Wie ist das bei Euch? Seid Ihr schon gegen Corona geimpft? Wollt Ihr Euch überhaupt impfen lassen? Wenn ja, seid Ihr schon dran? Oder dauert es noch? Ist das gemein, dass es noch dauert? Oder seid Ihr da entspannt? Oder fragt Ihr Euch auch, warum das so langsam geht bei uns und die USA schon so viel weiter mit dem Impfen sind? Durftet Ihr Euch schon registrieren? Was haltet Ihr davon, dass die Impfpriorisierungen gelockert werden sollen? Leidet Ihr an Impfneid? Wenn Ihr noch nicht dran gewesen seid, fragt Ihr Euch dann: 

Warum sind die Anderen schon dran?

Sinnvolle Priorisierung

Gerade in den sozialen Medien, aber auch bei WhatsApp, im sogenannten Status, werden in den letzten Tagen stolze Bilder von bepflasterten Armen, Eingängen zu Impfzentren und Impfausweisen gepostet, dass es nur so kracht. Die Kommentare dazu sind durchwachsen. Es gibt viele positive Reaktion, aber auch jede Menge Kritik. Sind es junge Menschen, ist vom unverschämten Vordrängeln die Rede. Da kommen wirklich bösartige Kommentare mit Hinweis auf die Impfpriorisierung. Ohne den Hintergrund zu kennen, das möchte ich unbedingt anmerken!

Ob der Geimpfte, egal wie jung oder alt, durch eine Erkrankung in eine der Priorisierungsgruppe reingerutscht ist, ist dem Kommentator natürlich vollkommen egal. Aus solchen Kommentaren spricht der Impfneid. Das Wort habe ich vorher noch nie gehört, aber tatsächlich ist es die einzig richtige Bezeichnung für das, was derzeit immer öfter in der Gesellschaft aufscheint. Der Impfneid ist allgegenwärtig. Interessant. Ich erwische mich selbst dabei mich zu fragen, warum Person X oder Y aus meinem Bekanntenkreis bereits geimpft. Bisher habe ich mir über sowas noch nie Gedanken gemacht. 

Allgegenwärtige Gefahr und Impfneid

Da ich selbst einer der sogenannten Risikogruppen angehöre, weiß ich, welche Berufsgruppen und welche Vorerkrankungen oder körperliche Besonderheiten gerade „dran“ sind. Ich habe die Öffnung der jeweiligen Impfgruppen gespannt verfolgt und täglich darauf gehofft, dass „meine“ geöffnet wird. War ich deshalb neidisch auf Menschen, die alt sind und damit deutlich gefährdeter durch das Virus einen schweren Verlauf zu erleben? War ich neidisch auf das medizinische Personal, das früher zum Impfen zugelassen wurde? 

Ich kann da erfreulicherweise aus vollem Herzen Nein zu sagen. Neidisch war ich nicht. Denn, wer früher geimpft wurde, der hatte einen guten Grund dafür. Ich kann mich hin meinem Job bestmöglich vor dem Virus schützen. Für mich ist es möglich weitgehend isoliert im Homeoffice zu arbeiten. Ein wahrer Pandemie – Luxus! Das dann jemand im Gesundheitssekttor, wie Krankenpfleger, Ärztin oder ein Supermarkt Mitarbeiter natürlich nicht. Vollkommen klar also, dass die Menschen, die der Gefahr ausgesetzt sind, vorrangig geimpft werden sollten. 

Das muss mir keiner erklären. Das ist logisch.

Risikobereitschaft

Trotzdem überrascht es mich, wer in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bereits geimpft ist. Weil ich mir über die dafür vorhandenen Vorerkrankungen einfach noch nie Gedanken gemacht habe. Genauso wenig übrigens, wie über den Hersteller einer Impfflüssigkeit. Mein Impfpass ist seit meiner Geburt geführt und ich wurde so oft geimpft, dass man bereits Seiten hinzu geheftet hat. Wer der Hersteller der jeweiligen Impfung war, was es eventuell für Nebenwirkungen geben könnte oder ob ein Impfstoff, der mir von einem Arzt verabreicht wird, ausreichend getestet wurde, darauf habe ich noch nie einen Gedanken verwendet. 

Warum habe ich das nicht gemacht? Ich glaube, weil ich in das Gesundheitssystem einfach ein großes Vertrauen habe. Meine Überzeugung ist, dass sicherlich kein Impfstoff zugelassen wird, der nicht zuverlässig ist. Klar, Nebenwirkungen können bei jeder Impfung auftreten. Es ist allerdings auch immer möglich, dass ich in einen Autounfall verwickelt werde, oder die Treppe herunterfalle. Mein Leben ist voller Risiken. Und die Gefahr an Covid-19 zu erkranken ist eben ein weiteres Risiko in der heutigen Zeit. Wenn ich Pech habe, ist das nicht auf meine Impfung begrenzt. 

Impftermin

Mein Impftermin war diese Woche. Als die Impfgruppe in meinem Bundesland geöffnet wurde, habe ich mich sofort online auf dem Impfportal registriert. In der darauf folgenden Woche habe ich mir bei meinem Hausarzt die notwendige Bescheinigung abgeholt, dass ich wegen bestimmten Vorerkrankungen der Impfgruppe angehöre. Und dann habe ich auf den Impftermin gewartet. Es kam mir endlos lange vor, im Endeffekt hatte ich aber schon fünf Tage nach meiner Registrierung im Impfportal die E-Mail mit meinen beiden Impfterminen. 

