Auf dem Weg zum Frühschwimmen, wie das Schwimmen bevor Schulklassen die Schwimmbäder stürmen, landläufig genannt wird, heute, sind die Straßen deutlich voller als letzte Woche. Ich bin aber trotzdem ziemlich pünktlich am Schwimmbad und sortiere alles, was mit zum Training muß, ehe ich das Auto abschließe. Mittlerweile habe ich mir einen größeren Netzbeutel für die ganzen Trainingsutensilien gepackt, denn hier im Training des Adlers kann der fleißige Triathlet endlich mal alles zeigen, was er hat. Im Bereich Trainingsausstattung für das Schwimmen, also sowas wie Flossen, Paddles oder Schwimmbrett, bin ich wirklich hervorragend ausgestattet. Und da der Adler das offenbar weiß, nutzen wir alle Utensilien regelmäßig.

Heute schwimme ich mich ganz automatisch 200m ein, nur um dann am Beckenrand angekommen zu erfahren, dass wir heute 300m einschwimmen sollen. Klar. Warum auch nicht? 300m, ein Klacks für das Einschwimmen, immerhin kürzer als 400m! Irgendwie lustig, dass ich mittlerweile so denke. Nach 300m bekomme ich erneut Gesellschaft auf meiner Bahn. Die Rose von letzter Woche steigt ins Becken und da wir schon letzte Woche gut harmoniert haben, bin ich über die Bahngesellschaft sehr erfreut. Wie die Rose richtig heißt weiß ich nicht und ob ich sie angezogen, mit Klamotten und ohne Schwimmbrille draußen auf der Straßen erkennen würde, weiß ich auch nicht, aber hier auf der Bahn sind wir toll miteinander und für den Moment reicht das ja auch.

Ich bekomme meine Anweisungen heute erneut relativ zeitgleich mit der Nachbarbahn und so kann ich auch immer mal rüber schauen um zu sehen, ob ich auch alles richtig mache. Die Schwimmer nebenan sind echte Profis. Sie kennen nicht nur die Übungen und können die ohne Erklärung absolvieren, sie führen sie auch vollumfänglich richtig aus. Zumindest sind die Armwinkel immer top, die Pausen akkurat und der Beinschlag immer wie angesagt. Bei mir dagegen könnte man manchmal bestimmt auch denken, dass ich etwas ganz anderes schwimme. Aber das tue ich nicht. Auch ich bemühe mich darum das zu schwimmen, was der Adler ansagt.

Besonders Probleme habe ich, wenn die Ansage lautet, die eine Hälfte der Bahn nur Beine, die andere Hälfte nur Arme. Dann gebe ich mir zwar Mühe auch bei „nur Beine“ vom Fleck zu kommen, aber so richtig klappen tut das nicht. Beim Rückenschwimmen und natürlich beim Brust ist nur Beine kein Problem. Delphin geht auch noch, aber Kraul? Da schaffe ich zwar Vortrieb, aber bedenklich langsam. Bei den Armen ist es dagegen total anders. Rücken mit Pullbuoy geht gar nicht und auch Brust mit Pullbuoy ist mehr ein Kampf um die Luft, als Schwimmen, wie es sein soll. Delphin geht, sieht aber schrecklich aus, also schwimme ich meistens Kraul. Ich habe heute auch nicht ewig Zeit.

Und immerhin will ich auch noch was anderes schwimmen heute. Der Hauptteil mogelt sich heute mehr dazwischen, als sonst und so schwimmen wir zahlreiche Serien und immer mehr Meter und immer noch weiter, ohne dass die Zeit signifikant vergeht. Das ist aber auch anstrengend heute, ich weiß gar nicht, wie mir geschieht. Immerhin benutze ich meine Uhr heute mal richtig, merke aber, dass mir die ewige Rundendrückerei, oder Übungsaufzeichnung, wie es im Fachjargon heißt, auf den Wecker geht. Wenn ich für 15 Sekunden Pause am Beckenrand bin, will ich nicht auch noch den richtigen Knopf auf der Uhr drücken. Es geht nämlich nicht um irgendeinen Knopf, der gedrückt werden möchte, sondern tatsächlich um genau den richtigen. Sonst funktioniert das mit der Aufzeichnung nämlich nicht richtig. Wenn ich die Uhr einfach mitlaufen lassen, so misst sie zwar die Meter nicht verlässlich, weil ich ja ständig mitten in der Bahn doch was anderes schwimme und sie dadurch verwirre, aber ich habe wenigstens meine geschwommene Zeit. Und das reicht mir so für’s Erste.

Wie viele Meter ich geschwommen bin, ist im Endeffekt dann auch egal. Trödeln tue ich unter den Augen des Adlers nicht und da er genaue Ansagen macht, hänge ich auch nicht länger, als seine angesagten Pausen am Beckenrand rum. Ich schwimme also tatsächlich die ganze Zeit. Heute allerdings nur genau eine Stunde, weil ich einen frühen Termin im Büro habe, und dort ja schlecht nass auftauchen kann. Ich verlasse das Training also früher, obwohl ich eine Stunde schwimmen für die Uhrzeit auch schon prima finde, und marschiere in die Dusche. Da gegen 8h die ersten Schulklassen die Traglufthalle stürmen, ist es in der Dusche mehr als laut. Zusätzlich wird in der Jungsumkleide einer verprügelt, weil er ein Fettsack ist. Zumindest behauptet das einer, der offenbar genießt, dass er nicht derjenige ist, der es heute abbekommt. Um diese Uhrzeit kann man also noch nicht mal in Ruhe duschen. Sehr ärgerlich.

Da es offenbar keinen anderen interessiert, ob jemand Schläge kassiert, oder nicht, marschiere ich wütend in die Jungsumkleide, trenne die Streithähne und mache mit meiner Aktion offenbar genügend aufsehen, dass alle total geplättet sind und sich still in Richtung Schwimmbecken verdünnisieren. Kinder sind schon grausam manchmal, obwohl der Leidtragende hier tatsächlich viel zu viele Kilos auf die Waage bringt.

Nachdem es nun wieder erfreulich ruhig ist, ziehe ich mich um und marschiere zum Auto. Mein Termin fällt aus, das erfahre ich aber erst im Büro. Da hätte ich ja auch noch weiter schwimmen können… das mir dieser Gedanke mal kommt, wer hätte das gedacht?