Heute ist der Tag der Tage. Nicht, dass nicht jeder Tag etwas Besonderes ist, aber für heute haben wir uns für den Virtual Runners New York Liberty Run angemeldet. Wir wollten hier in Frankfurt mit Blick auf die Skyline am Mainufer laufen. Mehr oder weniger zusammen, weil es unterschiedliche Entfernungen gibt, die man bei der Anmeldung auswählen konnte. Der Zeugwart und ich haben uns für 10km entschieden. Deshalb absolviere ich bei Garmin Coach Amy ja auch seit ein paar Monaten den entsprechenden Plan. Der ist heute zwar noch nicht rum, weil Coach Amy noch vier weitere Trainingswochen vorsieht, aber natürlich laufe ich trotzdem. Allerdings nicht zusammen. Also außer mit dem Zeugwart natürlich.

Alleine und doch zusammen durch die Pandemie

Alle Anderen laufen woanders. Ab morgen ist das sogar offiziell vorgeschrieben, um die Virusverbreitung einzudämmen. Und was ab morgen sinnvoll ist, das ist auch heute schon gut. Keine Frage. Erfreulicherweise habe ich auch ausschließlich Freunde, die das genau so sehen. Wir laufen also alle getrennt voneinander und in Frankfurt unten am Main läuft keiner von uns. Skyline hin oder her, dort ist einfach zu viel Betrieb. Abstände sind schwierig einzuhalten und das passt einfach nicht. Diese Pandemie verlangt einfach besondere Aktionen. Also läuft jeder für sich und wir alle doch irgendwie zusammen. In Zeiten von Live Tracks und WhatsApp Nachrichten hat man sich ja irgendwie immer in der Nähe.

Meine festgelegte Startzeit ist heute um 11h. Das passt gut mit dem Frühstück und es lässt mir etwas Zeit am Vormittag das Rennoutfit auszusuchen und anzulegen.  Im Grunde könnte ich einfach in normalen Laufklamotten unterwegs sein. Natürlich. Einen Lauf macht man ja auch in Laufklamotten. Keine Frage. Allerdings finde ich, dass ich auch gut mal wieder im Triathloneinteiler laufen könnte. Das habe ich schon mal in Köln gemacht und fand das ganz gut. Da rutscht nichts und mit Kniestrümpfen wird mir auch an den Beinen nicht kühl. Wobei es heute nicht besonders kalt ist. Das ginge am 1. November auch noch kühler. Dafür ist es ordentlich nass und regnet regelmäßig. Ich ziehe deshalb auf jeden Fall eine Regen- bzw. Windjacke über den Einteiler.

Aufregung? Passt.

Wie bei einem richtigen Lauf muß ich vor dem Start auch ein paar Mal auf die Toilette. Dann aber geht alles ganz flott. Ich starte den Live Track, der an ein paar Freunde geschickt wird, und dann trabe ich los. Für den Lauf habe ich mir Mühe gegeben ausgeruht am Start zu stehen. Gestern die kleine Wanderung, der letzte Lauf war locker und ich merke den auch nicht mehr in den Beinen. Meine Laufschuhe habe ich auch mit Bedacht ausgewählt. Also es sollte alles passen. Ich starte heute wirklich überpünktlich. Coach Amy hat einen 8km Lauf im Trainingsplan, den verlängere ich dann später einfach mit dem Bestätigen auf der Uhr. Die 8km sind dann quasi einfach ein bisschen weiter. Das wird schon für den Garmin Coach in Ordnung sein.

Im Grunde ist das Coach Amy ja sowieso egal, weil sie ein Computer ist und die Trainingseinheiten einfach nur vorschießt. Zwar wird das ganze ein bisschen angepasst, aber nicht so individuell, wie mit einem richtigen Trainer aus Fleisch und Blut. Der dann aber natürlich auch deutlich mehr aufruft als „kostet nichts“. Der Zeugwart läuft neben mir her und wir laufen und laufen. Die Strecke haben wir vorher festgelegt. Also eigentlich hat der Zeugwart sie festgelegt und ich habe sie dann mal bei komoot nachgebaut um zu checken, dass die Entfernung auch passt. Nichts ist ärgerlicher, als wenn dann noch 400m fehlen oder so.

