Tatsächlich möchte ich diese Woche alles geben, um den Trainingsplan der Chefin vollständig durchzuziehen. Es fällt mir schwer, sehr schwer, denn auf der Arbeit ist das Chaos nicht weniger geworden und zusätzlich ist jetzt auch noch Urlaubszeit, denn bei uns ist jetzt irgendwie „nach der Saison“, und ich habe einfach das Gefühl, dass ich noch mehr als sonst eingebunden werde. Irgendwie klingelt entweder das Telefon, oder es steht jemand im Raum, konsequent, 9 Stunden lang. Aber ich bekomme es doch irgendwie gewuppt, zumindest so, dass ich ein bisschen zufrieden bin.

Ich gehe heute bei meinen Eltern schwimmen. Die haben sich, schon lange bevor an mich zu denken war, in einem Hochhaus einquartiert, was mit einem Dachschwimmbad ausgestattet ist. Wissen, wie es geht, sage ich dazu nur. Dort oben ist selbstverständlich kein 25 Becken, aber darum geht es auch nicht. Ein Schwimmbad, das praktisch kaum genutzt und im Sommer immer – außer Nachts- zur Verfügung steht, ist doch total genial! Die Hausbewohner finden das Schwimmbad nicht ganz so prickelnd, zumindest ist nie jemand da, wenn ich mal mit hoch zum schwimmen gehe. Mein Vater und ich schwimmen dann immer vollkommen alleine.

Das altbekannte Phänomen, wenn ich etwas immer habe, ist es uninteressant und wenn ich etwas nicht habe, will ich es unbedingt, greift hier zu 100%. Ich bin mir sicher, die anderen Hausbewohner sehnen sich genau dann nach dem Schwimmbad, wenn es entweder für den Winter geschlossen ist, oder wenn sie umgezogen sind. Weil es eben immer so ist. Die Chefin hat ja für mich diese Woche noch eine weitere Schwimmeinheit auf den Plan geschrieben. Sie hat sogar einen Schwimmplan dazu geliefert. Schwimmpläne sind ja irgendwie immer ähnlich, es ist wie mit dem Techniklauf, da gibt’s eben auch bestimmte Übungen, die Sinn machen und die man deshalb dann eben durcheinandergewürfelt, aber sinnvoll aufeinander aufgebaut absolviert. So ist das eigentlich auch mit dem Schwimmplan. Zumindest kommt es mir als Trainingstheorieahnungslose so vor: Einschwimmen, Technik, Strecke, Sprints, Ausschwimmen.

Ich ziehe das auch eigentlich immer durch. Heute ist es anders. Wenn ich schon mal Zeit finde, um meine Eltern zu besuchen, muß der Trainingsplan hinten anstehen. Ich könnte natürlich das schwimmen einfach auf wann anders verschieben, aber ganz so fanatisch denke ich, muß ich den Trainingsplan zu dieser Jahreszeit und mit meiner sportlichen Ambition nun auch nicht sehen. Wahrscheinlich wird die Chefin mir später sagen, dass sie schon findet, dass ich das hätte durchziehen sollen, aber manchmal geht das Leben vor und der Sport muß sich ein bisschen unterordnen. Wir sind ja noch in der Gewöhnungsphase, ich finde also, das passt. Klar, ich habe ein großes Ziel, einen Traum im. Kopf und dafür muß ich etwas tun. Nur, ob das dringend jetzt, hier und heute sein muß, das weiß ich eben nicht.

Mein Vater und ich schwimmen weitestgehend einträchtig, wie die Omas immer hin und her und unterhalten uns. Ich schwimme Brust, mal mit, mal ohne Beine, ich schwimme Baumstamm und Badewanne, weil ich die Ohren dabei über Wasser halte und ihn reden hören kann. Und ich kann auch antworten, was bei einer Unterhaltung ja nicht ganz unerheblich ist. Während wir so hin und her schwimmen weht es hier oben ganz schön, die 32°C von eben nehmen mit der untergehenden Sonne rapide ab. Und als der Mond schon hoch am Abendhimmel steht, marschiert mein Vater aus dem Becken und ich schwimme noch ein bisschen Strecke. Kraulend. Immerhin. Mittlerweile klappt die Rollwende schon richtig gut und ich habe das Gefühl, dass ich sogar schon eine gewisse Routine darin habe, mich richtig auszurichten und wieder abzustoßen. Das Anschwimmen der Wand klappt auch schon wirklich zuverlässig.

Natürlich würde so ein Training ausschließlich beim Schwimmen für die 3,8km kein großes Resultat liefern. Aber wenn man es mal dazwischenschiebt, dann kann es auch nicht so schlecht sein.