Karfreitag. Ich habe heute frei. Also zumindest arbeitsfrei. Mein Trainingsplan sieht selbstverständlich ein Training vor. Der Coach nutzt die freien Ostertage eben einfach perfekt aus. Meine Aufgabe besteht nur darin, die Sache auch umzusetzen. Im Trainingsplan steht Rennradfahren. Soweit bin ich noch nicht. Mein Kopf sieht mich noch nicht auf dem Rennrad draußen. Schon gar nicht an einem Feiertag. Die Autofahrer hier im Rhein-Main-Gebiet sind zwar deutlich rücksichtsvoller, als früher, aber für meinen Kopf passt das Rennradfahren draußen noch nicht ins Bild. Ich verlasse mich da lieber auf das Gravelbike. 

Die Sitzposition ist nicht ganz die Gleiche, wie auf dem Rennrad und natürlich bin ich nicht so schnell unterwegs. Ich weiß, dass es auf dem Rennrad heute bestimmt besser wäre, weil der Coach das schließlich nicht umsonst in den Trainingsplan schreibt. Allerdings ist der Kopf und die mentale Stärke für mich auch ein entscheidender Faktor auf dem Weg an die Startlinie des IRONMAN 70.3 Duisburg. Ich fahre deshalb heute mit dem Gravelbike. Die Zeit für das Rennrad auf der Straße wird kommen. Nur heute eben nicht. Der Zeugwart begleitet mich auf dem Rad und wir sind in kurzen Radklamotten unterwegs. 

Warmes Wetter

Das Osterwochenende startet mit angenehmen Temperaturen und Regen ist auch keiner vorhergesagt. Wir starten unsere Radausfahrt ohne besonderes Ziel. Das Schöne an den Gravelbikes ist ja, dass man schlichtweg überall entlangfahren kann. Jeder Untergrund ist der Richtige. Wir lassen uns also treiben und fahren mal diesen Weg und dann mal jenen. Manche Wege sehen auch gar nicht nach Wegen aus und sind erst auf den zweiten Blick wirklich befahrbar. Bei dornigen Etappen steigen wir auch mal an, und tragen die Räder. Denn auf Reifen flicken haben wir natürlich keine wirkliche Lust.  

Die Sonne ist herrlich heute und ich bin mit kurzer Radhose und kurzem Trikot wirklich perfekt angezogen. Im Wald, wenn es schattig wird, überlege ich zwar kurz, ob ich mir meine Radweste anziehen sollte, aber ohne geht es auch. Die Strecken, die wir uns heute aussuchen, sind praktisch menschenleer. Es kann mir zwar keiner erzählen, dass alle an Karfreitag in der Kirche sind, aber in der Natur sind die Menschen auch nicht. Ich mag das ja, wenn ich gefühlt den ganzen Wald und die Felder für mich habe. Der Zeugwart und ich beobachten große Raubvögel, die sich nicht zeigen, wenn viele Leute unterwegs sind. Die Einsamkeit auf den Gravelbikes ist herrlich. 

Die Streckenführung ist auch ganz prima und ziemlich entspannt. Wir fahren einfach, wie wir lustig sind und es kommt immer mal wieder ein schöner Weg, der fahrenswert erscheint. Dabei meiden wir, soweit es eben möglich ist, Siedlungen, asphaltierte Wege und Straßen. Mit den Rennrädern wäre das ja in diesem Ausmaß nicht möglich. Umso schöner, dass es mit den Gravelbikes geht. Jede der fünf Begegnungen mit Spaziergängern, Kindern und Hundeführern verläuft total rücksichtsvoll und angenehm. Das habe ich auch schon anders erlebt. Ob das was mit Karfreitag zu tun hat? Wahrscheinlich nicht. Ich vermute, wir haben einfach Glück. 

Trainingsplantechnisch machen wir heute keine Punktlandung. Die Tour ist zu lange für das, was der Coach aufgeschrieben hat. Wahrscheinlich mache ich es so, dass ich die Radausfahrtzeiten für die Ostertage aufaddiere und dann schaue, dass alle Tage zusammen eine ungefähr passende Radtrainingszeit ergeben. Eine Tour genau passend zu steuern, wenn ich draußen unterwegs bin, ist einfach schwierig. Auch, was meinen Puls betrifft. Auf der Rolle ist das kein Problem. Draußen ist mein Puls beim Radfahren im Durchschnitt immer zu niedrig. Zwar liegt er oft auch höher als gewünscht, aber die Bergabetappen, wo ich einfach rollen lasse, ziehen den Durchschnitt dann natürlich auch wieder ordentlich runter.