Auf meinem Trainingsplan steht für heute Schwimmen, aber ich kann mich dazu einfach nicht aufraffen. Vieles, was mit Sport zu tun hat, ist für mich hauptsächlich ein Zeitvertreib und zwar Freizeitvertreib. Und meine Freizeit vertreibe ich mir eben am allerliebsten mit netten Leuten. Freizeit habe ich sowieso viel zu selten und wenn, dann will ich sie genießen und gerne verbringen. Und auf das Schwimmen heute, habe ich eben keine Lust. Der Adler ist sowieso nicht da. Mein Triathlonleben hat einfach auch etwas mit auf einer Wellenlänge liegen zu tun und beim Schwimmen ist das eben gerade nicht so der Fall. Obwohl die besagte Wellenlänge da ja gut passen müsste.

Alternative

Ich gehe also nicht schwimmen, aber ich bin auch nicht unsportlich, sondern ziehe mir gleich noch vor Sonnenaufgang die Laufklamotten an und begebe mich hinaus. Ich hatte nach dem letzten morgendlichen Lauf so einen tollen Tag, dass schreit quasi nach Wiederholung. Egal was kam, nichts konnte mich so wirklich erschüttern, weil ich eben schon diesen grandiosen Lauf hatte und das den ganzen Tag positiv beeinflusst hat. Ich betrete die vernebelte Straße und marschiere geradewegs in Richtung Feld. Hier hängen die Nebelschwaden ebenfalls tief zwischen den spärlichen Bäumen und hüllen den nahen Waldrand in difuses Licht. Die Sonne kommt ganz langsam hinter den Baumwipfeln hervor und später wird es sicher ein klarer, nebelfreier Tag. Davon ist bisher aber nocht nichts zu sehen.

Auf dem ersten Kilometer, achte ich ganz konzentriert auf die richtige Lauftechnik. Auch beim walken kann man nämlich mit dem Mittelfuß aufsetzen und den Fuß unter dem Körper platzieren, statt sich mit dem Aufsetzen der Ferse abzubremsen. Und wenn man schon nicht laufen kann, dann kann man wenigstens das Walken richtig umsetzen. Wäre ja auch schade, wenn das Training mit Robert so im Nirvana zerplatzt. Also, Fuß richtig aufsetzen und vor allem auch richtig platzieren. Das klappt ganz gut.

Mit Stöcken im Anschlag

Von rechts, aus dem Wohngebiet nähern sich nun zwei Walkerinnen mit Stöcken, ich habe ungefähr gleich weit bis zur Wegkreuzung und nehme mir vor, dass sie auf gar keinen Fall überholen dürfen. Wenn ich auch keinen wirklich Sport mache, beim umherwalken, aber von Walkerinnen mit Stöcken werde ich mich auf gar keinen Fall überholen lassen! Niemals. Und schon gar nicht heute früh, wo ich ja bereits beschlossen habe, dass der Tag wunderbar wird, weil er sich genau an dem von letzter Woche orientiert. Ich walke also, ohne Stöcke, und habe den gleichmäßigen Klick Klack Klang von den Stöcken im Ohr. Sie jagen mich. Die beiden Frauen laufen einen anderen Rhythmus als ich, aber es hört sich nicht so an, als würden sie näher kommen. Vielmehr klingt es so, als würde ich etwas Abstand zwischen uns packen. Ich kann mich aber ja nun auch nicht umschauen, wie so ein gehetztes Reh. Wenn man sich im Rennen umsieht, dann zeigt das Unsicherheit und Schwäche.

Schon im Buch „Siegen ist Kopfsache“ ist davon die Rede, dass nur die Unsicheren zurückblicken. Die Sieger, blicken nach vorne. Der, der sich umblickt, hat Angst und zweifelt daran, dass er weiterhin vorne bleiben wird. Ich bin mir sicher, die beiden Damen überholen mich nicht. Ich bringe weiter Abstand zwischen das Geklapper der Stöcke und mich und bin total zuversichtlich und extrem zufrieden mit meiner Kopfeinstellung. Mein eingewalkter Laufstil hat sich offenbar auch bewährt. Was für das Laufen gut ist, kann eben zum Walken nicht schlecht sein. Wie von mir schon heute vor dem Lauf geplant, startet der Tag also mehrfach großartig. Die Morgenluft ist wunderbar, die Eindrücke der Natur gefallen mir außerordentlich gut, die Umsetzung des tollen Lauftrainings klappt prima und die beiden Walkerinnen überholen mich nicht. Was will ich mehr?

Laufen vielleicht. Das wäre schön.