Wahrscheinlich bin ich ein bisschen größenwahnsinnig? Also ziemlich sicher bin ich das, als ich mir das Buch „Der Kona Code – wie die Qualifikation für Hawaii gelingt“ im Mai auf meine Rezensionswunschliste beim Delius Klasing Verlag drauf packe. Allerdings ist es ja so, wie es für einen Triathleten zum IRONMAN nach Hawaii geht, ist ganz sicher eine spannende Sache. Und weil ich Triathletin bin, muss das Buch einfach auf die Leseliste. Viel zu vielversprechend ist der Deckel, der die perfekte Langdistanzvorbereitung verspricht. Von Strategien und Tipps der Profis und Experten ist auch die Rede. Zusammen mit neusten Erkenntnissen aus Sport- und Trainingswissenschaft, wissenswertem aus der Medizin und Ernährungstipps halte ich laut Lionel Sanders eine Art Gebrauchsanweisung für meine erfolgreiche Hawaii Quali in den Händen. 

Und der muss es ja schließlich wissen. Immerhin ist der Triathlonprofi Lionel Sanders unter dem Motto „No Limits.“ unterwegs und hat schon mehrfach bewiesen, dass er auch Hawaii kann. Gewonnen hat er dort zwar noch nicht, aber im Kona Code kommt es ja auch erst mal auf die Qualifikation für den Wettkampf an. Das ist für jeden Triathleten für gewöhnlich erst mal die große Herausforderung seiner Triathlonkarriere. Ob es dann auf Hawaii bei der IRONMAN Weltmeisterschaft auch noch ums Gewinnen der Altersklasse geht, das könnte dann sicherlich ein weiteres Buch bearbeiten. Zu viele Erkenntnisse sollte man auch nicht zusammen packen. 

Der Leser ist sonst leicht überfordert. 

Der Kona Code ist bereits leicht in dieser Richtung unterwegs, zumindest aus meiner Sicht. Das Buch richtet sich allerdings auch ausdrücklich an Athleten, die bereits ihr Bestes geben und sich technisch und taktisch immer weiter verbessern möchten. Es geht darum, das Maximum aus der sportlichen Leistungsfähigkeit herauszuholen. Der Kona Code ist für ambitionierte und schon ziemlich fortgeschrittene Triathleten geschrieben. Matthias Knossalla verzichtet deshalb ausdrücklich darauf, einzelne gebräuchliche trainingswissenschaftliche Abkürzungen zu erläutern. Erfreulicherweise hat er am Ende des Buches trotzdem ein Verzeichnis für ebendiese angelegt. 

Ich bin offensichtlich einfach nicht ambitioniert genug und habe von Trainingswissenschaften viel zu wenig Ahnung. Viele der im Kona Code verwendeten Abkürzungen kenne ich nicht. Damit steht und fällt so ein Buch aber natürlich nicht. Die Trainingsstrategie, die der Kona Code angeht, ist so einfach, wie genial und ganz anders, als ich sie bisher in Trainingsplänen so gelesen habe. In Trainingsplänen für mich ging es bisher allerdings auch noch nie darum mich für Kona zu qualifizieren. Das wird es wohl auch nie tun. Trotzdem könnte die Vorgehensweise im Kona Code auch für Athleten interessant sein, die realistisch gesehen erst nach vielen Trainingsjahren an eine Kona Qualifikation denken können. 

Reverse Periodisierung

Ein Trainingsplan kann ganz unterschiedlich gestaltet werden. Je nachdem, wie es eben der Trainer für sinnvoll hält und was zum Lebensstil des Athleten am besten passt. Statt beim Kona Code ganz klassisch vorzugehen, gibt’s hier die Reverse Periodisierung. Zuerst geht’s um die signifikante Verbesserung der Unterdistanzleistungen, dann geht es in Richtung Mitteldistanz und zur Langdistanz Trainingsphase. Statt also viele Monate am Stück lange Trainingseinheiten mit niedriger Intensität zu absolvieren, geht es bei der Reverse Periodisierung einige Vorteile und eine ganz andere Herangehensweise. Die ersten Trainingsmonate sind voll mit kurzen Einheiten. Statt also (bei einem Hauptwettkampf im Sommer) zum Beispiel viele Stunden im Winter Fahrrad zu fahren, ist das bei der Reverse Periodisierung nicht nötig. 

