Der Zeugwart und ich haben heute einen lauschigen Feiertagsdonnerstag mit wenig Terminen. Trotzdem kommt dann natürlich wieder alles kurz auf knapp und wir helfen nicht nur bei einer Vor-Umzugs-Sperrmüll-Aktion, sondern holen auch noch den jäh verfahrenen Power Ranger an einem Bahnhof ab um dann gemeinsam zu See zu fahren. Und da sagt noch mal einer, dass ein Feiertag locker wäre. Zum feiern hätten wir heute wirklich keine Zeit übrig gehabt. Am See haben wir dann aber erfreulicherweise einen kleinen Zeitpuffer, so dass ich die Systeme noch ein bischen runterfahren kann. Um sich auf das Freiwasserschwimmen zu konzentrieren kommt mir diese Minipause gerade recht. Wir sitzen auf einer Bank, philosophieren über die Ironman Schwimmstrecke, schwelgen in Erinnerungen an längst vergangene Freiwassereinheiten, in denen die Teamchefin meinem Gesang lauschte und der TurTur den Surfbrettern das Fürchten lehrte. Meine Güte, was sind wir alt. Oder was schwimmen wir hier schon lange. Beides ist möglich.

Trotz der Wärme schlüpfe ich auch heute in den Neopren. Irgendwie nutze ich die Swimnights hier am Langener Waldsee einfach gerne, um das Neoschwimmen zu üben. Im Schwimmbad ist es ja oft noch wärmer und hier im See gibt’s ab und an auch mal eine kühlere Wasserschicht, so dass der Neo dann im Endeffekt doch ganz angenehm ist. Heute trage ich meinen schwarz orangenen Einteiler, den ich als absolutes Schnäppchen letztes Jahr auf der Ironman Messe gekauft habe. Der Zeugwart hat den Besitz schon verdrängt, und ist so tatsächlich ein bischen überrascht von meiner Montur. Ich hatte ihn aber wirklich eine ganze Weile nicht an. Als ich ihn gekauft habe, hatte ich tatsächlich deutlich mehr auf den Rippen, hoffentlich scheuer ich mich heute nicht wund. Der Anzug sitzt regelrecht locker. Gut, das werden wir dann sehn, ich kann es jetzt spontan nicht ändern.

Nachdem der Neo und ich in dieser Saison bereits einmal ein grandioses Match im See gebildet haben, kann ich ihn ganz zügig anziehen und dann ist es wie schon vorhin, auf einmal alles ganz flott. Wir spazieren zum See, ich flute den Neo und rücke ihn überall passend an die richtigen Stellen und schon wird runtergezählt und es geht los. Heute warte ich nicht ganz so lange mit dem losschwimmen, immerhin habe ich ja letztes Mal ständig Schwimmer überholt und so erhoffe ich mir vom neuen Mut, dass ich passende Füße vor mir finde. Der SchwimmGuru hat mal gesagt, dass das eigentlich das Beste ist, was einem im Wettkampf passieren kann. Gute Füße vorneweg, die etwas schneller unterwegs sind, als man es selbst sein würde. Ich mache mich also auf die Suche. Und tatsächlich werde ich fündig.

Leider heißt gute Füße mit passender Geschwindigkeit nicht unbedingt, dass der Besitzer der Füße auch die Orientierung im Griff hat. Es heißt vielmehr ausschließlich, dass er ein bischen schneller schwimmen kann, als ich. Ob diesen Füßen das allerdings irgendwas bringt, wage ich zu bezweifeln, so kreuz und quer, wie dieser Schwimmer unterwegs ist. Und dabei könnte alles so schön sein. Ich orientiere mich aus dem normalen Schwimmen heraus, weil der SchwimmGuru mir das beigebracht hat und finde den idealen Weg zu Boje. Als mir aber zu viele Schwimmer quer vor der Nase herum schwimmen, zweifle ich an mir und meiner Technik. Und an meinem Sehvermögen. Ich stoppe kurz und trete etwas Wasser, wie beim Wasserstart, um die Bojen noch mal genau unter die Lupe zu nehmen. Ja. Ich schwimme die Ideallinie. Die Boje, die ich anpeile, die ist die richtige und sie ist genau vor mir. Was um Himmels Willen machen denn diese verrückten Schwimmer hier? Heute bin ich in der Gruppe der Orientierungslosen gelandet. Ganz klar.

Die mehrheitlich männlichen Zeitgenossen schwimmen volle Kanne einen Zickzackkurs, der auf den GPS Uhren sicherlich herrlich anzusehen ist. Ich habe mit der Startzeitwahl also wieder nicht ganz perfekt ins Schwarze getroffen, denn offensichtlich sind hier zwar die flotteren Schwimmer unterwegs, aber ich wollte ja das perfekte Match. Also etwas schneller als ich und Orientierung. Denn dann könnte ich einfach in den Blasen rumhängen und mitschwimmen. So springe ich auch heute wieder von Schwimmer zu Schwimmer und übe mehr das Heransaugen und überholen bzw. zum nächsten Vortasten, als das hinten dran mitschwimmen. Es hat wahrscheinlich alles seine guten Seiten. Sicherlich wäre der SchwimmGuru mit dieser Übungseinheit trotzdem zufrieden, weil auch er aus den Umständen immer das Beste rausholt.

Nachdem ich noch einen Schwimmer gefragt habe, ob alles ok ist, weil er hilfesuchend umher schauend Wasser getreten hat, bin ich dann etwas langsamer als letzte Woche wieder zurück am Strand. Die Langsamkeit führe ich ausschließlich auf meinen anfänglichen Vertrauenszickzack und die wassertretende Überprüfung der Bojen und meiner Richtung zurück, bei dem ich erst nach einer Weile drauf gekommen bin, dass wir garantiert in die falsche Richtung schwimmen. Ich musste mir dann auch kurz noch mal die Anweisungen vom SchwimmGuru und seine Ratschläge für die Umsetzung ins Gedächtnis rufen. Und das kostet einfach ein bischen Zeit. Aber natürlich ist der Zeiteinsatz im Training gut investiert, wenn ich dann, wenn mal wieder ein Wettkampf ansteht, alles gut umsetzen kann. Dafür ist Training ja da.

Auch heute beschließen wir den Abend mit einem gemeinsamen Pizzaessen. Der Power Ranger begleitet uns. Er ist lockere 3k geschwommen und fühlt sich absolut pizzatauglich.