Freitags ist im Mallorca Trainingslager immer Koppeltraining angesagt. Koppeln gehört zum Triathletenleben ja genauso dazu, wie Schwimmen, Laufen oder Rad fahren. Und beim Freitagskoppeln absolvieren die Athleten Rad fahren und laufen mehrfach hintereinander, es ist unfassbar anstrengend. Da ich nicht laufen kann und von der Woche im Trainingslager auch ziemlich geschafft bin, überlasse ich das Multikoppeln den trainierten Fincaathleten. Da aber immer jemand zur Bewachung der Wechselzone benötigt wird, laufe ich bis dort hin und integriere mich auf diese Art in das Training.

Irgendwie ist bei mir trainingstechnisch heute die Luft raus. Ich hätte zwar Fahrrad fahren können und walken, wie im letzten Jahr, aber mir fehlt die Motivation dazu. Irgendwie möchte ich lieber nur hinwalken, abwarten und wieder heim walken. Wie mir geht’s noch zwei anderen. Der Räuberhauptmann hat sich in Grund und Boden gefahren und nun schmerzen die Hauptmannsknie und Nanni ist sowieso schon nicht als fitteste angereist. Also walken wir gemeinsam, so dass wir uns wenigstens etwas bewegen.

Nanni ist eine Walking Instrukteurin und so bekomme ich auf dem Weg zur Wechselzone noch ein paar interessante Tipps und neue Aspekte. Sie erzählt mir vor allem auch vom Stockvorteil, den es beim Walken gibt, den aber die wenigsten Läufer nutzen, weil ihnen Stöcke zutiefst zuwider sind. Stöcke haben für Läufer irgendwie eine sehr abschreckende Wirkung. Auf mich auch. Ich finde, die Stockläufer gehören entweder ins Gebirge, also zum Beispiel auf einen Traillauf, oder es sind ältere, eher lustlose, Möchtegernsportler. Eine Ansicht voller Vorurteile und ganz offensichtlich auch noch voller Fehler. Nun gut. Ansichten sind ja dazu da, dass man auch mal darüber nachdenken kann… und sie gegebenenfalls auch ändert.

In der warmen Sonne warten wir dann auf die Athleten, die sich mit Tabata und einer Sallyrunde auf der Finca für das Koppeltraining eingestimmt haben. Als alle hier bei uns eintreffen, werden die Wechselplätze zugeordnet und der Räuberhauptmann übernimmt den Job des Wechselzonenbeauftragten. Er richtet Räder, ordnet Schuhe und Wechselbeutel und als die Athleten zurück von der Radrunde sind, um sich die Laufrunde anzusehen, gibt der Räuberhauptmann wertvolle Tipps.

Der Start erfolgt schnell und unkompliziert und in Vorbereitung auf den anstehenden Ironman 70.3 Mallorca, an dem der Tonangeber teilnehmen wird, gibt er Vollgas und geht so richtig aus sich raus. Blitzschnell schalte ich in den Anfeuermodus um und als die Athleten so nach und nach von ihrer Radrunde zurück kommen, bekommen sie in der Wechselzone jede Menge schlaue Anfeuerkommentare, gute Ratschläge und zahlreiche Hinweise. Anfeuern macht richtig Spaß und ich vermute auch, dass das den Athleten noch mal einen kleinen Schub gibt. Galadriel zum Beispiel trainiert auch in diesem Jahr für die Olympische Distanz in Hamburg und ich bin fast sicher, dass ihr beim dortigen Wechsel die Ohren klingeln werden.

In Hamburg sind wir dieses Jahr nicht vor Ort, weil Lovis ja die Radstrecke in Roth unsicher machen wird und wir sie anfeuern werden, was die Stimmen hergeben. Was für ein verrücktes Ziel! Wie mutig sie ist. Ich bin sicher, dass sie die Strecke schaffen wird, aber es ist immer einfacher, wenn man das von jemand anderem denkt, als von sich selbst. Ich hätte den Biss nicht, da bin ich ganz sicher. Aber den muß ich ja auch nicht haben.

Mittlerweile verzieht sich die Sonne immer öfter hinter die Wolken und der Wind nimmt etwas zu. Natürlich stört das die Athleten überhaupt nicht, die geben weiterhin alles und koppeln wie verrückt. Der Räuberhauptmann gibt in der Wechselzone alles, unterstützt die Athleten, wo er nur kann, steht als Festhalter, wie ein Fels in der Brandung, reicht Wasserflaschen, richtet Schuhe und legt Helme zurecht. Einige Veranstalter würden sich einen Wechselzonenbeauftragten wie den Räuberhauptmann für ihre Rennen wünschen, da bin ich sicher.

