Wir fahren heute Fahrrad. Treffpunkt ist um 8:30h und obwohl wir heute die Rennräder nehmen und der Zeugwart tatsächlich noch mal Schuhe wechseln muß, sind wir trotzdem noch eine Minute vor der Zeit am Treffpunkt. Und wir haben tatsächlich nur 1 Minute länger gebraucht, als im letzten Jahr, vor meinem Unfall.

Es ist windig und die Strasse ist naß, aber es gibt keine Aussicht auf Regen, was ja wirklich die halbe Miete ist. Meine Regenjacke habe ich, auch wegen des Strassendrecks, trotzdem an. Unsere heutige Rennradrunde fahren wir mit dem Schwimmerteam. Die Ablenkung tut gut. Anfangs ist der Kopf noch viel beschäftigt, aber erfreulicherweise stellt sich dazu bald aufmerksame Routine ein.

Ich komme nicht ganz so flott aus der Puste, obwohl mir Bordsteine und Asphaltabrisskanten nach wie vor nicht sonderlich sympathisch sind. Meine Kondition ist nicht so der Knaller, aber ich muß nicht wirklich abreissen lassen, wenn es um leichte Anstiege geht. Aber, weil der Kopf noch nicht so fit ist, muß ich dann trotzdem um eine Pause bitten, weil ich total außer Atem bin. Da es aber ansonsten gut läuft, kann die fehlende Puste nicht ausschließlich auf den Trainingszustand geschoben werden. Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen… so ein Unfall macht im Kopf auch mehr als einem lieb sein dürfte. Obwohl ich das nicht so schlimm finde.

Wenn im Kopf nichts passieren würde, dann wäre ich eine Maschine und die bin ich ja nunmal nicht. Trotzdem schaffen wir es heute gemeinsam, dass ich prima abgelenkt werde. Das Schwimmerteam wird demnächst heiraten und über all die Vorbereitungen, Planungsfortschritte und Outfits gibt es natürlich erfreulich viel zu erzählen. Die Hochzeit vom Zeugwart und mir ist schon über ein Jahrzehnt her, so dass ich hier als uralte Ehefrau auf unser Fest zurückschaue. Verrückt, wie die Zeit vergeht.

Das Schwimmerteam bleibt inkognito im Hintergrund.

Auch beim Fahrrad fahren. Die Zeit rast und mit ihr die Kilometer, die wir so wegdrücken. Wir fahren über die Hälfte der Strecke voll mit Gegenwind und es flutscht nur so, als wir dann abdrehen und etwas Berg ab, sogar mit Rückwind, rollen können. Der Zeugwart und ich biegen dann wieder ab in Richtung Heimat und auch das Schwimmerteam fährt heim, um den Sonntag dann noch tatkräftig zu nutzen. Kurz vor einer Hochzeit gibt es immer noch unheimlich viel vorzubereiten. Obwohl das bei uns bereits viele Jahre her ist, weiß ich das noch.

Auf dem Rückweg, nachdem sich unsere Wege getrennt haben, höre ich einen kleinen Regenwurm husten. Ein blinder Passagier sitzt auf meinem Radschuh und hat offensichtlich eine Mitfahrgelegenheit gesucht und gefunden. Aber ich kann ja jetzt schlecht anhalten und den runtersetzen… wahrscheinlich hat der einen Termin bei uns zu Hause? Wer weiß das schon, mehr als dass man die Regenwürmer immer mal husten hört, läuft ja nicht an Kommunikation mit dieser Spezies.

Ich bitte den Zeugwart an der Autobahnbrücke darum, dass er etwas schneller fährt, weil ich bedenklich nah an ihn ran fahre und natürlich nicht auffahren möchte. Meine Puste reicht aber höchstwahrscheinlich nicht, um jetzt nachzulassen, also muß ich entweder überholen oder der Zeugwart kann einfach etwas schneller fahren. Weil er ja eh nur langsam fährt, damit ich mitkomme.

Daheim angekommen steigt der blinde Passagier dann auch ganz geruhsam von meinem Schuh ab und verschwindet im Gebüsch. Hat wohl tatsächlich noch was vor. Und der Zeugwart widmet sich noch schnell dem Kapitel Wartung und Pflege.