Es ist mir schon negativ aufgefallen, dass die Arbeitswochen viel zu wenig Zeit zum Radfahren lassen. Und das, wo ich doch schon in Kurzarbeit bin! Um das Leben führen zu können, was ich mir so vorstelle, müsste ich ganz offensichtlich noch weniger arbeiten? Heute fahren wir mal wieder mit den Männern. Dieses mal ist es eine größere Gruppe, gemischter Männer. Darunter bekannte und unbekannte Gesichter. Angesagt war eine Gravelrunde, erscheinen tun ein paar Mountainbikes, ein paar Crosser und der Zeugwart und ich auf unseren Gravelbikes.

Der Zeugwart und ich sind überpünktlich am Treffpunkt und treffen die Männer, die bereits gute 15km Anreise hatten. Vielleicht ein Vorteil für mich, weil sie dann -vielleicht- schon eine Vorermüdung haben? Immerhin muß ja jeder auch erst noch zum Treffpunkt hin fahren. Aber wahrscheinlich ist da nur mein Wunsch Vater des Gedanken und keiner hat auch nur ansatzweise eine Vorermüdung. Wayne Schlegel hat heute Geburtstag und so wird natürlich coronakonform gratuliert, ehe wir vom Ritter ein Briefing bekommen und uns dann auf die Runde auf machen. Wer weiß, wie lange solche Radausfahrten noch gestattet sind? Corona hat unser Rhein-Main Gebiet erneut fest im Griff. Frankfurt und Offenbach haben eine explosionsartige Erhöhung der Infektionszahlen.

Gefühlt sind wir zurück im April.

Temperaturmäßig fühlt es sich auch in etwa ähnlich an. Wir pedalieren bei 8°C los und werden heute auch nicht über 14°C hinaus kommen. 14°C kann ganz schön kühl sein, im Schatten mit Fahrtwind. Ich habe deshalb heute früh einfach schon mal mein Winteroutfit angelegt. Lieber ist mir etwas zu warm, als zu kalt. Und beim Graveln ist man ja auch nicht so flott unterwegs, wie beim Rennradfahrer oder wenn wir Crosser fahren. Ich bewege mich zwar, trotzdem habe ich am Oberkörper drei Schichten und möchte schon auf den paar Kilometern bis zum Treffpunkt keine davon missen. Hosenmäßig müsste ich demnächst einfach mal aufrüsten. Die Überhose, die ich immer trage gibt’s mittlerweile sicherlich auch schon in moderner. Obwohl… ein zeitloses Design ist es schon.

Die ersten Kilometer fahren wir auf ordentlich asphaltierten Radwegen und grooven uns so ein bisschen ein. Ich philosophiere darüber, dass man einfach viel zu wenig Zeit zum Rad fahren hat, wenn man arbeiten muß. Der Ritter und ich haben ja einen krassen Plan, weil wir einfach im Lotto gewinnen werden. Und wenn wir dann gewonnen haben, dann organisieren wir uns ein Begleitfahrzeug zum Fahrrad fahren. Ersatzräder sind dann auf dem Dach, wie bei der Tour de France. Der Fahrer fährt immer hinter uns her und reicht Verpflegung an. Er wird nicht müde uns zu motivieren noch ein paar Kilometer dran zu hängen und  macht auch kleine Wartungsarbeiten oder die ordentliche Fahrradreinigung. Der Ritter hat in dieser Situation sogar noch einen Beifahrer am Start, der einfach direkt, während er fährt die Schaltung nachstellt. Der Lottogewinn ist also der Schlüssel.

Kaffeepause

Ehe wir so richtig in die Offroadwelt eintauchen gibt Wayne Schlegel noch einen Geburtstagskaffee aus. Aber besonders alt werden wir bei der kurzen Rast nicht. Die Sonne, die immer mal wieder hinter den dichten Wolken verschwindet, macht uns da einen gewaltigen Strich durch die Pausenrechnung. Im Schatten sitzen ist auch nicht wirklich das Wahre im Oktober. Zumindest nicht bei mittlerweile vielleicht 11°C. Aber da die Männer sowieso zum Mittagessen von ihren Frauen zu Hause am Esstisch erwartet werden, ist der Aufbruch diesbezüglich auch gar nicht schlecht.

Ich frage mich allerdings, was in den Heißgetränken drin war, das die Männer zahlreich verzehrt haben? Die Anfahrt zum Wald, führt über Asphalt und es wird so Gas gegeben, dass ich schlichtweg nicht mitkomme! Also ich bin deutlich schlechter trainiert , das ist klar. Und, obwohl das hier eine Gravelrunde ist, sind Crossrennmaschinen dabei. Aber mich so stehen zu lassen! Faszinierend. Ich sage dem Zeugwart, dass er den Männern von mir vorne „Tschüss“ sagen soll, weil ich diese Geschwindigkeit nicht halten kann. Ich habe auch nicht vor, auf Teufel komm Raus dran zur bleiben, damit ich dann erschöpft vom Rad falle. Entweder, wir trennen uns, oder sie fahren etwas gemütlicher. Ich habe mein Begleitfahrzeug ja schließlich noch gar nicht! Also fahren wir hier auch kein Rennen.

Langsam genießen

Die Männer nehmen Geschwindigkeit raus und wir biegen in den Wald ab. Beides kommt mir total entgegen. Ich fahre lieber im Wald, als auf Asphalt und mein kleines Gravelbike ist auch eher abseits der Straße zu Hause. Ich mag es auch lieber etwas langsamer unterwegs zu sein und Dinge abseits des Weges anzusehen. Das ist für die gut durchtrainierten Männer bei einer Radausfahrt aber weniger wichtig. Oder die können einfach auch schauen und schnell fahren. Das ist ja durchaus auch eine Möglichkeit. Wir fahren heute auch wieder Teile des Fledermauspfades, ehe sich unsere Wege trennen. Die Männer fahren zurück zu ihrem Ausgangspunkt, der Zeugwart und ich radeln von hier aus alleine nach Hause zurück.

Unsere Heimfahrt gestalten wir deutlich gemütlicher, als die vorherigen Kilometer dieser Gravelrunde mit den Männern. Wir suchen uns ein paar tolle Wege und entdecken noch diesen richtig hübschen See, der auch zahlreiche Spaziergänger auf der anderen Uferseite in seinen Bann zieht. Wie schon während unseres Urlaubs im September bin ich hoch entzückt von den Schönheiten, die unsere Metropolregion so zu bieten hat. Einfach verrückt, was sich zwischen der vielen Industrie, den großen Autobahnen, dem Flughafen und den unheimlich vielen Städten und Ortschaften so verbirgt.

Richtige Schätze gibt es hier!

Die Sonne führt uns ganz wunderbar zurück nach Hause und wir haben das gute Wetter prima genutzt. Gestern die Wanderung im Taunus bei bestem Wetter, heute diese schöne Gravelrunde. An frischer Luft und Bewegung hat es uns wirklich nicht gemangelt.

Ich bin gespannt, wann ich mal wieder so fit bin, dass ich mit den Männern einfach so mitfahren kann. Oder vielleicht wird das auch nie wieder so? Wer weiß das schon? Den Ärzten habe ich ja mit meinem 8km Lauf diese Woche schon mal gezeigt, dass die Vorhersagen und Prognosen nur bedingt stimmen. Vielleicht bekomme ich meine Lunge ja auch beim Rad fahren wieder so fit! Und wenn nicht? Dann sind es eben für die Männer auch mal langsamere Touren. Vielleicht sind sie insgeheim auch mal froh darüber? Wer weiß das schon?