Zu spät, zu spät… wir sind zu spät. Weil wir unentschlossen sind, welches Outfit für die heute geplante Radausfahrt, die als lernen für die Mitteldistanz in Köln dienen wird, wohl das richtige sein könnte. Also müssen wir uns sputen um den Rest des Teams heute nicht zulange warten zu lassen. Innerhalb einer viertel Stunde sind wir am Treffpunkt. Ich hätte gedacht, dass wir 20Minuten brauchen. Nun gut. Der Zeugwart ist offensichtlich gut drauf? Das hätte ich mal vorher wissen sollen.
Aber der Zug ist jetzt abgefahren.
Die Vereinskameraden müssen ein bischen auf uns warten, aber es hält sich noch im Rahmen. Wir werden freudestrahlend begrüßt. Das ist toll.
Als es losgeht nehmen wir gleich eine Autobahnbrücke mit, um dann den ersten Anstieg der Ironmanrunde wegzutreten: Bergen-Enkheim. Wie auch immer der Veranstalter dieses Stück nennt… es ist fies. Ich versuche Schwung zu holen, habe aber nur mäßigen Erfolg. Berge hochdrücken ist einfach unheimlich Kräfte zehrend. Oben geht’s gleich um die Ecke und dann durch den alten Ort. Obwohl ich mir gar nicht so sicher über das Alter des Ortes bin. Es geht auf jeden Fall moderat weiter hoch und da ich im Schalten einfach nicht ganz so der Held bin, ist es anstrengender als ich es gerne hätte. In Bergen-Enkheim habe ich das vordere kleine Kettenblatt total vergessen. Das muß besser werden.
Unsere Gruppe legt ein ordentliches Tempo vor, finde ich. Berg runter komme ich locker ran, Berg rauf  ist’s etwas schwieriger. Aber es macht Spaß. Ich bin begeistert, wie die Kilometer so weggefahren werden. Die Vereinsmädels sind der Hammer. Deren Training zahlt sich richtig aus. Der Motivator ist ebenfalls mit dabei und hat eine Kondition wie ein Tier. Der ist einfach nicht müde zu kriegen… und ich? Bin am lernen.

In Bad Vilbel denke ich mir so, dass ich ja wirklich gut dabei bin… und während ich noch so in vollkommener Selbstbewunderung versinke und dann doch merke, dass ich weiter ins Richtung „leicht“ schalten muß, fahren die Vereinsmädels an mir vorbei und lassen mich bergauf buchstäblich stehen. Und als ich mir dann auch noch ein paar aufmunternde Worte anhören darf, im Sinne von „Super Claudi, Du machst das toll!“ und das „toll“ schon im Wind verhallt, weil die Damen mich schnell weit hinter sich lassen, bin ich überzeugt, dass das Training fruchtet. Deren. Bei meinem bin ich mir nicht so sicher. Aber um Berge ging es bei mir bisher ja auch nicht.

Im letzten Jahr wäre ich hier zumindest mal überhaupt gar nicht hochgekommen. Von daher fruchtet es natürlich schon, das Training. So darf man das auch nicht sehen. Zuviel Licht sollte ich dann auch nicht unter den Scheffel stellen. Im Vergleich zum letzten und gar vorletzten Jahr läuft es heute wahnsinnig gut.
Mitten am Berg stoppt mich eine rote Ampel. Und weil jede Menge Autos mit den Hufen scharren und ich ein rote Ampel Stopper bin, halte ich an. Am Berg. Ich schätze, das gibt eine kurze Laufeinheit zwischendrin. Hier jetzt wieder anfahren wird schwer. Und so ist es auch. Ich komme nicht wieder rauf. Also ein Stück schieben. Dann kommt eine flachere Stelle am Berg und ich steige wieder auf, klicke ein und fahre weiter. Die anderen warten oben auf mich. Das hat auch was mit lernen zu tun.
Da bin ich froh. Der Zeugwart versorgt mich mit einer weiteren Flasche, weil er top durchtrainiert ist und offensichtlich kaum was zu trinken braucht. Ich dagegen brauche Nachschub. Aber um so etwas auszutesten sind diese Radausfahrten da. Es ist also kein Drama, dass ich seine Flasche nehme, wenn er sie nicht braucht. Es ist absolut ok und gehört zum lernen. Lernen für Köln.
Heute nutze ich übrigens das neue Cola Gel von Dextro Energy. Das ist lecker. Wir haben es zum testen letzte Woche in Bonn mitgenommen.  Ich vertrage es prima und es schmeckt mir außerordentlich gut. Kein Ekel beim trinken, und auch am Berg, wenn es anstrengend wird, bleibt es da wo es hingehört. Im Magen. Ich muß das beim Laufen noch austesten, dann könnte die Gelsuche endlich beendet sein.
Nach 85km sind wir wieder daheim. Ein tolles Gefühl, trotz der ganzen Berge. Aber noch ne Runde könnte ich mir jetzt so spontan nicht unbedingt vorstellen. Gut, dass das die Vereinsmädels den Ironman machen und nicht ich.
Ich höre aufmerksam in mich rein, ob denn jetzt noch laufen ginge. Und da kann ich schon eher sagen… ja, aber nicht mit diesen Schuhen. Wenn ich mir jetzt eine Gehpause, eine Toilette und einen Getränkeschluck gönne… dann könnte ich auf jeden Fall laufen. Wie lange und wie schnell ist natürlich unklar. Noch.
Aber das übe ich dann ein anderes Mal.
Als wir zu Hause sind, schaue ich auf den Live Ticker vom Hamburg Marathon. Denn da ist die Teamchefin heute am Start. Die läuft ja ganz prima und einfach ins Ziel und weil der Profiathlet und das Teammaskottchen gute Streckenbeobachter sind, haben wir nicht nur den Liveticker online, sondern eben auch deren Berichterstattung. Und als die Teamchefin im Ziel angekommen ist, meldet sie sich auch mit ihrer Medaille und erzählt, dass sie ein Schiff gewonnen hat, weil das ja auf dem Metall abgebildet ist. Toll gemacht! Ich bin Fremdstolz. Die Teamchefin hat wieder einen Marathon einfach so geschafft. Kein Wunder, dass sie die Chefin ist.
Und ich muß wegen der Radausfahrt heute dann mal die Füße hochlegen.