Im Urlaub habe ich selten Termine, es sei denn, es handelt sich um ein Trainingslager. Dieser Urlaub ist etwas anders, denn ich möchte natürlich ordentlich Angebot nutzen und da hält man sich eben besser an die angegebene Uhrzeit. Um 18h ist heute ein Lauftreff und der Zeugwart und ich haben unser Laufzeug dabei und möchten gerne mitlaufen. Treffpunkt ist an der Bar und nach einer kurzen Wartezeit, weil wir eben im Süden Europas sind und da 18h nicht gleich 18h ist, gibt es ein umfassendes Briefing. Zusätzlich gibt es eine kurze Vorstellung. Laufen tun 10 Franzosen und wir. Es gibt sowieso kaum andere deutsche Gäste in dieser Woche und Läufer scheinen schon mal gar keine drunter zu sein.

Angedacht ist eine halbe Stunde zu laufen für 5-6 Kilometer, so der Vorläufer. Na, da bin ich ja mal gespannt. Ein Blick in die Runde sagt mir sofort, dass hier die absoluten Cracks dabei sind, schon das Outfit spricht für sich. Außer den Cracks und uns sind auch noch ein paar nicht einzuschätzende Läufer am Start. Das könnten Underdogs sein, oder blutige Anfänger. Beides ist gleichermaßen möglich und wird sich schnell zeigen, nehme ich an.

Ich habe ein gutes Gefühl, als es losgeht. Das Tempo liegt bei 6:30 – 6:45min/km und das kann ich gut laufen, zumindest daheim. Dass wir mit dem Tempo nicht bei einer halben Stunde für 6km landen, ist mir allerdings auch gleich klar.  Der Zeugwart und ich laufen fröhlich plappernd im Tross der Franzosen mit und erfreuen uns regelmäßiger Atmung und bester Laune. Die vorher eventuell anwesenden Underdogs stellen sich schon nach ein paar Minuten als blutige Anfänger heraus, die sich mit dieser Joggingrunde viel zu viel zugemutet haben. Einige Läufer bleiben bereits jetzt weit zurück. Wir laufen ein Stück am Strand entlang, das ist für mein Knie und damit für mein komplettes rechtes Bein kräftezehrend, trotzdem lassen wir die Geschwindigkeit nicht schleifen. Das wäre ja gelacht, wenn ich jetzt schleifen lasse und eine Lücke reisse. Das geht auf gar keinen Fall! Der Weg geht weiter auf einen recht ausgewachsenen Trail am Meer entlang, ausgewaschen von starken Regenschauern und über Geröll und Schotter geht’s durch Olivenhaine. Die Geschwindigkeit halten wir weiterhin, die Gruppe zieht sich mittlerweile allerdings merklich auseinander. Der Zeugwart und ich laufen weiterhin vorne mit.

Interessant, dass die vermeintlichen Underdogs, die mittlerweile weit abgeschlagen und vollkommen fertig sind, von mir vorher nicht eindeutig als Anfänger identifiziert werden konnten. Das liegt einfach daran, dass ich rein nach dem Äußeren urteilte. Wie schrecklich. Hoffentlich bin ich normalerweise anders. Immerhin kommt es doch auf die inneren Werte an. Oder etwa nicht? Aber bei Sportlichkeit geht es besser nach dem Äußeren, weil mir ja praktisch jeder was vom Pferd erzählen kann, wenn er möchte. Und wenn derjenige seine Märchen dann noch entsprechend gut rüberbringt, ist eh Hopfen und Malz verloren. Meine Identifizierung habe ich also alleine am athletischen Körperbau einer Mitläuferin aus Genf festgemacht. Drahtig, 1,75m groß, geflochtener Zopf, Trägertop und Nike Laufschuhe… das alles hat gereicht um bei mir als läuferischer Underdog durchzugehen, so dass ich Großes erwartet habe. Und jäh enttäuscht wurde. Ich hänge die Dame schon nach ein paar hundert Metern ab.

Der Trail schlängelt sich durch einen Olivenhain, dann geht’s in mehreren Schleifen den Berg, der hinter dem Resort steil ansteigt, teilweise hoch und gleich wieder runter, so dass wir neben den fast gerade verlaufenden Trails auch genügend An- und Abstiege auf der Uhr haben werden. Der Vorläufer hält die Gruppe so zusammen, dass er die schnellen vorausschickt und bis zu einem Wegpunkt laufen läßt. Wenn der erste den Wegpunkt erreicht hat, dreht er um und alle anderen mit ihm. So müssen die Langsamsten die extra Schleife gar nicht laufen und die schnellsten, stärksten Läufer werden am Ende die meisten Kilometer auf der Uhr haben. Keine schlechte Methode.

Ich komme mit dem Trail erstaunlich gut zurecht. Und mit der Geschwindigkeit ebenfalls. Berg an renne ich etwas langsamer, dafür geht es Berg ab und auf der Gerade mittlerweile deutlich unter 6:30min/km. Wenn ich erst mal warmgelaufen bin, dann läuft’s eben. Erstaunlich, dass das tatsächlich nicht nur eine Laufzeitungsweisheit ist, sondern die pure Wahrheit.

Da die ganz starken Läufer unserer Gruppe noch einen heftigen Anstieg zum Schluß einbaut und der Zeugwart und ich uns dagegen entscheiden und lieber einen leichten Schlußsprint einlegen, sind wir als Erstes zurück an der Bar und damit im Ziel. Mit 5,5km und 36Minuten haben wir es -wie erwartet- natürlich nicht unter 30Minuten geschafft. Trotzdem war das ein super Trainingslauf.

Claudi gives it a TRI - Lauftraining