Nachdem ich mich gestern bereits gefragt hatte, warum der Trainer mir zwei Einheiten für den Tag aufgeschrieben hat, bin ich heute sogar noch um eine Stufe mehr verwirrt. Gleich heute laufe ich laut seinem Plan erneut. Diesmal sollen es 45 Minuten werden und ich soll ein Athletiktraining dran hängen. Irgendwie denkt der Trainer vielleicht auch, dass ich zuviel Zeit habe? Alles für den Sport! Dank der Ironman Frankfurt Rennwoche habe ich sowieso gefühlt permanent was um die Ohren, da kann so ein 45 Minuten Lauf ja schließlich locker eingebaut werden. Der Trainer kennt halt nur eine Priorität.

Erfreulicherweise fällt mir das Aufstehen, trotz später Heimkunft nach der gestrigen Pizzasause recht leicht und nach meinem Frühstück bin ich auch flott in den Startlöchern, damit ich die 45 Minuten plus Duschen noch vor der Arbeit erledigen kann. Heute Abend habe ich keine Zeit und in der Mittagspause kriege ich die 45 Minuten plus Duschen auch nicht wirklich unter. Ich will ja auch noch was essen. Mit verhungern ist keinem geholfen.

Es ist erstaunlich nass auf der Strasse, als ich nach draußen gehe. Nach Regen sieht es jetzt aber nicht aus, ich nehme an, dass war irgendwann heute Nacht und ist an mir vorbeigehuscht. Der Himmel ist leicht Wolken verhangen und die Temperatur ganz angenehm. Vielleicht habe ich ja Glück und es bleibt wirklich trocken und eventuell schafft es auch die Sonne mal durch die Wolkendecke durch? Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Schon gleich als ich loslaufe, merke ich, dass es heute schwer wird. Ich schleppe mich nicht wirklich, aber locker flockig fühlt es sich auch nicht an. Wie nett, dass der Trainer ein bischen Gesellschaft organisiert hat, die mich ein Stück des morgendlichen Weges begleitet. Offenbar ist heute Schneckenparty angesagt, denn zahlreiche Schnecken spazieren fröhlich quatschend zu wirklich fast noch nachtschlafender Zeit in Richtung Grasnarbe.

Wir tauschen den üblichen morgendlichen Bla bla aus und ich frage, was denn heute so auf der Schneckenparty an Leckereien gereicht werden und wann es denn los geht. Erst heute am frühen Abend steigt die Fete, erfahre ich, und hoffe inständig, dass ich es bis dahin locker aus dem Feld wieder heim geschafft habe. Obwohl ich mich geschwindigkeitstechnisch doch irgendwie in guter Gesellschaft befinde. Noch lange kann ich das muntere Geplapper der Schnecken durch die vernebelte Morgenluft hören, während ich mich weiter auf meine Morgenrunde begebe.

Aha, im Ort ist ein Haus zu verkaufen, oh… hier wurde ein Baum abgesägt, die Familie hat einen neuen Hund und der kleine Junge ist tatsächlich ein gutes Stück gewachsen, seid ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Heute geht es bei mir nur mit großer Ablenkung. Ich hadere mit mir bei jedem Schritt, ob eine Gehpause nicht vielleicht die ultimative Entlastung bringen könnte. Aber ich bin sicher, dass sie das nicht tut. Obwohl sie sich vielleicht kurzfristig gut anfühlen könnte… auf lange Sicht und für die Motivation taugt sie nichts. Die Erfahrung habe ich schon gemacht und mich dann geärgert. Dann lieber in schneckenhafter Marnier weiterlaufen und nach Ablenkung suchen.

Heute ist die ein Orientierungstest. Ich biege einfach mal nach rechts ab und schaue, wo ich so hinkomme. Falls ich mich verlaufe, kann mich meine Uhr ja immer wieder zurück zum Ausgangspunkt lotsen oder ich drehe einfach um und laufe doch den gleichen Weg zurück. Heute will ich aber mal schauen, wo es hier lang geht und ob ich da auch in Richtung Heimat komme. Auch hier begegnen mir zahlreiche Schnecken, denen ich erfreut berichten kann, dass die vom Wald bereits auf dem Weg sind und sich schon extrem auf das Wiedersehen freuen. Schnecken sind wirklich sehr muntere Tierchen. Mein Heimweg schlängelt sich etwas, weil ich hier noch nicht wirklich vorher mal gewesen bin und hauptsächlich nach der Nase laufe. Das ist bei meiner Orientierung nicht immer hilfreich, heute klappt es aber. Tatsächlich bin ich 6km unterwegs gewesen und das immerhin noch mit einem 6:30er Schnitt. Angefühlt hat es sich so allerdings in keinster Weise.

Morgen mache ich eine Trainingspause, denn am Freitag steht eine Leistungsdiagnostik auf dem Tagesplan. Beim Ironman Night Run werde ich deshalb in diesem Jahr als Zuschauer zu Gange sein.