Das hat mich wirklich glücklich gemacht. Das Licht am Ende des Tunnels wurde angeknipst.

In der E-Mail hingen einige PDF Dokumente an, die ausgedruckt mitzubringen sind. Eine Herausforderung, wenn man keinen Drucker hat und auch nicht regelmäßig ins Büro fährt. Eine Nachfrage bei der 116117, die ich bei Fragen anrufen sollte, ergab, dass ich mir einen Drucker suchen soll. Das habe ich dann natürlich auch gemacht. 12 Tage nach der Registrierung war dann auch schon mein Impftermin

Ablauf im Impfzentrum

Auf den ausgedruckten Zetteln stand deutlich, was ich mitzubringen habe und um wie viel Uhr ich in Erscheinung treten soll. Die Anfahrt zum Impfzentrum unseres Landkreises ist gut ausgeschildert, auf dem Parkplatz war ausreichend Platz und mit dem Gefühl von Ehrfurcht bin ich zum Eingang spaziert. Ein Teil des großen Ganzen zu sein erfüllt mich immer mit großer Freude. Das Virus einzudämmen und damit die Pandemie zu besiegen wird mit der Impfung möglich sein. Vielleicht ginge es auch ohne Impfung? Dann aber ganz bestimmt mit weiteren Verlusten. Und die ständigen Todeszahlen und überfüllten Krankenhäuser finde ich mittlerweile ganz schön belastend. 

Ich zeige meine Unterlagen im Eingangstunnel des Impfzentrums vor, bekomme Fieber gemessen und desinfiziere mir unter Beobachtung die Hände. Dann werde ich eingescannt, alle Unterlagen auf Vollständigkeit kontrolliert und in eine der zahlreichen Kabinen gesetzt. Fotos machen ist hier ausdrücklich verboten. Vor mir an der Wand hängt ein Schild, dass ich meinen Oberarm frei machen und die Unterlagen auf den Tisch legen soll. Ich bin kaum damit fertig, stehen zwei Frauen im Raum. Ohne Umschweife kommen die auch direkt zur Sache. 

Impfpass

Warum mein Impfpass so voll ist, will die eine Dame von mir wissen. Die Andere interessiert sich für eine Seite in den Unterlagen, die anscheinend fehlt. Da meine Unterlagen und ich ja gerade erst auf Vollständigkeit kontrolliert wurden und ich auch zu Hause alles geprüft habe, bin ich verwirrt. Während die Dame verschwindet, um noch einen Ausdruck zu holen, legt die Andere los. Die Geschwindigkeit ist beeindruckend. Noch nie habe ich eine Impfung so schnell – und so lieblos – erhalten. Desinfizieren, die Nadel bis Anschlag in meinen Oberarm jagen und das Pflaster aufkleben hat noch nicht mal 3 Sekunden gedauert. Wow. 

Und sonst heißt es immer „Achtung, es wird kalt“. 

Aber gut. Ich bin Teil des Großen Ganzen. Die Damen und das Team hier vor Ort, haben heute, so lese ich später, über 1.800 Personen geimpft, und dementsprechend geht’s um Schnelligkeit. Ich habe kaum Zeit den Oberarm wieder in meine Jacke zu stecken, da bekomme ich schon die Papiere in die Hand gedrückt und werde aus der Kabine geschoben. Zack, zack geht das hier. Ich laufe einfach den Gang entlang in Richtung ausgeschildertem Wartebereich. Mit halb angezogener Jacke und den Unterlagen in der Hand. Ein Riese fängt mich ab und sagt mir, wo ich mich als nächstes Hinstellen soll. 

Check-out

Eine junge Frau sitzt an einem Computer mit dem Hinweisschild „Check out“. Ich trete vor und sage hallo. Sie nimmt wortlos meine Unterlagen und scannt alles, bis auf meinen Impfpass ein. Dann sagt sie mir: „Setzen Sie sich hier noch 15 Minuten hin, wenn es ihnen dann gut geht, gehen Sie selbstständig.“ Ich nehme auf einem der vielen Stühle Platz. Draußen tobt ein Unwetter. Mit mir warten bestimmt 20 Leute auf das selbstständige Verlassen des Impfzentrums. 15 Minuten warten, ob alles ok ist. Ich weiß, dass alles prima sein wird. Da bin ich ganz zuversichtlich. Bisher habe ich jede Impfung in meinem Leben gut vertragen. Und dass das einige waren, hat die Dame ja in der Kabine gerade erst festgestellt.

Ich verlasse das Impfzentrum bei strahlendem Sonnenschein. Gegen Abend tut meine Einstichstelle weh und am nächsten Tag sind die Schmerzen vorüber. Jetzt liegt es an mir selbst. Mein Körper muss jetzt alles tun, um die Antikörper zu bauen, damit das Virus dann auch bei mir keine Chance hat. Irgendwie fühlt sich das großartig an, jetzt noch mehr dafür zu tun, dass die Pandemie vorübergeht, als einfach nur zu Hause zu bleiben und keinen Kontakt mit Freunden und Familie zu haben. 

Diskussionen, ob die Impfung sinnvoll ist oder nicht, führe ich nicht. Ebenso wenig versuche ich jemanden von meiner Meinung zum Virus und dessen Gefährlichkeit oder Bekämpfung zu überzeugen. Ich hoffe einfach nur, dass wir einen Weg finden, die Pandemie bestmöglich und mit so wenig Verlusten, wie es geht, zu überstehen. Und ich hoffe allerdings sehr, dass der Impfneid nicht zum Volkssport wird.