Täglich passieren Jahrestage, überall. Wenn es danach geht, ist jeden Tag schon mal etwas besonders schlimmes, oder etwas besonders schreckliches passiert. Zusätzlich hat auch immer jemand Geburtstag oder ist gestorben. Wenn man es darauf anlegt, dann kann so ein Jahrestag ganz schön viel aufzuarbeiten sein. Weil eben immer was war und wir 2017 haben und damit über 2.000 Jahre an Ereignissen, die genau heute hätten passiert sein können. Und damit wäre der Jahrestag eben angesagt.
Ich habe heute einen Jahrestag.
Heute vor einem Jahr ist mein Unfall passiert, die Notaufnahme im Kreiskrankenhaus Groß Gerau hat mich nach Hause entlassen, durch meinen fliegenden Freund wurde mein Leben gerettet und der Zeugwart hat mich in die BGU gebracht. Dort haben sie alles richtig gemacht.
Dafür danke ich ihnen heute. Gleich heute früh, noch bevor es im Rhein-Main-Gebiet ordentlich Verkehr gibt, fahre ich mit verschiedensten Schokoladen bewaffnet in die BGU. Für die Ärzte und Schwestern gehört es zum Alltag Menschen zu retten, für den Menschen selbst, ist es dennoch immer etwas Besonderes. Wahrscheinlich werden sie täglich von Dankbarkeitsschokolade überhäuft und ich bin nur eine von vielen, die zufällig den 24. Juli als ihren Unfalltag ausgesucht hat?
Trotzdem fahre ich hin. Nur weil es vermeindlich jeder macht, muß es ja für mich nicht abgehakt sein. Ich fahre auf den Parkplatz und tatsächlich ist der Platz frei, auf dem der Zeugwart im letzten Jahr geparkt hat. Später am Tag natürlich, aber es ist der gleiche Parkplatz. Heute schüttet es, im letzten Jahr war ich hier in kurzen Hosen und mit meinem Groß Gerau – Krankenhaus Hemd. Wie ein Geist bin ich hereingewankt.
Ich marschiere dieses Mal mit flottem Schritt durch den Regen und durch die Eingangshalle. Das ist das Krankenhaus von mir nicht gewöhnt. Ich bin hier durchgeschlichen, ohne Puste und mit richtig dollen Schmerzen. Direkt in die Notaufnahme. Ein Schlossgespenst.
Verrückt, was seit dem schon alles passiert ist. Die Reha dauert ja immer noch an, aber im Vergleich zu dem, was hätte sein können, ist heute alles prima. Als ich den Aufzug betrete, habe ich ein interessantes Gefühl im Bauch. Dieser Aufzug hat mich immer zu den Röntgenuntersuchungen gebracht. Um zu prüfen, ob die Lunge entfaltet ist. Und der Aufzug war meine Verbindung zur Außenwelt. Praktisch alle Besucher kamen damit zur Station. Außer dem Zeugwart, der ist immer die Treppen gegangen.
Als ich die Station betrete, ist alles ganz ruhig. Ich bin früh, aber im Krankenhaus beginnt der Tag zeitig und sowieso ist hier immer was los. Also treffe ich natürlich eine Schwester. Eine, die ich kenne. Sie hat mich versorgt, als ich hier gelegen habe. Ich sage ihr, dass ich, wie wahrscheinlich zahlreiche andere Patienten, Dankbarkeitsschokolade vorbei bringe und sie ist sichtlich überrascht. Sie freut sich sehr und sagt, dass sie sich an mein mit Luftballons und Besuch gefülltes Krankenzimmer erinnert.
Dann beginne ich meinen Alltag und sie folgt dem Ruf der Klingel. Ein Patient braucht Unterstützung, wohingegen ich mit dem Auto zur Arbeit fahre. Ich hoffe, die Schwestern können ein bisschen Dankbarkeit schmecken, wenn sie sich durch die Schokolade futtern.
Es gibt 2 Kommentare
Ein Jahr schon … oder erst!
Du hast so viel geschafft in diesem Jahr.
Da kann man nur tief durchatmen, dass es so gut für Dich ausging . Ich freu mich mit Dir mit.
liebe Grüsse
Elisabeth
Das stimmt, das Jahr ging schnell rum und ich habe wirklich schon viel geschafft. Dankeschön Elisabeth!
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