Physiologische Leistungsfähigkeit

Im Kona Code gibt es recht präzise Beschreibungen der einzelnen Trainingsphasen für die perfekte Langdistanz Vorbereitung. Es geht gleich im nächsten Kapitel um die physiologische Leistungsfähigkeit. Denn um schneller zu werden gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder ich trainiere mehr und erhöhe meine Leistung, oder ich versuche die Umsetzung meiner vorhandenen physische Leistungsfähigkeit in Geschwindigkeit zu verbessern. Das alleine klingt schon so kompliziert, dass Sebastian Weber, obwohl er sich bestimmt Mühe gegeben hat, als er das Kapitel schrieb, mich nicht vollumfänglich erreicht. 

Ernährung

Ganz anders schafft es Dr. Mareike Grosshauser mit ihrem Kapitel zur modernen und sportgerechten Ernährung. Wie ich mich bedarfsgerecht ernähre, dazu gibt es natürlich unheimlich viele Meinungen. Im Kona Code ist das Thema Ernährung super aufbereitet und für mich absolut verständlich geschrieben. Gleich weiter geht’s mit der Wettkampfernährung, der sich Dr. Georg Abel in einem ebenfalls umfangreichen Kapitel widmet. Nichts ist hier besonders langatmig oder extrem ausgeschmückt. Die  Erklärungen sind oft mit leicht verständlichen Schaubildern ergänzt.

Osteopathie und Mentaltraining

Über ein Kapitel zur Sport-Osteopathie von Eva Buchholz geht es dann noch zur mentalen Komponente, die von Susanne Knossalla abgedeckt wird. Die beiden Damen schreiben umfangreich zum jeweiligen Thema und absolut lesenswert. Zu beiden Bereichen gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen. Ich finde die Kapitel auch für Skeptiker lesenswert und auch für Athleten, für die der Kona Code noch nicht direkt nach Hawaii führen wird. 

Trainingslager und Qualifikationsmöglichkeiten

Die nächsten Kapitel bearbeiten knackig kurz den besten Zeitpunkt für ein Trainingslager und welche Wege denn dann schlussendlich nach Kona führen. Die Qualifikation über das Slot-System von IRONMAN, um die es im Kona Coda vorrangig geht, wird genau erklärt. Die letzten Qualizeiten in verschiedenen Altersklassen sind auf notiert, sodass man auch pro Disziplin als ambitionierter Athlet genau weiß, in welche Richtung die Leistung gehen muss, um vom Erfolg gekrönt zu werden. 

Fazit

Zu guter Letzt liegt es auch nach der Kona Code Lektüre natürlich am Athleten selbst. Als weitere Hilfestellung bietet Matthias Knossalla zwar noch einen kostenlosen Trainingsplan online als Anhaltspunkt für die von ihm dargestellte Reverse Periodisierung an. Wer den Kona Code für sich nach dem Lesen und dem Trainingsplanangebot nicht entschlüsselt, der kann die fehlgeschlagene Qualifikation für den IRONMAN Hawaii aber auf keinen Fall auf dieses Buch* schieben. 

Auch, wenn es für mich sicherlich weiter nur als Zuschauerin zum IRONMAN nach Hawaii gehen wird, finde ich den Kona Code lesenswert. Einige der Kapitel sind wirklich nur etwas für Trainingsnerds und sehr ambitionierte Athleten, das steht allerdings auch gleich zu Anfang des Buches. Für einen Triathlonanfänger oder absoluten Freizeitsportler ist das Buch meiner Meinung nach in einigen Kapiteln zu viel des Guten. Andere Kapitel sind auch für Anfänger lesenswert. Ob dann natürlich der Preis von 29,90 EUR gerechtfertigt ist, das muss jeder Athlet selbst für sich beantworten. Den Kona Code gibt’s im lokalen Buchhandel, beim Verlag direkt und natürlich auch online hier*.