Meine aktive Pause mache ich heute tatsächlich und ich nehme nicht nur den Müllgreifer und den Müllsack vom Bauhof mit, sondern auch noch den ebenfalls voll „bewaffneten“ Zeugwart. Dem nämlich habe ich heute früh davon erzählt, dass auch auf dieser Laufrunde unfassbar viel Müll rumliegt und wie enttäuscht ich darüber bin. Es macht mich einfach traurig, weil ich die Natur hier rund um unsere kleine Stadt so schön finde. Wir haben wirklich großes Glück, dass wir in einer Stadt wohnen, die ein Naherholungsgebiet hat und Parks und Waldstücke. Und dann lassen wir es einfach so vermüllen. Das macht mich einfach traurig. Und wütend macht es mich natürlich auch. Und gerade wenn ich auf meiner Laufstrecke bin, dann möchte ich diese Gefühle nicht haben.

Auf der Laufstrecke geht’s für mich einerseits um das Training, weil die Teilnahme am IRONMAN als großes Ziel allgegenwärtig ist. Und andererseits geht’s darum, dass ich mich entspanne und abschalten kann. In der Natur, auch wenn sie nur wenige Meter von der Haustür entfernt ist, kann ich prima durchatmen und auf andere Gedanken kommen. Andere können das vielleicht vor einem Videospiel, oder beim Bier trinken. Bei mir klappt das mit der Natur ganz wunderbar. Wenn ich allerdings auf weg geworfene Taschentücher, Zigarettenkippen, Kaffeebecher und Kronkorken schaue, während ich durch den Wald oder über die Felder laufe, dann gefällt mir das einfach nicht. Sowas hat in der Natur nichts zu suchen.

Tierwelt

Wir haben hier viele Wildtiere und wenn ich mir vorstelle, dass mir jemand den ganzen Müll in mein Wohnzimmer kippen würde, dann finde ich das ja schon ziemlich unverschämt, was wir Menschen so mit deren Lebensraum machen. Und mit unserem Naherholungsgebiet. Oder auch nur dem Park um die Ecke. Für meine Laufrunden starte ich immer daheim. Ich fahre so gut wie nie irgendwo hin und laufe dann dort. Einfach, weil wir den perfekten Laufstartort gewählt haben, der Zeugwart und ich. Die Wohnung liegt diesbezüglich einfach perfekt. Wir sind gleich weg vom Verkehr, wenn es ums Graveln geht und ich kann mich zwischen gut beleuchteten Laufrunden, einer Laufstrecke durch den Ort, durchs Feld oder durch den Wald entscheiden. Ich habe hier wirklich eine tolle, riesige Auswahl.

Und alles liegt voll mit Müll.

Banksitzer

Erst kürzlich habe ich ja schon mal festgestellt, dass es rund um Bänke mit Mülleimer ähnlich schlimm aussieht, wie rund um Bänke ohne Mülleimer. Ob ein Mülleimer vorhanden ist, oder nicht, geht das Problem also nur bedingt an. Es kommt auch immer auf die Einstellung des Sitzenden an. Soviel ist sicher. Und die stimmt in unserer Stadt offensichtlich nur sehr selten. Die Menschen scheinen abseits des Waldes auch gerne Dinge aus dem Auto zu werfen. Warum? Klar, Müll im Auto ist doof. Aber man könnte ja einfach eine Mülltüte ins Auto legen und den Müll dann dort sammeln. Oder den Müll nach der Fahrt zu Hause oder am Ankunftsort in einem entsprechenden Mülleimer entsorgen.

Das scheinen sehr kreative Ideen zu sein, die da in meinem Kopf entstehen, denn offensichtlich ist es soviel einfacher, den Müll einfach auf die Straße, den Randstreifen und den Wald meiner Laufstrecke zu werfen. Einfach alles „in den großen Mülleimer“ Natur, so scheint es mir zumindest. Ehe ich mich lautstark ärgere und beschwere, werde ich heute also mal wieder selbst aktiv und der Zeugwart ebenfalls. Eine aktive Pause schadet selten. Etwas Bewegung für die Schreibtischtäter ist immer angebracht. Wir marschieren durch das Wohngebiet und könnten im Prinzip auch hier schon gut loslegen. Erstaunlich, was die Menschen auch einfach in ihren eigenen Vorgärten für Müll liegen lassen.

Und auch erstaunlich, dass es anscheinend andere Menschen gibt, für die das Ablegen von Müll in fremden Vorgärten ganz normal zu sein scheint.

Also für mich ist das beides sehr speziell und absolut nicht normal.

