Ich wache aufgeregt vor dem Wecker auf und als der dann endlich klingelt weiß ich… heute ist es mal wieder soweit. Ich laufe Halbmarathon. Ich hab ganz ordentlich trainiert und vermute, dass ich ordentlich durchkomme. Wir werden sehen.
Nachdem die Frühstücksbürokratie gestern noch erfolgreich geklärt wurde, fahren wir ins Restaurant und der Zeugwart genießt das Buffett in vollen Zügen. Ich esse nur ein Brötchen mit Nussspli und trinke was. Neben uns sitzt der Turm und teilt mit, dass das Wetter hervorragend sei, er war nämlich schon laufen, weil er das immer vor einem Laufwettbewerb so macht. Heute also auch. Dabei läuft er heute sicherlich mehr als gemütlich, weil ich in einer ganz anderen Liga laufe, als er.
Zurück auf dem Zimmer ziehe ich mich um, sorge dafür, dass alle Scheuerstellen keine werden können und dann gehen wir runter in die Lobby. Immerhin ist da ja um 7:30h Gruppentreffpunkt für das Vorstartfoto mit O-Motion. In der Lobby wartet schon Jochen mit Ralf. Jochen ist der Running Chefredakteur und sieht wahnsinnig fit aus. Ralf ist der Fotograf, der heute die Claudi-Köln-Foto-Lovestory schießen wird. Und er gibt sofort alles.
Schon während ich mich vorstelle und wir kurz besprechen wie schnell wir so laufen und wie wir zum Start kommen, macht Ralf gefühlte 100 Bilder.
Nachdem durch einen kurzen Anruf schnell klar ist, dass das Vorstartgruppenbild nicht statt findet ,gehen wir in Richtung Taxi und nehmen Platz. Der Taxifahrer fährt uns bis praktisch genau zum Start. Während der Zeugwart die Teamchefin und den Profiathleten sowie das Sportkind koordiniert, macht Ralf von uns Fotos vor dem Startbanner und in der Startaufstellung. Dann schnappt er sich den Zeugwart und beide begeben sich auf die Deutzer Brücke. Die laufen wir nämlich später gleich zu Beginn erst mal hoch… wer hat denn bitte die Idee? Wenigstens ist Km1 dann gleich am Ende der Brücke, das ist ja schon mal was.
Wir stehen eine gefühlte Ewigkeit in der grünen Startbox. Es dauert über 40Minuten, bis wir nach dem ursprünglichen Starttermin 8:30h endlich durch das Startbanner laufen und loslegen.
Auf der Brücke steht der Zeugwart, ihn erkenne ich dank des Teamoutfits schon von weitem, und bei ihm ein komplettes Stimmungsnest. Ralf macht Bilder, die Teamchefin hat den Schellenkranz und der Profiathlet schreit. Herrlich. Die haben gute Laune. Wir halten kurz an und machen ein Foto mit dem Dom im Hintergrund.
Dann laufen wir weiter. Ich laufe zu schnell. Ich hatte 7min/km geplant und wollte später Gas geben. Jetzt läuft es anders und ich laufe in der Region 6:25min/km. Aber weil ich das gut wegpacke mache ich das mal. Wird schon passen.
Tut es nicht.
Es paßt gar nicht.
Ich bekomme Bauchkrämpfe und halte gerade noch bis zum nächsten Fotostopp bei km 12 durch. Da steht die Fangruppe nämlich schon wieder und schreit rum, als würde ein Superstar angerannt kommen. Mir geht’s gar nicht gut. Aber als „Medienprofi“nutze ich natürlich alle Reserven und lächel fürs Bild. Die Running Leser werden allerdings trotzdem sehen, wie anstrengend der Lauf für mich gerade ist. Das kann ich nicht verstecken glaube ich. Der Turm läuft ganz locker neben mir her.
Bei km14 machen meine Bauchkrämpfe und ich einen Dixistopp. Das ist noch nie passiert. Ich verliere einen lachenden Smiley, der mich aber aus den Tiefen des Dixiklos anlächelt und es mir anscheinend nicht übel nimmt, dass ich ihn zurücklasse. Jetzt sind es nur noch drei, was soll’s. Ich fühle mich wie durch den Wolf gedreht und kann aber weiterlaufen. Allerdings nicht so flott wie vorhin. Gut ist was anderes.
