Ich ahne schon, was mich erwartet, als ich heute auf den Schwimmbadparkplatz fahre. Freitags gehen hier bei uns unheimlich viele Leute schwimmen. Warum ist das so? Die haben das doch garantiert nicht alle auf ihrem Trainingsplan stehen. Vielleicht gibt’s beim Schwimmbad am Wochenende einen Engpass? Ist im Grunde auch egal, was die Menschen alle hier machen. Also schwimmen höchstwahrscheinlich. Da bin ich ja nun mal, also gehe ich auch rein und schwimmen. Immerhin steht es ja sogar bei mir auf dem Trainingsplan drauf. Also nur, falls sich jemand fragt, warum ich auf den Gedanken komme. 

Volle Schwimmbäder und leere Schwimmbäder sind mir gleichermaßen ein Graus. Das ist nicht nur während dieser Corona-Pandemie so. Ich fand Schwimmbäder schon immer blöd, weil man sich einfach nie einig wird. Sportlich schwimmen liegt immer im Auge des Betrachters und das, was der Eine sportlich findet, ist für den anderen lächerlich. Anders als beim Laufen oder Fahrrad fahren kann man beim Schwimmen nicht unendlich ausweichen. Man kommt Fremden außerdem viel zu nah. Um einen Besuch im Schwimmbad komme ich als Triathletin natürlich nicht drum rum. 

Gut gefüllt

Heute ist auf den Bahnen kaum Platz. Jede Einzelne ist gut gefüllt und ich lege meinen Beutel mit den Hilfsmitteln deshalb gar nicht erst am Beckenrand ab. Auch meinen Schwimmplan lasse ich in der Tasche. Ehe ich mich ärgere, weil ich den Schwimmplan mit seinen Vorgaben nicht umsetzen kann, schwimme ich lieber einfach nur so. Auf diese Art und Weise kann ich meine Schwimmerei an die Masse anpassen. Wenn ich nämlich auf einen Brustschwimmer aufschwimme und mir zusätzlich noch einer entgegen kommt, dann bringt durchdrängeln nichts und ärgern auch nicht. 

Auf diese Art und Weise schwimme ich also heute einfach nur hin und her. Das könnte man auch als Streckentraining sehen. Immerhin achte ich darauf, dass ich mit einer sauberen Technik schwimme und dass die Rollwende klappt. Das kann ich besonders gut mit einer entsprechenden Regelmäßigkeit üben. Also je mehr Bahnen ich schwimme, desto mehr Routine gibt es für die Rollwende und desto flüssiger klappt die auch. Immerhin muss ich die Armzüge und die Atmung in Einklang bringen. Das ist jetzt nicht ganz mein Spezialgebiet normalerweise. Heute klappt es aber wirklich gut. 

Wenn ich kontinuierlich hin und her schwimme, dann kann ich immer ganz gut nachdenken. Und irgendwie schalte ich auch ein bisschen ab. Nicht so, dass ich die Rollwende vergesse, oder dass ich fahrig werde, aber so, dass mein Kopf einfach nur an das Lied denkt, das ich gerade singe. Ich singe nämlich immer beim Schwimmen. Das ist ein wunderbarer Zeitvertreib. Normalerweise singe ich nämlich nie. Selbst Weihnachtslieder sind eine Herausforderung. Wenn es mal zum Singen kommt, dann ist das bei mir immer sehr unerfolgreich. Im Wasser aber ist das Singen kein Problem. Selten kommt mir hier jemand so nah, dass sie das Kraulsingen stört. 

Streckenerfolg

Ich schwimme heute meine zeitliche Trainingsvorgabe, und zwar einfach nur am Stück. Zwar achte ich auf eine gute Technik, aber ganz sicher ist auch mal was technisch nicht so schönes dabei. Wenn die Konzentration nachlässt, dann passiert das bei mir meistens schleichend. Aber ich rappel mich da erfreulicherweise immer wieder flott auf, bemerke das und kann es wieder zurechtrücken. Das ist auch eine Kunst. Nach den 60 Minuten steige ich aus dem Becken und verabschiede mich von den Mitschwimmern. In der Dusche gibt’s eine rege Diskussion über Corona und dass die Pandemie gar nicht so krass ist. Ich höre weg und singe in meinem Kopf einfach weiter. 

Das Lied von der letzten Bahn war eh noch nicht fertig. 

Ich diskutiere nicht, wenn man sowieso nicht auf einen Nenner kommen kann. Das mache ich bei praktisch keinem Themengebiet. Warum sich jemand nicht impfen lässt, egal wogegen, oder impfen lässt, ist mir total egal. Ich dusche deutlich schnell und ziehe mich auch einfach wortlos um. Unter meiner Maske kann ich einen neutralen Gesichtsausdruck wahren. Heute falle ich im Anschluss einfach nur noch ins Bett. Auch ohne Techniktraining hatte es diese Einheit in sich. Aber das gehört natürlich dazu irgendwie. Beim IRONMAN 70.3 Duisburg muss ich immer 1.900 Meter schwimmen.