Schon gleich heute früh scheint die Sonne ganz wunderbar und ich verstehe William Thacker, dass er schon vor dem Mittagessen laufen gehen möchte. Wenn im Januar schon mal die Sonne scheint, muß man das auch unbedingt ausnutzen. Er hat vollkommen recht. Ich habe allerdings, als er laufen gehen möchte, so Hunger, dass ich mich dagegen entscheide. Mit Hunger laufen ist schlecht und zusätzlich möchte ich heute auch probieren ohne Bandage laufen zu gehen.

Nicht, dass jemand gesagt hätte, das sei eine gute Idee.

Allerdings trainiere ich nun seit einem guten Jahr mit der Bandage und da ist es ja nur legitim mal auszuprobieren, ob ich ohne bereits eine Verbesserung merke. Im Walken und Spazierengehen bin ich auch ohne Bandage gut dabei, laufend habe ich es schlichtweg bisher nicht ausprobiert. Ich esse also zu Mittag und erfahre dabei allerlei wichtiges zum anstehenden Trainingsalltag des Walter Mitty, der in diesem Jahr große Wettkampfpläne hat.

Ein paar Stunden nach dem Mittagessen, mitten in einem Wust von Anfragen, die absolut keinen Sinn machen, weil die Verfasser sich einfach nicht richtig mit den Themen befasst haben, beschließe ich, meinem guten Vorsatz alle Ehre zu machen. Ich kümmere mich jetzt erst mal um das, was wirklich wichtig ist. So einfach ist das. Also gehe ich mich erst mal umziehen und eine Runde laufen. Ich bin schon sehr neugierig, ob das ohne Bandage gut klappt heute. Und ich überlege auch, ob ich dann öfter ohne Bandage unterwegs sein werde, oder ausschließlich.

Na, erst mal ausprobieren.

Ich ziehe mich um und beim Blick aus dem Fenster stelle ich auch gleich fest, dass die Sonne noch weiter scheint. Und es sieht auch nicht kalt aus. Klar kann das täuschen, aber für heute ist auch keine große Kälte voraus gesagt. Also hüpfe ich guten Mutes mit Weste los. Meine umfangreich gepackte Sporttasche mit den vielen Klamotten und den zwei paar Laufschuhen ist wirklich eine gute Idee gewesen. Ich greife heute zu den Trailschuhen, matschig sieht es nämlich draußen aus. Richtig matschig.

Die ersten paar Meter fühlt sich das Knie ganz wohl ohne Bandage und schon gehen die Gedanken auf die Reise. Wie bringe ich die Kollegen dazu zukünftig auch mal das zu lesen, was wir als Anweisungen rausgeben? Was ist denn so schwer daran, dass 2 +2 eben nun mal 4 ist? Ich habe wirklich viel zum nachdenken. Und während ich so meinen Weg suche, biege ich einfach mal zwischendrin ab. Diese Runde laufe ich sonst nie, weil sie mir wirklich mittlerweile zu kurz ist. Allerdings ist es für die Test ohne Bandage gerade gut.

Die Sonne scheint so, dass ich sogar einen langen Schatten auf dem  Asphalt erkennen kann. Wenn man genau hinsieht natürlich nur. Aber in meinem Beruf geht’s nun mal um Genauigkeit, also passt das doch ganz gut. Mittlerweile walke ich, denn meine Knie fühlt sich schwammig und unangenehm an. Ohne Bandage war also doch keine gute Idee. Oder es war eine gute Idee, aber eben einfach zu früh? Es wird kein großes Unglück sein.

Das Gefühl ist wie früher. Mein Knie teilt mir unmissverständlich mit, dass die Idee zu früh war und der nächste Lauf im Runner’s World Januar Streak, wenn er statt findet, wieder mit Bandage gelaufen wird. Ich walke zum Büro zurück, das tut nicht weh und kühle das Knie dann schon mal unter der Dusche. Am frühen Abend, während ich mich immer noch um Kontenabstimmungen und Emails kümmere, mache ich am Schreibtisch ein paar Knieübungen mit der Bandage. Gleichzeitig denke ich schon mal darüber nach, wo die Flasche Retterspitz verstaut ist, zu Hause. Die werde ich nämlich heute Abend für den Kniewickel brauchen.