Dieses Wochenende gibt es keine RTF. Aber da es ja angeblich ein warmes Frühlingswochenende sein soll, haben wir uns zum radeln verabredet. Die Männergruppe und der Windschattengeber sind am Start und netterweise, wie irgendwie immer, nehmen sie mich auch wieder mit. Der Windschattengeber kommt zu uns und wir fahren gemeinsam zum Treffpunkt mit der Männergruppe. Ich bin noch etwas müde, obwohl ich mich gestern, im Anschluß an die Kuchenschlacht vollgefuttert wie ich war sofort auf die Couch gelegt habe. Vielleicht ist es auch der Zuckerüberschuss, der mich etwas träge sein läßt, aber egal. Heute wird geradelt und da wird nicht gejammert.

Wir wollen in den Spessart fahren und ein paar Höhenmeter sammeln. Unser Trainingslager steht -mehr oder weniger- kurz bevor und im Kraichgau werden es ja dann auch ein paar sein. Also ist es nur schlau, wenn wir die Radausfahrten entsprechend nutzen und außer Kilometer fressen auch Höhenmeter einbuchen. Wir rollen heute relativ locker in Richtung Spessart, denn -wie das oft ist, wenn man als Frau mit Männern fährt- gleich zu Beginn der Ausfahrtunternehmung werden die Karten auf den Tisch gelegt. Kaum einer ist fit, einer sitzt zum ersten Mal auf dem Rad in diesem Jahr, einer ist schlecht trainiert und so weiter. An Ausreden mangelt es heute nicht. Ich verschweige meine gestrige Kuchenschlacht… Mädchen brauchen sich in der Männergruppe nicht mit Ausreden zu belasten, Mädchen fahren eh immer hinten.

Tatsächlich hat der Wetterbericht heute mehr recht mit dem angesagten Frühling, als gestern und so bin ich mit dem kurzärmeligen Sommertrikot unter meiner Radjacke ganz gut ausgestattet. Bis wir uns ein bisschen gruppendynamisch eingefunden haben, vergehen einige Kilometer, aber dann rollen wir alle ganz harmonisch. Ich bin sogar nicht stets ganz hinten, was mir auch ganz sympathisch ist. Heute fahre ich Lücken zu, überhole und selbst Brückenauffahrten können mich nicht demoralisieren. Diese Männergruppe neigt eher weniger zu Brückensprints… zumindest nicht zu offensichtlichen. Klammheimlich können Männer das glaube ich eh nicht loswerden, und so wird die Geschwindigkeit auch bei Brückenauffahrten oder leichten Hügeln stets mindestens gehalten. Von mir auch.

Ich lasse mich heute nicht abschütteln. Und schon gar nicht an Brückenauffahrten. Ich nehme mir sogar einen Schabernack heraus und presche an einer Brückenauffahrt so krass von hinten an der Männergruppe vorbei, dass alle überholten zurückbleiben, weil die Überraschung so groß war. Mein Kampfruf „Ihr Luschen“ setzt der Aktion dann noch die Krone auf und ich bin mir nicht sicher, ob ich beim nächsten Mal wieder mitfahren darf. Aber es hat unbändigen Spaß gemacht und ich grinse die nächsten Kilometer im Dauerakkord.

Wir fahren heute im Spessart in Richtung Engländer, kürzen aber, weil die nicht mitfahrenden Frauen für ihre Männer heute noch weitere Pläne haben, etwas ab. Trotzdem haben wir einen 4km langen stetigen Anstieg, der die Gruppe auseinander reisst. Netterweise schießt der Führer in der roten Jacke zahlreiche Bilder von uns. Er hat heute keine Ausrede, weil er immer gut trainiert ist und ihm beim Radfahren sowieso keiner das Wasser reichen kann. So ist es für ihn auch überhaupt kein Problem am Berg anzuhalten, die Bilder zu schießen, nach mir wieder aufzusteigen und trotzdem vor mir oben zu sein. Da ich aber wesentlich schneller hier hoch fahre, als ich es mir überhaupt vorstellen konnte, demoralisiert mich das überhaupt nicht. Ich muß allerdings kurz etwas schlucken, als ein spindeldürrer Mann auf einem Mountainbike an mir vorbei schießt. Bergauf. Ohne schwer zu atmen. Er tritt ganz locker, hat noch zahlreiche Gänge übrig und überholt mich in einer Geschwindigkeit, als würde ich stehen. Bei Rennrädern bekomme ich keine Depression, aber bei einem Mountainbike? Unfassbar. Ich bin sauschlecht trainiert.

Netterweise klärt mich der Führer in der roten Jacke allerdings auf… der Herr fuhr ein Ebike! Na, da nutze ich doch meine nicht in die Pedalkraft gesteckte Energie und Pöbel noch ein bisschen rum im Wald. So ein Betrug! Ein Ebike! Unglaublich. Und dann mich auch noch so reinlegen. Ich kann es gar nicht glauben. Aber ich bin froh, dass es kein normales Mountainbike war.

Oben warten die Männer, allerdings laut eigener Aussage nicht sehr lange, und wir debattieren kurz, wer wann wo sein muß und welche Strecke sich deshalb anbietet. Der Windschattengeber, der heute ebenfalls extrem tiefgestapelt hatte und von unfitt, noch nicht in der Saison angekommen und schlechtem Trainingszustand geredet hatte, als wir losgefahren sind, war einer der ersten die hier oben waren. Auch der, der dieses Jahr zum ersten Mal auf dem Rad sitzt, wartet schon länger. Wenigstens der Ritter ist, wie es sein Name andeutet wahrlich ritterlich und erwähnt, dass ich in guter Form bin. Was ein toller Mann! Zumindest weiß er genau, was eine Frau hören möchte, wenn sie mit den Männern radelt.

Die Männergruppe fährt zurück in Richtung Neu-Isenburg und wir begleiten sie ein gutes Stück, damit wir außer den 400 Höhenmetern auch noch ein paar Kilometer in der Ebene auf die Uhr bekommen. So fahren wir noch eine Schleife und sind nach 70km wieder daheim. Ich verstehe die anderen Frauen gar nicht, dass sie sich so eine tolle Tour mit den Männern entgehen lassen. Es war einfach herrlich und ich hoffe, dass ich trotz der übermütigen Brückenaktion trotzdem bald wieder mitfahren darf.