Um unsere Köpfe und Lungen mal so richtig durchzupusten, machen wir nach einem anstrengenden Vormittag im düsteren Konferenzraum eine Wanderung an der Küste von Mallorca. Der Zeugwart und ich haben die Insel ja bereits ausgiebig auf dem Rad durch- und umfahren, aber wandern war ich hier in all den Jahren noch nie. Wandern auf Mallorca  ist ja relativ populär. Manche machen das ja etwas flotter und nennen es dann Trailrunning, wir machen es, so hoffe ich zumindest, althergebracht. Schlichtweg Wandern auf Mallorca eben.

Heute regnet es die ganze Zeit, wie eigentlich meistens, seit dem wir hier sind. Es sind gute 14°C und es ist windig. Den ganzen Vormittag über, den wir mit dem Erarbeiten von Sachverhalten und dem Erklären von Prozessen verbringen, regnet es mal mehr, mal weniger. Zwischendurch gibt es so einen Wolkenbruch, das selbst die Decke des Konferenzraumes durchlässig wird. Mallorca und seine Bauten sind einfach nicht für so viel Regen gemacht. Auch dass es so frisch ist, finden die Mallorquiner sicherlich noch gewöhnungsbedürftiger als wir.

Ausrüstung

Und dann bei diesem Wetter eben Wandern auf Mallorca… ich bin gespannt. Meine Wandersachen habe ich dabei, eine entsprechende Hose, atmungsaktive Klamotten und Sportunterwäsche. Zusätzlich habe ich meine hochalpinen Wanderschuhe eingepackt. Wer weiß, was man hier auf Mallorca unter einem Wanderweg versteht. Und unser Guide, der ein sehr sportlicher Kollege von mir ist, hat nämlich sicherlich normalerweise die Trailrunning Kluft an und rennt eher querfeldein. Also bin ich besser zu gut ausgestattet, als zu schlecht.

Außerdem kommt mir der feste Wanderstiefel bei dem Wetter natürlich auch gelegen. Wasserdicht, warm und trittsicher. Letzteres ist auch für mein Knie ganz gut. Das natürlich mit der Bandage unterwegs ist. Wir fahren den Wanderweg mit dem Auto an und steigen in strömenden Regen aus. Es regnet nicht kräftig, aber ohne Regenjacke wäre es auch nichts.

Der Blick über das Meer mit dem Nebel ist regelrecht verwunschen. Natürlich kann man nicht besonders weit schauen, aber das Cap Formentor ist zu erahnen. Wie schön ist das hier wohl, wenn die Sonne scheint?

Wunderbare Ausblicke – einsamer Weg

Ich bin ziemlich gut angezogen mit meinen Sportklamotten und meiner Regenjacke. Die Schuhe nutze ich heute bis zum letzten Ende aus. Der Weg ist extrem schmal, steinig und nass. Teilweise geht es über glitschige Felsen direkt am Meer entlang, vielleicht sind hier auch schon mal Menschen vor uns gegangen. Gefühlt waren das aber nicht viele, da bin ich sicher.

Wir laufen immer an der Küste entlang und haben großartige Ausblicke auf das Meer. Das stetige Rauschen begleitet uns auch, als wir nach einigen Kilometern in den Wald abbiegen um den leichten Anstieg zum Einstieg an den Platja des Coll Baix zu erreichen. Auch hier gibt es grandiose Ausblicke und wir sehen sogar einige der wilden Ziegen, die es nur hier gibt und die mittlerweile recht selten geworden sind.

Abstieg und Aufstieg

Einige meiner Kollegen steigen zum Strand hinunter, andere, so wie ich auch, bleiben oben am Einstieg zum Abstieg. Wandern auf Mallorca bietet wirklich viel Abwechslung. Und wir sind hier nur an einem Miniteil der Insel. Jeder Anstieg macht meiner Lunge zu schaffen, dabei benutze ich mein Spray, aber es ist die Witterung. Die feuchte Inselluft, vom Regen und vom Meer ist sicherlich top gesund und natürlich auch frisch gewaschen. Allerdings macht es meine Atmung schwer. Und wenn es dann auch noch Berg an geht, schnaufe ich ganz schön.

Allerdings sind wir beim wandern auf Mallorca und nicht beim Trailrunning, was dem ganzen Ausflug etwas Gemütlichkeit gibt. Zusätzlich sind meine Kollegen zwar alle recht sportlich, aber da praktisch alle auch schon mit mir zusammengearbeitet haben, als ich den Unfall hatte, erwartet keiner mehr, als ich leisten kann. Eigentlich blöd, dass ich mittlerweile so bin, dass die Leute Rücksicht auf mich nehmen, aber es passiert unterschwellig und nett. Doof fühle ich mich dabei nicht.

Mein Chef verlangt mehr als eine Trinkpause, damit ich wieder durchschnaufen kann. Und egal, ob jeder weiß, dass der Chef eigentlich keinen Durst hat, und ich eben durchatmen muß, alle trinken und die Pause ist selbstverständlich. Vielleicht hat der ein oder andere die auch gebraucht?

Wir marschieren bis zum Einbruch der Dämmerung und bekommen von der untergehenden Sonne ein sehr hübsches Farbspiel geboten. Meer, Sonnenuntergang und die Wolkenformationen, die den abziehenden Regen mitnehmen, bieten ein tolles Bild. Ich mache natürlich ein Foto, weil ich das dem Zeugwart zeigen möchte, wenn ich wieder daheim bin. Insgesamt waren wir heute 9,5 Kilometern unterwegs und haben fast 300 Höhenmeter auf der Uhr. So kam es mir dank den angenehmen Unterhaltungen mit den Kollegen nicht vor. Und natürlich schmecken die Tapas beim Abendessen ganz hervorragend.