Die Zeit daheim ist einsamer, als im Krankenhaus. Hier kommt keine Visite, keiner nimmt mir Blut ab und keiner schaut regelmäßig, ob alles ok ist. Ich habe auch keine Zimmernachbarin, die zwar manchmal anstrengend ist, aber oft eine angenehme Unterhaltung war. Der Zeugwart macht mir täglich Frühstück und er hilft mir beim Anziehen, dann geht er arbeiten und ich bin alleine. Erfreulicherweise habe ich bei meinen täglichen Spaziergängen regelmäßig Gesellschaft, weil der Lieblingsnachbar seine Kinder lüftet und mich netterweise mitnimmt. So schleichen wir gemeinsam durch den Ort und er ist sehr verständnisvoll, wenn ich eine Pause brauche oder einfach nur erschöpft auf einer Bank sitze. Schnelle Bewegungen sind nicht drin, so dass ich ihm keinerlei Hilfe bin, aber auf dem Spielplatz esse ich -müde auf einer Bank- natürlich sehr gerne jegliche Sorte Sandkuchen und schaue mir gefundene Schätze an.

Alltag

Zu Hause kommt auch kaum Besuch. Im Krankenhaus ging die Tür täglich auf und alle Welt hat vorbeigeschaut. Manchmal kurz, manchmal lang, aber das Krankenhaus und die schlimme Geschichte hat alle gelockt. Im Krankenhaus kommt man einfach eher mal zu Besuch vorbei, so denke ich mir das zumindest. Der Spuk oder der Schreck ist im Anschluß glücklicherweise vorbei. Jeder ist sich sicher, dass ich wieder mehr oder weniger „die Alte“ werde und so verfallen fast alle in ihren Alltag. Das ist auch irgendwie richtig so, macht meine Tage aber relativ lang.

Gut, dass ich mir bereits beim ersten Arztbesuch zum Wund- und Narbenkontrolle vorgenommen hatte, dass ich möglichst kurz krank geschrieben sein möchte. Die Arzthelferin hat mich deshalb allerdings verständnislos angeschaut. Bei meiner Diagnose geht sie von 8-10 Wochen krank sein aus, das sei üblich und kein Problem. Dass ich nur zwei Wochen haben möchte und auch gleich nach einer Reduzierung des Schmerzmittels gefragt habe, ist ihr unheimlich, das merke ich. Der Kontrollbesuch verläuft alles in allem sehr positiv. Alle sind zufrieden, wie es heilt und dass meine Schulter nicht übermäßig geschwollen ist. Auch die verschorften Wunden sehen gut aus, auch wenn die Größe der Abschürfungen eine lange Heildauer vermuten lassen.

Fit

Meine Krankschreibung geht nun bis eine Woche nach dem Termin zum Fäden ziehen. Das ist das absolute Minimum, auf was sich mein Arzt einläßt. Nach dem die Fäden gezogen sind, sollte man 5-7 Tage noch etwas vorsichtiger sein und er hat das Gefühl, dass er das bei mir nur erreichen kann, wenn er die Krankschreiben bis zu dem Tag ausdehnt. Ich kann auch danach erst mal kein Auto fahren -für 6-8 Wochen- aber ich könnte von zu Hause aus arbeiten, wenn meinem Chef das recht ist. Und weil meine Abteilung ziemlich rotiert, könnte ich mir vorstellen, dass damit beiden, also meinem Chef und mir, ein Gefallen getan würde.

Ich möchte so schnell es geht wieder fit werden. Es ist einfach ätzend daheim rumzusitzen und ständig müde, erschöpft oder voller Schmerzen zu sein. Es ist mühsam sich die Schuhe zuzubinden und unsere Haustür aufzustemmen. Mittlerweile bin ich bei 1 km Streckenlänge angekommen, die ich selbstständig am Stück absolvieren kann. Dafür hätte ich mich früher gar nicht wirklich angezogen. Heute wird der Kilometer vorbereitet, als wenn es ein 10km Lauf wäre. Immerhin brauche ich fast 20Minuten für die Strecke. Unvorstellbar, wenn man gesund ist. Ich bin ja aber nicht gesund, von daher akzeptiere ich auch diesen Perspektivenwechsel und freue mich, dass ich in den letzten Tagen noch einige Pausen gebraucht habe und heute langsam durchgehen kann.

Ablenkung

Meist verbringe ich meine Zeit nach dem Spaziergang dann mit schlafen oder ich schaue Homeland im Fernsehen. Als Amazon Prime Kunde sind zahlreiche Staffeln inklusive und irgendwie möchte man auch wissen, wie es weitergeht, wenn man schon mal angefangen hat, sich mit der CIA und dem Krieg gegen den Terror auseinanderzusetzen. Homeland ist wirklich gut gemacht, ich verstehe den Hype, den es um die Serie gibt… und Claire Danes ist schon immer eine überragende Schauspielerin.

Zusätzlich zum täglichen Spaziergang mache ich noch mein Atemtraining und die Physiotherapie für mein Schlüsselbein. Diese Woche habe ich auch den ersten Termin beim Physiotherapeuten, der mich in den Rehmaßnahmen unterstützen wird. Wegfahren in eine Reha ist derzeit nicht angedacht, ich bin bereits jetzt fitter, als viele Patienten nach Abschluss eines Rehaaufenthaltes, das konnte ja keiner ahnen und realistisch gesehen bringt es nichts, in eine Klinik zu gehen und sich dann vor Ort zu langweilen. Vielleicht ändert sich das noch, wenn meine Entwicklung daheim stagniert. Im Moment ist das der Stand der Dinge.

Ich habe großes Vertrauen zu meinem Physiotherapeuten. Er ist selbst Triathlet und hat mich auch mit meinem Knie super unterstützt. Die Aufgabe jetzt ist etwas umfangreicher, aber ich bin sicher, er und ich tun alles was wir können um uns bald nicht mehr wiederzusehen. Trotzdem werden wir erst mal einige Zeit miteinander verbringen dürfen.

Alles was nötig ist, um den Alltag daheim so schnell wie möglich wieder normal werden zu lassen.