Heute trage ich mein Notfallarmband. Natürlich nicht den ganzen Tag, immerhin rechne ich sowieso schon mal grundsätzlich nicht mit einem Notfall und schon gar nicht tagsüber. Ich sitze in einem wundervollen Büro in der Frankfurter Innenstadt, bin wohlbehütet und prima bewacht, so dass mir tatsächlich tagsüber sicherlich am allerwenigsten passieren kann. Nein, ich trage mein Notfallarmband erst heute Abend. Ich muß nämlich – so müde und erschlagen wie ich bin- auf die Rolle. Und weil ich sicher gehen möchte, dass der Zeugwart gleich alles wichtige „an der Hand“ hat, wenn ich bewußt- und kraftlos von der Rolle kippe, lege ich es bevor ich aufsteige an.
 
Selbstverständlich vergesse ich den Widerstand gegen den Reifen zu kippen, ehe ich aufsteige. Toll. Ob ich das jemals lernen werde? Also wieder absteigen, ausklicken, Widerstand rein und wieder rauf. Auf- und Absteigen übt man so halt gleich mit. Gut, oder schlecht? Ich weiß es nicht. Ist auch egal, denn wenn ich nicht vorher dran denke, dann ist es nunmal so.
 
Ich merke schon bei der ersten Umdrehung, dass ich hunger habe und die Banane um 17h rein überhaupt gar nichts genützt hat. Ich fühle mich eigentlich so, als hätte es die Banane nie gegeben. Dabei bin ich sicher, dass ich sie – trotz massivem Arbeitsstress- ganz sicher um 17h gegessen habe. Mein Bauch fühlt sich total leer an. Schrecklich. Ich muß 30Minuten fahren steht im Plan. Ich schaue total erschöpft und dem Kollaps nahe nach einer gefühlten Ewigkeit das erste Mal auf den Tacho und stelle fest, dass ich mit einem gigantischen GA1 Puls bereits ganze 4 Minuten gefahren bin. Unglaublich.
 
Dieser Tacho ist kaputt. Das ist ja wohl klar. Und meine Pulsuhr ebenfalls. Nicht nur, dass das Radeln wesentlich anstrengender ist, als der Puls preisgibt, der mir angezeigt wird, auch die Pulsuhr zeigt mir lediglich 4 Minuten Trainingszeit an. Kaputt oder Absprache? Eines von Beidem muß es sein.
 
Wenigsten sind die 2,5 Männer auf meiner Seite und unterhalten mich prächtig. Und der Zeugwart ist auch auf meiner Seite, denn als er aus der Dusche stiefelt, weil er ein Intervalltraining draußen bei 6°C und vollkommener Dunkelheit gemacht hat, kündigt er an, dass er sich in die Küche begibt um Essen zu machen. Ich habe also 3,5 Männer auf meiner Seite und einen irgendwie gefühlt gegen mich. Obwohl der Trainer natürlich alles nur gut meint und ich ihn ja außerdem beauftragt habe. Es bringt also auch nichts ständig gegen den Trainer zu hetzen. Ich muß mir das abgewöhnen. Später. Wenn ich fertig bin, fange ich gleich damit an.
 
Nach 30Minuten steige ich von der Rolle und beginne mein Athletikprogramm. Mittlerweile kenne ich die Übungen auswendig. Also mein Kopf weiß Bescheid. Das bedeutet natürlich nicht, dass mein Körper ebenfalls Bescheid weiß und mir irgendeine der Übungen aus diesem Grund eventuell leichter fällt. Das ist eindeutig nicht der Fall. Ich habe sogar den Verdacht, dass mir manche Übungen sogar schwerer fallen, wenn ich vorher gelaufen oder geradelt bin. Aber gut. Kann auch am immer noch währenden Hungergefühl liegen. Ich wurschtel mich auf der Matte also so durch das Turnprogramm, zähle fleißig die Sekunden und/ oder die Wiederholungen und pausiere angemessen. Alles ganz genau nach Vorschrift. Falls es nämlich nichts bringt, will ich mir keine Schludrigkeit vorwerfen lassen… dann kann ruhig jemand anders Schuld sein.
 
Ich bin nach dem Athletikprogramm genauso durchgeschwitzt wie nach dem Rolle fahren vorher. Ich kann das immer gar nicht glauben, weil die paar Turnübungen mir nicht so schwitzig vorkommen. Obwohl sie sehr anstrengend sind. Aber immerhin sehen sie total leicht aus. Aber natürlich nur, wenn jemand anders sie durchführt. Bei mir sieht’s eher nach „kleiner Elefant auf Matte“ aus, oder so ähnlich.
 
Das Essen ist genau passend fertig, dass ich nach dem Wegräumen der Matte nur noch an den Tisch kommen muß. Der Zeugwart hat einfach ein grandioses Timing. Und er kann toll kochen. Vielleicht kann ich auch irgendwann mal toll turnen? Dabei dachte ich ja, ich sei ein Naturtalent… Natur aber wohl nur im Sinne des kleinen Elefanten.