In den letzten Tagen habe ich das Thema „mit Experten umgeben“ wirklich. mehr als einmal gut geheißen und auch heute halte ich die Fahne dafür wieder richtig hoch. Da der PowerRanger die alte Frau mehr als heftig im Ziel umarmt und mir dabei laut meinem Gefühl auch zwei Wirbel/ Rippen ausgerenkt hat, suche ich als erstes heute Hilfe beim Aktiven. Rückenschmerzen sind so überflüssig, dass ich wirklich schnellstmöglich Abhilfe brauche und tatsächlich hat der Aktive, trotz erfolgreichem Finish beim Ironman Frankfurt einen kurzen Moment Zeit um mich zu behandeln.

Ich kenne meinen Körper ziemlich gut und so hatte ich recht und der Aktive renkt mich ein. Er sagt, es ist der Größenunterschied. Der PowerRanger hat beim umarmen einfach einen schlechten Winkel für mein Knochengerüst. Jetzt ist allerdings alles wieder gut. So schnell werde ich allerdings sowieso keine Medaille mehr umhängen und alle großen Leute ermahne ich ab sofort zur Vorsicht und absoluten Umarmungszärtlichkeit. Der Aktive hat ja auch noch andere Themen, um die er sich zu kümmern hat und kann mich nicht beliebig oft einrenken. Außerdem ist diese Prozedur für den Rücken sicherlich auch nicht das Beste. Nicht, dass es im Alter noch so entscheidend wäre, aber in meiner Familie werden die Menschen wirklich sehr alt und so habe ich mit gerade erst 40 wirklich absehbar noch nicht mal die Hälfte meines Lebens rum.

Da der Aktive kein Sportverbot und auch keine Schonung verhängt hat und Schwimmen sowieso für alles, außer frische Narben und offene Wunden, gut ist, fahre ich heute mit dem Zeugwart zum See. Es ist regelrecht leer, weil wirklich viele nach den beiden großen Langdistanzen in Deutschland, Roth und Frankfurt, eine Trainingspause machen. Trotzdem erkennen wir ein paar Athleten und auch Karla Kolumna findet sich ein, denn ihre erste Olympische Distanz steht mit dem Hamburg Wasser World Triathlon an diesem Wochenende kurz bevor. Sie hat sich vom SchwimmGuru bereits die letzten Tipps geholt und wird heute nochmals neben dem Zeugwart die Wettkampfdistanz absolvieren um gut gerüstet in den Norden zu fahren.

Überhaupt wird die Rookie Zeit des Tricamp Projektes für Karla Kolumna, Lovis und Kimberly, den pinken Ranger, an diesem Wochenende jäh enden, weil alle drei gut vorbereitet vom Tonangeber, nach viel Trainingseifer, Schweiß und absolvierten Trainingskilometern am Sonntag Vormittag in ihr blaues Ziel vor dem Hamburger Rathaus einlaufen werden. Heute gibt’s daher für alle Athletinnen eine der finalen Trainingseinheiten. Ich laufe am Sonntag in Hamburg nirgendwo ins Ziel. Irgendwie dachte ich daran zwar mal, aber die 10km, die eine Olympische Distanz beenden, sind immer noch sehr weit weg. Das Schwimmen dagegen würde mir sehr leicht von der Hand gehen.

Heute ist der Himmel am Langener Waldsee bewölkt und es weht ein leichtes Lüftchen. Und zwar gerade genug Luft, um den Neoprenanzug anzulegen. Die Wassertemperatur ist zwar ähnlich, wie letzte Woche, aber das Lüftchen täuscht Kühle vor und so marschieren Walter Mitty, der auf seinem Weg zum 70.3 Zell am See selbstverständlich keine Trainingseinheit ausfallen lässt, Karla Kolumna, der Zeugwart und ich im Neoprenanzug zum Ufer des Sees. Hier sind letzten Sonntag die Ironmanmänner an Land gerannt und ich stakse hier jetzt ins Wasser, wie ein Storch durch den Salat. Mir sind hier einfach zu viele kleine Sternchen, Muscheln und dann wieder große Steine in Ufernähe. Meine Füße sind nichts gewöhnt und jeder Schritt wird hier zur Herausforderung.

Wir starten jeder für sich, wie wir das immer tun und ich starte meine Uhr. Irgendwie bin ich noch gar nicht entschieden, was ich heute schwimmen möchte. Ich stelle mir vor, dass ein Wettkampf kurz bevor stehen würde und schalte gleich wieder um. Das ist derzeit so extrem weit weg, dass selbst die Vorstellung daran ziemlich komisch ist. Ich schwimme in der Masse der Athleten. Keiner ahnt, dass ich diese Saison nichts vorhabe. Einer will mich von rechts überholen, er arbeitet sich regelrecht an mir entlang, nutzt meinen Wasserschatten und wittert seine Chance. Ich atme Dreierzug und kann ihn näher kommen sehen. Aber einfach so überholen lassen? Mmhh. Es geht hier um nichts, der Athlet will das Überholen vielleicht mal üben? Ich könnte ihn einfach vorbei ziehen lassen. Tue ich aber nicht. Er muß lernen, mit einer Zwischenbeschleunigung umzugehen, finde ich. Als gebe ich etwas mehr Druck auf die Arme und schon ist er weg.

Also eigentlich bin ich weg. Ich bin ihm einfach weggeschwommen. Das gehört dazu, wenn man ein Athlet ist. Dass einem die Wasserschattengeber einfach wegschwimmen. Ob ich das jemals in einem Wettkampf umsetzen kann? Ich bin mir nicht sicher. Wenn ich an den Kraichgau denke, wo es beim Schwimmen so gar nicht lief, dann weiß ich nicht, wie ich mich da jetzt fühlen würde. Ist aber ja eigentlich auch egal. Heute schwimme ich ganz locker, ohne Stress und ohne Druck. Irgendwie bin ich auch schon auf der großen Runde gelandet und einfach nicht abgebogen, obwohl ich mir das klammheimlich doch vorgenommen hatte. Zwei kleine Runden schwimmen wollte ich. Aber jetzt schwimme ich groß und bin in einer guten Gruppe drin. Die Orientieren sich gut, die haben eine Geschwindigkeit, die leicht über der liegt, die ich eigentlich schwimmen würde und ich kann trotzdem ganz gut dran bleiben. Eigentlich sollte ich diese Herrschaften bitten, dass wir zukünftig öfter gemeinsam trainieren, denn genau das ist es, was es braucht, sagt der SchwimmGuru.

Ich schwimme irgendwann so gut an die Gruppe ran, dass ich dann auch einfach vorbei ziehe und mir die nächste Gruppe suchen kann. Ich glaube, weil ich mich trotz erhöhter Geschwindigkeit im Wasserschatten prima ausruhen konnte und eben doch mehr drin ist. Die Gruppe hat sich vielleicht auch einfach müde geschwommen? Ich kann auf jeden Fall vorbei, genieße die Aussicht auf den Strand, der hier am anderen Ende des Sees wirklich sehr weit weg erscheint, und ziehe weiterhin ordentlich durch. Gefühlt bin ich nach wirklich kurzer Zeit wieder zurück am Ufer. Am liebsten würde ich mich bei den Mitschwimmern bedanken, die mich so wunderbar mit Wasserschatten versorgt haben.

Der Zeugwart und Karla Kolumna sind natürlich schon da. Ich fühle mich etwas wie bei Hase und Igel. Wir verabschieden uns und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen in Hamburg. Karla Kolumna ist aufgeregt. Aber sie ist gut vorbereitet und darauf kommt es an.