Obwohl man die Dinge manchmal nicht ändern kann und regelrecht machtlos ist, entweder weil andere entscheiden oder weil die Zeit eben alle Wunden heilt, wenn sie gekommen ist und nicht vorher, ist man vor bestimmten Ereignissen trotzdem aufgeregt. Das ist normal und hat sicherlich trotzdem einen Sinn. Auch wenn sich mir dieser nicht regelmäßig erschließt. Leider.
 
Heute ist so ein Ereignistag, ich habe den MRT Termin. Ich habe dafür einen halben Urlaubstag genommen, denn ich bin seit meinem Unfall ja eh ständig beim Arzt und es empfiehlt sich den bereits bestehenden Unmut darüber nicht weiter schüren. Also erledige ich im zeugwartschen Haushalt allerlei Dinge, ehe ich mich mit genügend Zeitpuffer zum Aufstöbern eines Parkplatzes in das kleine Auto schwinge. Der Zeitpuffer ist nötig, den das empfohlene Parkhaus ist bis in die 12. Etage proppe voll. Und dann auf dem letzten Parkdeck ist alles leer. Das ist nach oben offen und höchstwahrscheinlich deshalb ungern genommen? Ehe ich ewig vor dem Aufzug stehe, laufe ich die Treppen nach unten und stelle unten fest, dass das eine hervorragende Idee war, denn ein weniger schlauer Zeitgenossen hält den Aufzug im Erdgeschoß auf, weil irgend jemand, den er kennt sicherlich gleich kommt und man dann gerne gemeinsam losfahren möchte. Menschen gibt’s… ich kann nur den Kopf schütteln. Aber ich sage nichts dazu. Ich habe heute schließlich Besseres vor.
 
Die MRT Praxis finde ich in einem spärlich ausgeschilderten Hauseingang. Ich steige ein extrem unattraktives, sehr verwinkeltes, dunkles und wirklich dreckiges Treppenhaus nach oben und öffne eine notdürftig mit einem Papierschild beschriftete Tür. Und schon bin ich in einer anderen Welt. Nichts erinnert mehr an das dreckige Treppenhaus… hier drin ist alles sauber, weiß mit hellem Holz, ein hübscher Empfangstresen und eine sehr nette Mitarbeiterin begrüßt mich. Die wäre sicherlich auch im Treppenhaus nett, aber hier drin macht es natürlich gleich einen ganz anderen Eindruck.
 
Ich gebe meine Überweisung ab und mein Kärtchen, bekomme ein Merkblatt zum ausfüllen und darf mich setzen. Ich bin 15 Minuten zu früh, fülle das Blatt schnell aus und widme mich dann dem außerordentlich gut sortierten Angebot an verschiedensten Zeitschriften, die hier im Wartezimmer bereit liegen. Pünktlichst um 11:40h, also wirklich exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem ich meinen Termin habe, ruft mich eine Mitarbeiterin in die Umkleide. Also das scheint mir hier alles wirklich gut organisiert. Respekt. Wie einen so ein Treppenhaus täuschen kann.
 
Sie fragt, ob der Arzt alles richtig auf die Überweisung geschrieben hat und ob es tatsächlich das rechte Knie ist, um das es geht. Dann erfahre ich, was ich alles ausziehen soll und die Tür schließt sich wieder. Die Patientin vor mir wird in ihre Umkleide „entlassen“ und meine Tür geht nur Minuten spatter wieder auf. Das ist hier wirklich Fließbandarbeit wie mir scheint.
 
Ich lege mich auf die fahrbare Liege, soll nochmals so schön lächeln, wie auf meinem Krankenkassenkartenbild und schon geht’s los. Meine MRT Untersuchung dauert 20Minuten. Ich nicke etwas ein, denn die Mickey Mouse Ohren schirmen mich gegen die Geräuschkulisse hervorragend ab und schon ist die Dame wieder da und bittet mich, mich wieder anzuziehen. Meine Füße sind kleine Eisklötze.
 
Ich soll dann im Wartezimmer warten, bis die Daten übertragen sind, denn der Arzt schaut sich die Aufnahmen gleich mal an und gibt mir einen ersten Eindruck. Na, hoffentlich ist das nicht zu wissenschaftlich? Ich warte im entsprechenden Zimmer, vergnüge mich mit einer weiteren Zeitschrift und werde zwischenzeitlich darüber informiert, dass die Datenübertragung gerade sehr lange dauert und ich deshalb noch etwas geduldig sein muß. Kein Problem, ich bin tiefenentspannt, weil ich ja erst um 14h auf der Arbeit sein muß.
 
Den Arzt sehe ich heute nicht. Er telefoniert mit mir über mein Knie MRT. Das habe ich ja auch noch nicht erlebt. Sehr interessant, aber offensichtlich äußerst effektiv. Er fragt mich, wie das Dilemma denn passiert sei und nachdem ich ihm alles geschildert habe, erfahre ich, dass der Bluterguß in den Weichteilen um mein Knie noch erheblich sei und es deshalb für ihn ganz logisch ist, dass, und vor allem warum, ich mich nicht so bewegen kann, wie ich es mir vorstelle. Der Bluterguß ist riesig und verhält sich vollkommen normal. Kein Grund zur Besorgnis. Es dauert eben.
 
Er schaut sich alles aber nochmal ganz genau und penibel in Ruhe an und schreibt dann meinem Orthopäden einen Bericht. Für den Moment kann er aber nichts feststellen, was einen Grund zur erhöhten Sorge geben würde. Es kann allerdings auch sein, dass der Bluterguß noch etwas verdeckt, das heißt, Entwarnung auf der ganzen Linie möchte er natürlich nicht geben. Er ist ja auch Arzt und kein Zauberer oder Weissager.
 
Ich verlasse die hübsche, sauberer Praxis mit ihren netten Mitarbeitern und dem Arzt am Telefon über das hässlichste Treppenhaus der Welt, löse mein Auto aus dem Parkhaus aus und fahre mit dem Aufzug nach oben. Als ich aussteige ist mein Auto das Einzige, die oberen drei Parkdecks sind alle leer. Hier gibt es offensichtlich Stoßzeiten?
 
Ein Bluterguß ist in dem ganzen Dilemma wirklich das Beste, was hätte rauskommen können. Der ist nämlich vergänglich und ganz sicher nicht von Dauer. Trotzdem kann man ihn auch nicht weghexen und es wird noch eine Weile dauern, bis ich wieder normal fit bin und mein Knie so belastbar ist, wie ich es mir vorstelle. Das ist zwar gut zu wissen, aber bedeutet eben auch weitere radfreie Wochenenden, keine Läufe, kein Trainingslager und voraussichtlich auch keine Wettkämpfe in diesem Jahr. Ich bin sicher, ich werde mir deshalb gleich von allen Seiten anhören dürfen, dass alles nicht so schlimm ist, ich Glück hatte und mich vor allem nicht so anstellen soll… die Frage ist, was möchte ich davon hören und wie oft?