Nach meinem morgendlichen Lauf und dem Fiffizwischenfall muß ich das natürlich erst mal dem Zeugwart erzählen. Diese Rücksichtslosigkeit in der Welt und dass jeder nur an sich denkt kotzt mich wirklich massiv an. Und wahrscheinlich denken das auch genügend Leute von mir… ist ja oft so. Das, was einem bei Anderen auffällt, ist etwas, was man bei sich selbst auch finden könnte. Ich bin natürlich anderer Meinung. Klar. Wie jeder. Weil das Wetter so schön ist, wollen wir heute auch noch eine Runde graveln. Und dank guter Ernährung ist das für mich konditions- und krafttechnisch auch überhaupt gar kein Problem. Wie so oft haben wir auch heute nicht wirklich einen Plan, wo es hingehen soll, außer, dass wir den Süden des Rhein-Main Gebiets durchkämmen wollen.
Für die heutige Temperatur überlege ich eine Zeit lang, was für ein Radoutfit wohl passend sein könnte. Ich entscheide mich dann für Unterhemd, Wintertrikot und lange Radhose. Außerdem ziehe ich mein Stirnband unter den Helm und nehme meine Herbstschuhe. Die sind nicht so dick, wie meine Winterschuhe, aber winddicht. Und es sind auch Halbschuhe, keine Stiefel. Ein deutliches Zeichen für einen sonnigen, warmen Herbsttag also. Eine Windjacke packe ich mir aber zur Sicherheit trotzdem ein. Wenn man stundenlang draußen im Wind unterwegs ist, dann kann so eine Radjacke, egal wie dünn, Wunder bewirken. Vor allem, wenn sie winddicht ist. Und weil ich noch Platz in der Trikotasche habe, nehme ich meine Herbsthandschuhe auch noch mit und ziehe kurze Radhandschuhe an.
Das Outfit taugt auch total für den Wald. Ich bin perfekt angezogen, wenn es windgeschützt ist. Und wir radeln heute wirklich wieder tolle Wege. Ein Offenbach finden wir einen Bikepark, in dem unzählbare Jugendliche drin rumfahren. Richtig toll finde ich das. Wir werden sogar gegrüßt und schauen eine Weile zu. Ich bin beeindruckt. Wahrscheinlich auch, weil es in der heutigen Zeit auch genügend andere Jugendliche gibt, die lieber etwas kaputt machen, rumpöbeln oder einfach nichts mit sich anzufangen wissen. Das ist wahrscheinlich in jeder Stadt ähnlich? Umso cooler, dass es hier einen Treffpunkt gibt, an dem jeder mit einem Fahrrad willkommen scheint. Und Rad fahren können die Anwesenden hier richtig gut. Ich bin deutlich baff was so ein Rad mit dem richtigen Fahrer so alles kann.
Auf einer langen Waldschneise sehen wir ganz am anderen Ende ein paar Hunde laufen. Oder sind es Pferde? Die Größe passt nicht. Pferde sind größer. Das müssen Hunde sein. Allerdings laufen die Trab, wie Pferde. Sind sie am Ende noch weiter weg und deshalb nur so klein zu sehen? Wir debattieren eine ganze Weile darüber, während wir immer näher ran fahren und am Ende mit gebührendem Abstand aber in Hörweite zur Sulkyfahrerin um Durchlass bitten. Der winzige Sulky wird von zwei Mini Shettys gezogen und zwei weitere laufen einfach hinterher. Die richtig kleinen Pferde sind wirklich wahnsinnig niedlich. Wir kommen kurz ins Gespräch ehe sich unsere Wege wieder trennen.
Wie immer biegen wir ohne großartigen Plan rechts und links vom Weg ab. Wir finden richtig tolle Strecken. Kleine, enge Trails, fast zugewachsene Wege über die schon wochenlang keiner mehr gelaufen oder gefahren ist und sind die meiste Zeit wirklich abseits von Anderen unterwegs. Genau, wie es in der Coronazeit sinnvoll ist. Möglichst viel Abstand zu Anderen hilft ja schließlich das Virus einzudämmen. Und Abstand plus frische Luft ist zwar keine Garantie gesund zu bleiben, allerdings ist es doch deutlich wahrscheinlicher, als in geschlossenen Räumen, mit vielen Menschen.
Etwas Glück gehört, wie bei allem, allerdings auch hier dazu.
Manche Wege sind heute so mit Löchern, Hubbeln, Geröll und Wurzeln gespickt, dass ich das Gefühl habe, wir machen so nebenbei auch noch ein Fahrtechniktraining. Rad fahren kommt ja eben von Rad fahren. Vor allem draußen. Kondition aufbauen kann ich auch bei Zwift oder bei FulGaz. Die Fahrtechnik aber, die bekomme ich auf der Rolle nicht. Wir sind heute wieder auf richtig schöne Strecken unterwegs. Ich freue mich richtig über mein mittlerweile nicht mehr ganz so neues Fahrrad, denn ansonsten würde ich diese Strecken ja nicht entdecken, das ist mal sicher.