Mit ein paar Freunden sind wir heute zum abfahren der Radstrecke im Kraichgau verabredet. Eine Radstreckenbesichtigung ist nie verkehrt. Alle anderen die mitfahren sind entweder immer gut trainiert, oder im Training für einen Wettkampf. Die meisten starten auch in drei Wochen hier im Kraichgau und betrachten die Radstreckenabfahrt heute wirklich als Besichtigung. Wissen was kommt ist keine schlechte Idee, so habe ich das damals, als ich im Kraichgau gestartet bin auch gemacht.

Kühles Wetter

Der Mai zieht heute alle Register, zumindest wettertechnisch, und da es gestern den ganzen Tag geregnet hat, ist es einfach generell kühl. Zusätzlich kommt heute noch eine ordentliche Portion Wind dazu und so haben wir ziemlich viel an und sind trotzdem überpünktlich am Treffpunkt. Wir fahren auch pünktlichst los und ich befinde mich hinter der Gruppe. Ich kenne die meisten, aber gemeinsam gefahren sind wir noch nicht. Also halte ich mich raus und betrachte mir die Sachlage sicherheitshalber von hinten.

Die Gruppe fährt mir, wie erwartet, ein paar Km/h zu schnell, so dass ich noch vor dem Wohngebietsanstieg abreissen lasse und alleine fahre. Während sie mit 28km/h unterwegs sind, fahre ich eben nur 26km/h. Immerhin fahre ich den Anstieg im Wohngebiet und den darauffolgenden Schindelberg mit meiner mittlerweile krass gesteigerten Bergauffahrgeschwindigkeit von 11km/h hoch. Die 8-9 km/h die ich sonst üblicherweise am Berg angewendet habe, sind mittlerweile offenbar überholt.

Als ich die Kappelle sehe, verdrücke ich ein paar Tränchen. Es ist nicht so, dass alles super emotional ist, aber ich bin schon mit einem Kloß im Hals hergekommen. Jeder Meter bis zur Kappelle ist mir wohlbekannt und birgt Platz für Erinnerungen. Hier habe ich mich im Wettkampf sortiert, hier habe ich begonnen zu trinken, hier stehen der Zeugwart und ich üblicherweise zum anfeuern und hier ist das Restaurant, in dem wir vor meinem Wettkampf gegessen haben. Irgendwie war 2016 hier eben noch alles anders und doch so gleich.

Ich bin ganz schön geschafft, als ich den Zeugwart oben treffe und eigentlich bin ich davon überzeugt, dass ich einfach zurück zum Auto fahre und dort auf ihn warte. Den Schindelberg von der anderen Seite wieder hochzufahren traue ich mir überhaupt nicht zu. Soviel Spray sprühen geht gar nicht.

Allerdings hat der Zeugwart auch recht, dass es irgendwie auch blöd ist, jetzt umzudrehen und dass ich bei der Auffahrt zum Schindelberg ja auch wieder Pausen machen kann, wenn es nötig sein sollte. Also fahren wir weiter und hängen noch ein paar Kilometer dran. Der nächste Anstieg kommt bestimmt. Im Kraichgau geht’s ja ständig hoch oder runter und zusätzlich gibt’s auch viele Kurven. Nach 30km drehe ich um. Für mich hängt an der Radausfahrt heute kein großartiges Training. Die Chefin hat zwar 70km aufgeschrieben, aber die gekürzten 10 wird sie verkraften. Der Zeugwart dreht noch eine weitere Schleife und kommt dann kurz nach mit den Schindelberg wieder hoch.

Die Radstrecke ist heute extrem voll. Nicht nur wir schauen uns die Strecke in passendem Abstand zum Wettkampf mal an, es findet auch eine RTF auf großen Teilen der Strecke statt und zusätzlich ist der offizielle Bike Day und zahlreiche andere Trainingsgruppen machen es so wie wir. Statt mit der großen Bike Day Gruppe unterwegs zu sein, haben sich kleine Untergruppen gebildet. Große Gruppen sind nicht jedermanns Sache, das verstehe ich.

Schindelberg

Mit dem Zeugwart alleine zu fahren macht mir viel Spaß. Vor allem, als es den Schindelberg dann wieder runter geht und es im Prinzip kaum mehr Anstiege gibt. Die paar Meter sind zu vernachlässigen und so treten wir ordentlich rein und arbeiten uns gegen den Wind zurück zum Auto. Im Wind und dann auch noch im Schatten ist es wirklich ziemlich kalt und gar nicht maitauglich. Für den Zeugwart waren die Hügel im Kraichgau ein gutes Training, für mich waren sie augenöffnend.

Tatsächlich kann ich mir gar nicht vorstellen, dass ich hier jemals einen Wettkampf mitgemacht habe. Vorher zu schwimmen und dann diese Radstrecke? Geht gar nicht. Und im Anschluß noch ein Halbmarathon? Wie habe ich das nur gemacht? Sicher ist auf jeden Fall, das liegt derzeit nicht im Bereich des Möglichen und es fühlt sich auch nicht so an, als wäre es auch nur ansatzweise irgendwann erreichbar. Einfach ganz weit weg.