Perfekte Distanz

Die Strecke die der Zeugwart auserkoren hat, passt perfekt. So einfach ist das. Ich komme super rein in den Lauf. Wir laufen große Teile unserer Hausstrecke auf Asphalt und da kenne ich natürlich alles. Außerdem weiß ich auch ohne Uhr, wie weit wir sind und ich kann gut visualisieren, wie wir hier später auf dem Weg zurück quasi in Richtung Ziel rennen werden. Da unsere Hausstrecke keine 10km lang ist, müssen wir eine Schleife laufen und biegen in den Wald ab. Was anfangs nach einer guten Idee klingt, ist dann eine Schlammschlacht mit vielen glitschigen Passagen. Zusätzlich ist es im Wald richtig feucht und ich muß mein Spray nachschießen. Es bringt einfach nichts total kurzatmig hier zu röcheln, wie auf einer Besteigung des Mount Everest.

Nachdem der Sprühstoß wirkt, geht’s auch wieder mit dem Atmen und ich kann wieder mehr Kraft in die Beine stecken. Meine Beine sind mittlerweile wirklich ganz gut trainiert und mit den Schuhen habe ich damals im Frankfurter Laufladen offensichtlich auch einen guten Griff gemacht. Bislang hat es während diesem Lauf noch keinen einzigen Tropfen geregnet. Was eine göttliche Fügung! Wir laufen einfach immer weiter. Der Zeugwart sagt an, dass wir jetzt nur noch 3,5km haben, wenn wir am Straßenschild vorbei kommen. Das kann ich kaum glauben. Es läuft sich wirklich gut. Nicht mehr so leichtfüßig, wie am Anfang, aber es läuft.

Wir haben jetzt nur noch knapp 1,2km bis heim und den Radfahrer da vorne, den erkenne ich sofort. William Thacker führt sein Fahrrad aus, um uns anzufeuern. Der Zeugwart braucht nicht so wirklich Anfeuerung und auch ich habe keine Zweifel, dass ich den Kilometer bis heim noch schaffe. Aber es ist trotzdem total cool, dass William Thacker da ist und uns einfach mal kräftig beklatscht. Er begleitet uns bis nach Hause, was echt total cool ist. Ein Führungsfahrrad ist eben einfach bei jedem Lauf etwas Besonderes. Er hat auch das Bild oben von mir geschossen, was mich auf der Zielgeraden zeigt.

Ich hatte, trotz morgendlicher Aufregung, zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel, dass ich die 10km heute ins Ziel bringen kann. Es hat sich einfach total richtig angefühlt. Ich habe mir weder über Geschwindigkeit, noch über was passiert wann, Gedanken gemacht. Ich bin einfach los getrabt, so, wie ich es in zahlreichen Trainingsläufen mit Coach Amy in den letzten Monaten auch gemacht habe. Es gab gute Tage und schlechte Tage in diesen Trainingsmonaten, aber das ist ja immer so. Ich habe mich durch den Garmin Trainingsplan gut gesteuert gefühlt. Und der geht ja noch weitere vier Wochen.

Obwohl Coach Amy die 10km von heute registriert und mir deshalb den langen Lauf nächste Woche gleich mit 9,6km in den Plan geschrieben hat. Na, das wird schon passen. Ich laufe den Trainingsplan jetzt erst mal zu Ende bis Anfang Dezember. Dann will ich Ende Dezember noch mal 10km laufen, beim Silvesterlauf, der natürlich auch nur virtuell statt finden wird. Also zumindest für mich. Ich stelle mich auf gar keinen Fall in eine Startaufstellung in diesem Jahr. Abseits davon und allen wilden Plänen, wie es nun weitergehen kann, liege ich nun erst mal sehr zufrieden auf der Couch.