Eine Band am Rand hat ein Einsehen mit mir und spielt einen richtigen Ballermann Song, irgendwas mit Unterhose, ein ganzes Leben lang und echten Männern. Genau mein Ding… sowas kann ich ja beim laufen rauf und runter hören und so bin ich froh, dass wir hier einen U-Turn laufen und der Herr mir mit seinem Gesant und ewig Refrain möglichst lange erhalten bleibt.
Als ich auch noch zwei Wadenkrämpfe bekomme, ist irgendwie alles zu spät. Es ging mir auch wirklich schon mal besser. Am Kölner Dom schicke ich ein Stoßgebet gen Himmel, dann klappt’s auch mit dem Wadenkrampf.
Als wir an Km 20, am Beginn der Deutzer Brücke sind, schaffe ich den Anstieg mit einer kurzen Gehpause, aus der mich eine Zuschauerin herausbrüllt. „Claudia, das schaffst Du locker!“ schreit sie mir zu und was soll ich sagen…sie hat recht, laufend geht’s auch. Der Zeugwart steht in der Mitte der Brücke, die Teamchefin und der Profiathlet stehen da auch, allerdings auf der anderen Seite, um die Marathonläufer anzusehen. Ich laufe.
Die Marathonläufer kommen mir entgegen… die sind auch zu spät gestartet.
Dann laufen wir die Brücke wieder runter und mir ist nach Ende. Ich kann nicht mehr. Ist aber für diesen Km auf der Strecke auch genau passend. Wir laufen die letzten Meter, Jochen schlägt vor sich an den Händen zu halten wenn wir ins Ziel laufen und da ist auch schon Ralf. Der schwätzt. Jochen ruft ihm zu, dass wir ja nun da wären und wie ein Cowboy zückt Ralf eine der Kameras und schon gibt es gefühlte 20Fotos von meinem Zieleinlauf.
Ich muß langsam weiterlaufen, wie immer, sonst kippe ich um.
Der Weg zu den Medaillen und zum Essen ist irrsinnig lang. Alles ist abgesperrt und durch die Absperrung kann ich den Zeugwart noch nicht mal sehen. Als wir am Essen sind schlage ich zu und trinke erst mal Cola. Das ist bei aufgewühltem Magen nicht schlecht, das durfte ich ja erst vor kurzem ausgiebig ausprobieren. Wir marschieren einmal durch das Essenaufgebot durch und dann geht’s aus dem Athletenpark raus in Richtung Zeugwart.
Als die Teamchefin und der Zeugwart mich sehen, werfen sie sich auf den Boden auf die Knie und natürlich hat Ralf das sofort auf dem Bild. Die Beiden feiern mich, als wäre ich erste gewesen und nicht Mocki. Ich bin nun doch froh, dass ich gestartet bin… meine Medaille finde ich total toll und der Ärger über das Shirt ist auch fast verraucht.
Zurück im Hotel ist die Schließanlage ausgefallen. Wir stehen also vor der verschlossenen Tür. Ist ja kein Problem, ich gehe gern noch mal runter und eine Mitarbeiterin geleitet mich wieder nach oben um die Tür zu öffnen. Ich bin unsicher, ob die Schließanlage kaputt ist, oder der Schlüssel einfach nicht bis 14h freigeschaltet wurde. Ist mir aber jetzt auch egal.
Ich ziehe die durchgeschwitzten Laufklamotten aus, betrachte die lädierten Füße und zähle die blauen Zehen. Kann man jetzt eh nicht mehr ändern. Die heiße Dusche ist wunderbar und dann fährt uns der Zeugwart netterweise wieder zurück nach Hause.
Im Auto esse ich erst mal ein trockenes Brötchen. Eigentlich hätte es ja bei Joey was zu essen gegeben, der ist aber gerade erst mit Markus Lanz am Kölner Dom angekommen und von daher konnte er für uns nichts zu essen vorbereiten. Pech gehabt.
In der nächsten Runningausgabe gibt’s dann wohl einen kleinen Bericht zum Kölnhalbmarathon, ich bin gespannt.
Und jetzt bin ich totmüde.
Über eine geeignete Wettkampfverpflegung mache ich mir dann auch noch mal Gedanken. Da gibt’s wohl erhebliches Verbesserungspotential.