Der Coach schickt mich im Moment zweimal die Woche ins Schwimmtraining. Er hat da auch gut reden, weil er ja nicht zum Schwimmbad fahren muss und auch nicht diesen Bahnen – Nahkampf erleben muss. Obwohl der Coach auch selbst trainiert und deshalb natürlich im Bilde ist, was den regelmäßigen Tumult auf den Schwimmbahnen des Rhein-Main-Gebiets angeht. Trotzdem ist mein persönlicher Tumult ja immer schwieriger, als der, der Anderen. Heute geht’s schon am Spind los. 

Direkt neben meinem Spind hat eine Dame ihren Spind, die keine Maske trägt. Unser Landkreis hat klare Coronaregeln, überall hängen Schilder und es ist für mich total klar, dass die Dame auf Konfrontation aus ist. Zumindest sprechen ihre Bemerkungen dafür. Weil Blicke manchmal recht aussagekräftig sind, schau ich sie nur kurz an, ziehe meine Klamotten aus und spaziere in die Dusche. Ich trage meine Maske, weil ich mich gerne an die Regeln halte. Ich finde, man muss die Sache nicht unnötig verkomplizieren. 

Die Belegschaft des Schwimmbads hat sich die Regeln nicht ausgedacht. Am Becken angekommen lege ich die Maske ab, ziehe meine alternative Schwimmbrille an, und lasse mich ins Becken ab. Die Schwimmbrille* sitzt gut und die ersten Bahnen zeigen keinen Wassereinbruch. Hervorragend. Der Start ist also vielversprechend. Heute ist im Becken nicht so viel los und ich kann auf meiner ausgesuchten Bahn die ersten 1.200 Meter ganz gut schwimmen. Dann kommt eine Dame dazu. 

Glaubensfrage Kraul oder Brust

Sie trägt keine Schwimmbrille, was auf einer Bahn, wo gekrault wird, schon mal etwas ungewöhnlich ist. Es ist nicht so, als gäbe es keine Bahnen, wo Brustschwimmer unterwegs sind. Aber das macht der Dame nichts. Sie schwimmt hier auf dieser Bahn Brust und tritt fleißig in alle Richtungen. Das stört mich. Brustschwimmen an sich ist kein Problem. Ich verstehe, dass nicht jeder krault und vielleicht will sie eben lieber auf dieser Bahn schwimmen, weil das immer so ist. Aber wenn andere auf der Bahn sind, dann muss man aufeinander achten. 

Vor allem, wenn man Brust schwimmt. Da kann man dann eben einfach mal etwas weniger Beinschlag machen, wenn man sich begegnet. So als Rücksichtnahmebeispiel. Aber das tut die Damen nicht. Sowas ärgert mich. Und weil ich merke, dass sie Wert darauf legt, dass die Haare nicht nass werden, muss ich leider beim Vorbeischwimmen sehr viel rumspritzen. Das ist der Nahkampf, den man in öffentlichen Hallenbädern so hat. Total sinnbefreit, das ist klar. Aber als ich die Dame darauf anspreche, bekomme ich nur zu hören, dass das Becken für alle da ist. Da hat sie natürlich absolut recht. 

Nass spritzen ist die Regel

Da ich beim Delphin schwimmen noch ein kleines bisschen mehr rumspritzen kann, als beim Kraul schwimmen, lege ich ganz spontan ein paar solche Bahnen ein. Denn Rücksichtnahme ist vor allem in einem Hallenbad keine Einbahnstrasse. Ich glaube, die Dame hat sich die ganze Sache heute Abend anders vorgestellt. Sie verschwindet nach noch nicht mal 10 Minuten von der Bahn in die Dusche und zu ihrem Spind. Wir können also wieder ganz ungestört Kraulen. Und wir nehmen dabei ganz selbstverständlich Rücksicht aufeinander. Weil das eben dazugehört, wenn man auf engem Raum was gemeinsam macht. 

Als ich nach etwas über eine Stunde aus dem Becken aussteige und mich von meinen Mitschwimmern verabschiede, gehe ich mit meiner Maske zurück zur Dusche und von dort aus zum Spind. Meine Klamotten nehme ich mit in die Umkleide und während ich mich dort sortiere und anziehe, höre ich Türen. Jemand läuft durch die Spind-Landschaft und eine Dame sucht laut kommentierend ihren Spind. Der war nämlich gerade noch da. Jetzt weiß sie offensichtlich nicht mehr, wo ihre Sachen sind. 

Gut, dass ich mich hier immer ganz gut sortiere und nach dem Minimalismusprinzip arbeite. Ich kann all meine Sachen mit meinen beiden Armen hin- und hertragen. Da ist so ein Spind erfreulich schnell leer und die Sachen landen in der Umkleide. Hervorragend. Als ich aus dem Schwimmbadgebäude trete, ist die Welt in krassen Nebel gehüllt. Da bin ich ja mal auf die Heimfahrt gespannt. Wenn der Nebel so dicht hängt, dann kann das ein Abenteuer werden.