Ich bin hier aber auch nicht die Vorgartenpolizei. Und ob auf den Gehwegen Müll rumliegt, oder nicht, das ist für mich -zumindest heute- auch nicht ganz so entscheiden. Ich denke mir immer, dass diesen Müll ein Besen oder eine Kehrmaschine gut entfernen kann. Und auf jeden Fall natürlich derjenige, der diesem Bürgersteig zugeordnet ist, als Anwohner. Wer aber fühlt sich für die Straßenzüge, Parks und Waldgebiete verantwortlich, wo reihenweise der Müll rumfliegt und die man nicht mal eben kehren kann? Sicherlich auch irgendjemand, aber ich vermute der Zeitmangel gibt sein Übriges. Wer will denn auch mehrere Bauhofmitarbeiter bezahlen, die hier wöchentlich den Müll vom Randstreifen aufsammeln? Und im Wald. Und von weiteren Randstreifen und in den Parks?

Wenn ich ehrlich bin, füllt das regelmäßige Säubern der Grünflächen rund um meinen kleinen Stadtteil sicherlich eine Vollzeitstelle. Also ich bin davon überzeugt, dass eine Person 40 Stunden in der Woche damit verbringen könnte die Natur und die Straßen meines Ortsteils vollständig vom Müll zu befreien. Und in der nächsten Woche geht’s gleich von vorne los. Ich brauche zur Säuberung von einem Kilometer immer ungefähr eine Stunde. Wenn es viele Bänke gibt, dann brauche ich auch mal 1,5 Stunden für die gleiche Wegstrecke. Einfach, weil es deutlich länger dauert, Kippen und Kronkorken einzusammeln, als Flaschen. Aber gut, ob man dafür wirklich eine Stelle schaffen möchte? Wahrscheinlich nicht. Es bleibt also entweder liegen, oder es gibt ehrenamtliche Müllsammler, die immer mal wieder Müllsäcke füllen.

Das kleinste Problem

Der Zeugwart ist heute derjenige, der richtig schwer schleppen muß. Er findet reihenweise Flaschen und räumt hinter einem Marlboro Menthol- Raucher auf, der an einer Waldrandecke offenbar seine Rauchpausen einlegt. Und höchstwahrscheinlich weder weiß, was er mit den abgerauchten Kippen für große Mengen Wasser verschmutzt, noch bemerkt, dass all sein Müll nun entsorgt wurde. Allerdings kann man so jemandem ja eigentlich auch nicht wirklich helfen. Ich bin da ehrlich.

Jemand, der seine Alkoholflaschen und seine Zigaretten samt Kippenpäckchen und leeren Feuerzeugen im Wald oder am Straßenrand entsorgt, der hat doch in seinem Leben sicherlich ein ziemlich großes Thema und das Müllsünderdasein ist da sicherlich nur die Spitze dieses Eisbergs.

Unsere Aktive Pause auf Teilen meiner Laufstrecke dauert heute wieder rund eine Stunde und wir haben erneut etwas über einen Kilometer unseres schönen Städtchens vom Müll befreit. Spaß hat es auch heute nicht großartig gemacht. Manchmal ist das aber eben so. Heute hat auch kaum einer der Spaziergänger und Hundeführer etwas dazu gesagt. Ein Jugendlicher hat sich bei mir bedankt. Die Anderen haben es noch nicht mal geschafft, meinen Gruß zu erwidern. Auch so eine Verrohung der Gesellschaft. Abseits vom Müll einfach fallen lassen wird auch kaum mehr gegrüßt. Schlimmer ist da natürlich der viele Müll, ganz klar.

Sieger und Verlierer

Der Zeugwart ist heute der Gewichtssieger, weil er einfach unheimlich viele Flaschen Wein, Sekt und Bier aufgesammelt hat. Dazu kommt noch ein altes Telefon, was auch ordentlich etwas wiegt. In meiner Mülltüte finden sich Umverpackungen von Süßigkeiten, Blumentöpfe, Taschentücher, Flachmänner, Masken, Plastiktüten, Kippen, Essensverpackungen von to-go Essen, eine Gabel und eine unzählbar große Anzahl von to-go Kaffeebechern.

Wie mit den Bauhof Mitarbeitern ausgemacht, stellen wir die Müllsäcke zugeschnürt zum Abschluss gut zugänglich ab und ich mache eine Meldung über das Anliegenmanagement unserer Stadt. Dadurch werden die Müllsäcke in den nächsten Tagen von den Bauhof Mitarbeitern abgeholt und der Müll kann entsorgt werden. Besser so, als wenn er weiter in der Natur rumliegen würde.