Im Schwimmbad in unserem Ort kann man Zugangstickets reservieren. Die Anzahl der Besucher ist also offensichtlich begrenzt. Das klingt vielversprechend. Zumindest irgendwie und auf den ersten Blick. Ich reserviere mir sofort ein Ticket, als die Anmeldung frei geschaltet ist und bin heute dann auch pünktlich für mein Zeitfenster dort. Auf dem Parkplatz ist erfreulich wenig los und im Vorraum des Bades sind zwei andere Schwimmer, die auf der Reservierungsliste abgehakt werden. Da die offensichtlich ständig hier sind, wird von den Herrschaften weder Ausweis, noch Impfnachweis kontrolliert. 

Ich bin hier gefühlt zum ersten Mal. Mein letzter Besuch ist zumindest viele Jahre her. Von mir will die Dame am Eingang alles ganz genau sehen und kontrolliert, ob ich im Ort wohne und ob ich geimpft bin. Zutritt haben nämlich im Moment nur Anwohner der Stadt. Bei mir stimmt alles und so trete ich an die Spinde vor, verstaue meine Klamotten und spaziere in die Dusche und dann zum Becken. Hier sind zwei Bahnen abgetrennt und zwei Bahnen zusammengelegt. Das Schwimmbad ist ganz klein. So klein hatte ich es nicht in Erinnerung. 

Die Bahn ganz rechts ist mit einem Schild Sportschwimmer gekennzeichnet und eine Dame schwimmt hier bereits. Na, die will ich mal nicht stören und begebe mich auf die zweite Bahn. Hier steht kein Schild, das die Bahn als Sportschwimmerbahn kennzeichnet. Das ist auch egal, denn nach der ersten geschwommenen Bahn ist mir klar, dass ich eine „Schnellere Sportschwimmerbahn“ eröffnet habe. Auf der Sportschwimmerbahn gab es in der Zwischenzeit Zuwachs: Eine Brustschwimmerin hat sich dazugesellt. Sportliches Brustschwimmen gibt es schließlich auch. 

Die Wut siegt

Auch auf meiner Bahn schwimme ich mittlerweile nicht mehr alleine. Ein Herr fühlt sich auf der schnelleren Sportschwimmerbahn zugehörig und wir schwimmen im Kreis. Offensichtlich hasst er das Schwimmen, oder das Wasser, was sehr schade ist. Oder er hatte einfach bisher einen extrem schlechten Tag? Der Herr prügelt auf das Wasser ein, als gäbe es kein Morgen. Das Wasser hat schlichtweg keine Chance. Der wütende Mann gibt alles, um mit möglichst viel Wasserspritzerei und viel Tamtam für Vortrieb zu sorgen. Ich halte Abstand. 

Wenn ich immer eine Bahn Abstand zwischen ihm und mir lasse und meine Pausen am Beckenrand leicht verlängere, dann können wir hier prima schwimmen. Offensichtlich wirkt unsere schnellere Sportschwimmerbahn sehr attraktiv. Während auf den nicht abgetrennten Bahnen ein älterer Herr seine Kreise zieht, steigt eine Dame mit auf die Bahn, auf der ich mich tummle. Sie schwimmt Brust und das nicht schnell. Was ist das mit den sportlichen Brustschwimmern und ihrer Geschwindigkeit? Wollen sie die verheimlichen? Gibt es die überhaupt? Also die Geschwindigkeit? Ich bin mir nicht sicher. 

Zu dritt auf dieser Bahn wird es auf jeden Fall recht ungemütlich. Ich schwimme permanent auf einen meiner Bahnbegleiter auf, was die Sache schwierig macht. Wenn ich überhole, wird es zu eng, schwimme ich auf die Mitschwimmer auf, bremsen sie mich aus. Ich wechsle in den freien Bereich. Dorthin, wo der ältere Herr seine Kreise schwimmt. Hier schwimme ich einfach an der Leine entlang, immer hin und her. Sollen die zwei auf der jetzt nicht mehr ganz so schnellen Sportschwimmerbahn doch sehen, wie sie miteinander oder gegeneinander klarkommen. Mein Anliegen ist nur, zu schwimmen. Und zwar so kontinuierlich, dass ich meine Strecke zusammen bekomme. 

Der ältere Herr schwimmt einfach weiter seine Kreise und ich störe ihn nicht dabei. Nach guten 20 Minuten steigt eine sehr gut frisierte Dame mit Brille ins Becken. Sie teilt mit, dass sie gerade beim Friseur war und schwimmt am Beckenrand auf und ab. Meine Spritzerei vom Kraulen stört sie dort nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob die abgetrennten Bahnen für Sportschwimmer ein Fluch, oder ein Segen sind. Und ich weiß auch nicht, ob es die Sportschwimmer auf den Bahnen cool finden, wenn ich im Kreisschwimmer – Bereich einfach schneller unterwegs bin. 

Nach einer Stunde schwimme ich über die zwei Sportschwimmerbahnen hinweg und klettere aus dem Becken raus. Die Brustschwimmerin schaut mich abschätzend an. Wahrscheinlich, weil jetzt endlich wieder Ruhe im Becken herrscht? Ich gehe duschen und suche mir dann eine Umkleide. Überraschenderweise zieht man sich hier hinter einem Vorhang um. Dazu fällt mir nichts Positives ein. Vor allem nicht, wo hier offensichtlich Durchzug herrscht und der Vorhang auf keinen Fall ruhig runterhängt und die Tür bedeckt. Wer lässt sich so etwas einfallen? Da wäre ich schon an der Erklärung interessiert. Mein letztes Schwimmtraining für dieses Jahr ist damit also beendet. 

Insgesamt habe ich in den drei Monaten, seit dem der Coach mir den Plan schreibt, etwas über 28 km im Wasser verbracht.