Heute früh war mir nicht nach Training, bei uns war das Wetter schlecht und es war kalt. Heute Nachmittag wurde das Wetter dann immer besser und jetzt, nach Feierabend, ist die Sonne draußen und wir haben auch eine angenehme Temperatur. Ob das im Wald auch so ist, will ich heute nicht wissen, deshalb mache ich meine Laufrunde in der Sonne auf dem Feld. Nach der Arbeit bin ich geschafft und müde, deshalb kommt eine lange Laufrunde eh nicht infrage. Obwohl natürlich die wirkliche Frage ist, wie definiert sich aktuell „lang“ in Bezug auf eine Laufrunde bei mir. Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Es geht aber immer auch ohne Definition, das ist klar. Da ich heute Post bekommen habe, will ich auf jeden Fall eine Runde drehen. 

Ich habe nämlich einen True Motion Testschuh geschickt bekommen und wie das immer so ist, mit neuen Sachen: Den muss ich gleich mal ausprobieren. Das mache ich heute mit einem Wechsel aus Laufen und Gehen. Mehr ist nach Feierabend einfach nicht drin. Auf der Arbeit ist aktuell einfach die Hölle los, selbst wenn ich gar nicht so viele Überstunden mache, sind die Arbeitsstunden gefüllt mit so vielen Themen, dass es deutlich anstrengender ist, als sonst. Manchmal ist es nicht die Anzahl der Stunden. Bei mir ist das zumindest so. Eine Stunde Arbeiten kann total locker sein, wenn sie aus einfachen Eingaben ins System besteht, oder aus einem Meeting, in dem ich nur zur Information dabei sitze. Oder sie kann mich so schlauen, dass ich nicht mehr kann, weil ich gefühlt viermal die Welt retten muss und noch drei dringende Themen abarbeiten muss, weil ansonsten irgendwer nicht weiterkommt. 

Aktuell gibt es nur anstrengende Tage. Dazu kommt noch der Egoismus und die Dummheit vieler Mitmenschen. Die Rücksichtslosigkeit und die Unfähigkeit selbst die normalsten Dinge einfach mal zu machen können ganz schön belastend sein. Wenn man sie an sich ranlässt. 

Erfreulicherweise nehme ich solche Themen „im Alter“ eher gleichgültig hin. Sachen, über die ich mich im letzten Jahr noch richtig geärgert habe, lassen mich heute eher wundern und mit den Augen rollen. Ich habe akzeptiert, dass ich in dieser Welt praktisch keinen Fuß fassen kann und dass meine Werte sich offensichtlich nur noch selten mit denen meiner Nachbarn, Kollegen, Supermarktmitnutzer oder anderer Verkehrsteilnehmer decken. Das ist eine Erkenntnis, die mir dabei hilft, nicht durchzudrehen. Während ich hier bei meinem Feierabendlauf also das gute Wetter genieße und die Schuhe einem ersten kurzen Test unterziehe, kann ich mich erneut hauptsächlich wundern. Wieder liegt hier überall Müll rum, den die Menschen achtlos fallen gelassen haben. Die Hunde sind weiterhin unerzogen, die Hundeführer sind rücksichtslos und die Autofahrer gereizt. 

Ob ich einen schweren Tag hatte, oder nicht, interessiert hier draußen natürlich keinen. Ich habe also die Wahl, jeden anzumotzen und daran teilhaben zu lassen, oder das Beste daraus zu machen. Wenn ich jeden daran teilhaben lasse, bin ich, wie jeder. Und das ist ja gerade das, was die Rücksichtslosigkeit ausmacht. Also mache ich es einfach anders und lächle bei jedem Schritt.  Ich lächle auch die Leute an, die mir grimmig begegnen und gerade ihren Müll einfach fallen lassen. Und ich bitte sie freundlich, ihren Müll doch einfach kurz aufzuheben und zum Mülleimer zu tragen. Und ohne die Antwort abzuwarten, trabe ich einfach weiter. Ich bin hier ja nicht die Müllpolizei, ich weise nur darauf hin. Und vielleicht hat das ja schon eine Wirkung? Auf meinem Rückweg liegt genau dieser Müll auf jeden Fall nicht mehr da. 

Der Testschuh fühlt sich gut an. Wie irgendwie jeder Laufschuh, den ich habe. Ich bin entweder nicht sonderlich anspruchsvoll, oder, ganz zufällig, der perfekte True Motion Laufschuhträger. Die lustig geformte Sohle sieht aus, wie ein Hufeisen. Ich schaffe da bei der heutigen Runde ordentlich Dreck rein und muss da viel abklopfen, als ich wieder daheim bin. Die knappe halbe Stunde an der frischen Luft hat mir gutgetan. Die Arbeitswelt habe ich damit natürlich nicht gerettet, aber darauf kam es auch nicht an. Ich sollte viel mehr den Fokus darauf legen, meine eigene Welt zu retten.