Ruhetage finde ich super. Das heißt ausschlafen und nichts tun. Zumindest auf der Finca ist das so, da haben wir nämlich rein gar nichts zu tun. Wir setzen uns an den gedeckten Frühstückstisch und müssen zu keiner Zeit irgendwo sein oder etwas tun. Erfreulicherweise gibt’s auch nichts, was man noch so zwischendurch machen könnte, weil man halt etwas Zeit hat, außer Sachen, die der Entspannung dienen. Daheim würde ich wahrscheinlich die Zeit nutzen die Spülmaschine auszuräumen, Unterlagen zu sortieren, etwas Wäsche zu waschen oder das Rad zu putzen. Ich würde ganz sicher genügend Staub finden, den man weg saugen oder wischen könnte und ich hätte eine angemessene Anzahl Bäder, die nichts dagegen hätten, wenn man sie putzt.

Hier ist das nicht so. Das Frühstück steht am Buffett, ich putze hier nichts und es gibt auch keine Sachen, die ich wegsortierten könnte, oder wollte. Alle Unterlagen warten zu Hause auf ihre Ordnung, genauso wie der Staub oder die Spülmaschine. Hier entspannt man am Ruhetag volle Kanne. Nach dem Frühstück haben wir die Chefin gebeten mit uns eine Dehneinheit zu machen. Das stört die Ruhe nicht und hat trotzdem was mit Sport zu tun. Irgendwie halt. Ich denke, weil ich manchmal eben auch ganz schön naiv bin, dass das eine angenehme Sache werden wird, aber so ist es nicht.

Dehnen ist fies. Anders kann ich es nicht sagen. Manche Dehnungen sind für mich gar kein Problem und ich kann theoretisch sogar noch mehr, als möglich ist. Ich kann wesentlich länger als die vorgegebenen 20 Sekunden halten und ich kann auch weit runterdrücken, oder noch etwas nachschieben. Manchmal Pillepalle, manchmal eben die ganze Welt. Eigentlich müsste man eben auch viel öfter dehnen. Aber was soll man sonst denn noch alles machen?

Wir dehnen das komplette Radsportmuskelpaket einmal von unten nach oben durch. Die Chefin kennt jeden Muskel, der in meinem Körper vermeintlich verkürzt ist und sie findet auch welche, die selbst noch gar nicht wussten, dass sie was mit dem Radfahren zu tun haben. Ich dehne also Muskeln, die sich beim radeln eigentlich raushalten, oder schweigen, und jetzt eine große Jammershow abliefern. Wenn noch einmal jemand von dehnen und angenehm im gleichen Satz spricht, weiß ich spontan nicht, ob ich an mich halten kann.

Das Muskelgejammere in meinem Kopf ist so groß, dass ich jetzt auch so anfange rumzupiensen. Es ist schlichtweg die Hölle, was der Chefin einfällt. Ist das ihre sadistische Ader? Das war doch in den letzten Jahren nicht so. Außerdem hat sie doch keinen Grund mich hier so zu quälen. Oder doch? Nach über 25 Minuten lässt sie von meinen jammernden Muskeln ab und teilt mit, dass wir nun mit dem Radsportmuskelpaket durch seien und das doch jetzt auch ziemlich flott ging. Flott? Wenn sie jemals wieder danach fragt, ob ich mit dehnen möchte, werde ich mich hoffentlich an diesen Ruhetag erinnern und sofort aufgeben, weglaufen, weghören oder mich einfach direkt in Luft auflösen.

Warum um Himmels Willen hat mein Radsportmuskelpaket nur hier geschrieen? Ich hätte so schön entspannt und absolut ungedehnt auf der Liege rumflezen können. Aber nein. Irgendwas ist da eben schief gelaufen. Augen auf bei der Ruhetaggestaltung kann ich daraus nur schließen.