In meinem Trainingsplan steht für heute Rad fahren drin und für gewöhnlich fahre ich dann mit dem Teamkollegen auf Zwift. Heute allerdings entscheide ich mich für eine Radausfahrt vor der Arbeit. Also eine draußen. Mit meinem Gravelbike. Im morgendlichen Berufsverkehr will ich mich möglichst nicht rumtreiben. Die Autofahrer haben da anderes zu tun, als auf Fahrradfahrer zu achten. Und tatsächlich finde ich Fahrrad fahren im Verkehr auch längst nicht so schön, wie durch die Natur zu radeln. Da kann ich besser abschalten. Verkehr und Autos oder Straßenlärm gehört da einfach nicht zu meinem Favoriten. Ich radle heute früh also draußen durch den Wald und will dann noch an einer neu gebauten Kneippanlage vorbei.
Im Dorf hat sich eine Initiative gegründet, die fand, dass eine Kneippanlage, eine gute Institution sei. Und dann wurde die auch tatsächlich gebaut und kürzlich eröffnet. Da es bei uns nicht wirklich groß und weitläufig ist, drehe ich also eine ausgedehnte Schleife durch die umliegenden Wälder und lande im Anschluss dann hoffentlich bei der Kneippanlage. Auf Mallorca haben wir uns nach jeder Trainingseinheit immer in den eiskalten Pool gestellt und das war der Regeneration immer förderlich. Auch Fußballer regenerieren ja in ihren Eistonnen oder starten damit zumindest ihren Erholungsprozess. Eine Runde Kneippkur kann deshalb nicht schlecht sein.
Ich fahre durch den Wald und biege mal hier und mal da ab. Das Licht heute ist einfach grandios und der Wald glänzt mit tollen Grüntönen. Ich finde tolle Passagen, die ich vorher tatsächlich noch nie gefahren oder gelaufen bin und muss dann auch durch ziemlich viel Schlamm hindurch. Gut, dass ich -trotz wiederholtem Gemecker der Style Polizei- weiterhin mit meinem Schutzblech durch die Gegend fahre. So muss ich mich später nur um mein Rad, meine Beine und die Schuhe kümmern, bleibe aber von hinten relativ sauber. Ein dreckiges Schutzblech gehört ja so.
Die Runde durch den Wald ist toll und ich mache mir Gedanken, was heute arbeitstechnisch so anliegt und ob es eine empfehlenswerte Reihenfolge in meinen Themen gibt. Dann fahre ich in einen Weg rein und stehe vor einem Reh, was mich mit großen Augen ansieht. Wenn es reden könnte, würde es mich sicherlich wegschicken, weil das schließlich sein Wald ist. Und obwohl es nicht reden kann, verstehe ich es trotzdem und drehe um. Dann nehme ich eben einen anderen Weg, das wird schon passen.
So kreuz und quer durch den Wald zu fahren, lässt mich auch die Zeit vergessen. Zumindest bin ich überrascht, als ich an der Kneippanlage ankomme, wie spät es ist. Da ich noch nie hier gewesen bin, nehme ich mir trotzdem die Zeit, um mir die Anleitung und Empfehlungen durchzulesen. Und dann spaziere ich eine Runde durchs Becken. Ganz schön frisch, aber gut. So soll es ja schließlich auch sein. Mit eiskalten Beinen, die nicht abgetrocknet werden, weil ich auch gar kein Handtuch dabei habe, pedaliere ich das letzte Stück wieder heim. Die Verdunstungskälte ist aber eh teil der Kneippkur. Zumindest verstehe ich das so.
Ich lande pünktlich am Schreibtisch und starte mit frischem Kopf. Richtig toll war das heute früh. Daran könnte ich mich wirklich gewöhnen!