liegt noch der Nebel und ich laufe die ersten Kilometer tatsächlich in ziemlicher Einsamkeit. Und ich laufe richtig schön locker. Wieder mal, wie es höchstwahrscheinlich schon oft passiert ist und auf jeden Fall weiterhin passieren wird, hat der Coach recht. Ich trabe ganz hervorragend und genieße den Lauf richtig. Der kalte Morgen ist wirklich schön hier draußen. Ich habe einen Podcast auf den Ohren und laufe langsam, aber stetig durch die Morgenkälte. Der Nüchternlauf ist einfacher als gedacht. Bei meiner Geschwindigkeit ist das natürlich auch keine Kunst. Obwohl man seine Energie ja nur für sich selbst einordnen kann.
Tatsächlich begegnen mir erst, als ich die Hälfte meines Laufes schon absolviert habe jemand. Ein anderer Läufer, der mich sogar freudig grüßt. Wahrscheinlich hat er auch nicht mit vielen Menschen kalkuliert, als er sich zum Laufen fertig gemacht hat? Ich trabe in gleichbleibender Geschwindigkeit ganz locker vor mich hin und bin hauptsächlich über mich selbst überrascht. Wie toll dieser Lauf ist, überrascht mich. Im Trainingsplan steht, ich kann eine Gehpause machen, oder auch mehrere, wenn sie nötig sind. Aber nötig sind sie nicht! Das ist doch der Knaller. Liegt wahrscheinlich an meiner Grundgeschwindigkeit, die heute wirklich alles andere als hoch ist.
Aber langsam zu traben ist auf keinen Fall verkehrt. Schon gar nicht bei einem Nüchternlauf. Das ist mal sicher. Ich habe schon extrem lange keinen Nüchternlauf mehr absolviert, da will ich also kein Risiko eingehen. Deshalb ist der ganz langsame Trab genau perfekt. Eine Pause mache ich dann aber doch, denn von den Hochlandrindern (?) hier auf der Weide will ich ein paar schöne Aufnahmen machen. Mit dem Sonnenaufgang und der morgendlichen Nebelstimmung sehen sie einfach ganz großartig fotogen aus. Ich muss die einfach fotografieren.
Dann trabe ich weiter und bin nach etwas über 8 km wieder zurück daheim. Da schließe ich dann direkt mein Dehnprogramm an und springe im Anschluss unter die Dusche, ehe ich mich an den samstaglichen Frühstückstisch setze. Schmeckt ganz schön lecker so ein Frühstück nach einem Nüchternlauf!
Bei einem Nüchternlauf im Trainingsplan muss das Frühstück am Samstag, zu dem es bei uns immer Brötchen gibt, warten.