Der Zeugwart beschließt heute mittag beim Blick in unseren Trainingsplan, dass wir uns heute mal um die Belustigung der Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs im Rhein-Main-Gebiet kümmern werden. Ich bin skeptisch, aber der Zeugwart ist sich sicher, dass es am Bahnhof genau die richtige Länge Trainingstreppe gibt, die wir für unsere Trainingsplanbelange brauchen, als stimme ich der Belustigung der Fahrgäste zu.
Vorher gehe ich noch zum Arzt. Der hat mich einbestellt, weil es in meinem Alter jetzt an der Zeit ist mal einen Check zu machen und diesen auch noch zu besprechen. Es ist unfassbar, dass ich tatsächlich in so einem Alter bin. Nun gut. Da kann man wohl nichts machen. Beim Abhören fragt der Arzt ob ich eigentlich mal darüber nach gedacht habe Sport zu machen. Oh je. Ich muß denkbar unfit aussehen! Ich erwähne, dass ich Triathlon mache und Anfang des Monats eine Mitteldistanz ins Ziel gelaufen bin und der Arzt sagt puppenlustig „das hätte ich Ihnen nicht zugetraut“. Eine wirkliche ehrliche Haut, der Arzt. Ich mag ihn irgendwie, sage „willkommen im Fettnäpfchen“ und gratuliere ihm zu seinem gestrigen Fitnessstudiobesuch. Über meine restlichen Werte müssen wir nicht mehr sprechen. Er ist zufrieden und erwähnt wie nebenbei, dass ich einen kerngesunden und sehr fitten Eindruck mache. Aha. Na, dann kann dem Treppentraining zu allgemeinen Bevölkerungsbelustigung ja nichts mehr im Weg stehen.

Wir warten heute nur wirklich kurz auf die TomTom Uhr und schon hat sie das GPS Signal gefunden. Vielleicht mußte sie sich auch erst ein paar Wochen einleben? Wer weiß. Heute klappt’s auf jeden Fall flott und wir laufen los. 10Minuten einlaufen verkürzen wir spontan auf 9Minuten oder so, damit wir nicht noch an der Treppe vorbeilaufen müssen. Am Ziel vorbei geht ja psychologisch gar nicht und immerhin hatte ich heute schon die Arztbelastung. Psychologisch gesehen.Heute steht „jede zweite Stufe“ auf unserem Trainingsplan. Leider ist die Treppe tatsächlich doch nicht hoch genug. Wir sind bereits nach 8Sekunden oben. Also vereinbaren wir, dass wir statt den vorgegebenen 5 mal ganze 8 mal hochlaufen werden, pro Intervall natürlich. Klar. Verrückt. Wir hüpfen also jede zweite Stufe nehmend 8 mal die Treppe hoch. Ich kriege meine Beine kaum in den Griff. Es ist ziemlich anstrengend. Der Zeugwart spurtet an mir vorbei wie auf Federn und stoppt die Zeiten.

Sinnvollerweise richtet er es so ein, dass die S-Bahn während unserer Pause ankommt, so dass wir den Menschen, die in ihren wohlverdienten Feierabend strömen, nicht einfach von uns plattgewalzt werden. Ich stelle mir kurzfristig vor, wie schön es wäre, wenn der Zeugwart und ich einfach während alle runter wollen, hoch spurten würden und dass das dann garantiert eine prima Fahrgastbelustigung wäre. Aber es passiert nicht. Die Treppe ist leer, als der Zeugwart den nächsten Spurt hoch ankündigt.

Die 10Minuten Laufpause vor dem nächsten Intervall machen wir ins Industriegebiet. Wir sind überrascht, wie viele Menschen uns hier begegnen und als wir zurück zur Treppe kommen renne wir gleich sofort wieder hoch. Das wird mir fast zum Verhängnis. Meine Oberschenkel können das nicht. Ich bleibe fast hängen… nach der nächsten Pause klappt’s dann wieder ganz gut.

Irgendwie motiviert mich mein Arztbesuch heute und so brenne ich nochmals 6 Treppensprints auf die Stufen. Die letzten zwei passe ich leicht an und nehme jede Stufe. Ich kriege die Beine einfach nicht mehr hoch.

Wir laufen zum Auto zurück und das Losfahren wird schwierig, weil mein Bein es kaum schafft die Kupplung des kleinen Autos zu treten. Was denkt sich der Trainer nur bei diesen Einheiten? Vielleicht sollte er mal mit meinem Arzt Kontakt aufnehmen?