Die Fincaathleten haben den Räuberhauptmann einfach mitgebucht. Was ein Glück. Als Lovis zu uns stößt, um ihre fotografischen Fähigkeiten auch noch im Bereich der Wechselzone umzusetzen, hört man uns beim Anfeuern noch weit in die Laufstrecke hinein. Die Athleten haben heute beim Koppeln mal wieder alles gegeben und ganz sicher einen ziemlich schweißtreibenden Abschluss ihrer Fincatrainingslagerwoche gesetzt. Wir feiern alle, weil jeder irgendwie gewonnen hat, und nach einer kurzen Pause, geht’s für die Athleten zurück.

Und für uns natürlich auch. Wir walken den gleichen Weg zurück, den wir auch schon hergelaufen sind. Diesmal ist allerdings deutlich mehr los, als heute früh. Wir weichen zahlreichen Autos aus und machen Platz für zahlreiche Radfahrer. Das zerrt auch unsere Gespräche total auseinander, so dass jeder von uns drei weitestgehend seinen Gedanken nachhängt. Ich zum Beispiel überlege mir, wie lange diese Bandagentragerei wohl noch dauern wird, und ob ich jemals eine Woche Trainingslager machen werde, in der ich gesund, gut trainiert und mit einem klaren Ziel vor Augen alles aus der Woche rausholen kann? Aber wer kann schon in die Zukunft schauen?

Keiner.

Fazit

Unsere Trainingslagerwoche auf der Finca mit Tricamp ist nun praktisch zu Ende. Trainingstechnisch war das heute die letzte Einheit. Ich habe sehr gemischte Gefühle, was diese Trainingswoche angeht. Mittlerweile kenne ich auf Mallorca jede Radrunde, die man mir zutraut. Ich kenne jede Kehre, jede Serpentine und jede Kurve. Ich weiß, wie lange die Anstiege sind, die ich bewältigen kann und ich weiß, wie ich die Abfahrten sinnvoll nehme. Ich kenne die Küstenstraße, das Waschbrett und das Schilf. Ich habe keine Angst vor einem Anstieg, denn wenn man weiß, was kommt, dann ist es immer ein bisschen leichter, als wenn es ins Unbekannte geht.

Ich bin nicht fit genug um andere Strecken zu fahren, ganz klar. Ich werde wahrscheinlich niemals Sa Calobra fahren können, oder den Puig Major befahren. Aber will ich wirklich immer die gleichen Strecken fahren? Diese Woche war mir diesbezüglich zu vorhersehbar. Das ist der Größe der Insel und meinem Leistungsvermögen geschuldet, ganz klar, trotzdem ist es einfach so, dass ich die Touren zum Vergleich ganz witzig fand, aber eben auch gerne mal etwas Neues gesehen hätte.

Das Essen war in diesem Jahr anders, als die Jahre zuvor. Wir hatten eine Küchenfee dabei, die sehr lecker gekocht hat, so dass die Chefin und der Tonangeber vollumfänglich als Radguides zur Verfügung standen und wir so drei Radgruppen bilden konnten. Im Gegensatz zu den letzten Jahren, gab es weniger typische Triathlonkochbuchgerichte, die für mich aber (weil ich anscheinend diesbezüglich recht erinnerungsgesteuert bin) irgendwie zur Finca dazugehören.

Die Fincagruppe war wieder harmonisch und nett zusammengestellt. Einerseits sicherlich auch Glück, andererseits vor allem Können, im Zusammenwürfeln der Athleten, so dass sich drei passende Radgruppen in ansatzweise gleicher Stärke zusammenfinden können. Unter- aber vor allem auch Überforderung ist diesbezüglich ja wirklich tödlich und kann einen Urlaub, wozu ich so ein Trainingslager immer zähle, auch sprengen. Es erfordert also auch jede Menge Planungsgeschick die Gruppen so zusammenzustellen, dass es für alle Spaß macht und den gewünschten Effekt bringt. Egal ob es um eine Wettkampfvorbereitung, wie beim Zeugwart oder bei Lovis, oder um den Spaß an der Sache, wie bei mir, geht.

Vollkommen sorglos einige Tage Rennrad zu fahren, sich um nichts zu kümmern, außer anziehen, losfahren und die Gegend genießen, ist eine tolle Art Urlaub zu machen. Die Abgeschiedenheit der Finca, die Stille, die es in keinem Hotel der Welt gibt und die Möglichkeit wirklich ganz für sich zu sein, hat einfach einen besonderen Zauber.

Tschüss Mallorca!