Tatsächlich haben wir unsere Überraschung, zumindest teilweise, umsetzen können und die beiden Athletinnen sind wunderbar zufrieden und glücklich, dass wir mit Anwesenheit in Freiburg glänzen. Und gleich, nachdem wir alle im Hotel angekommen sind, ziehen wir auch schon los und laufen zur Messe. Dafür wohnen wir wirklich ziemlich gut und weil wir ja alle Sportler sind, ist die Lauferei sowieso gesetzt.
Erst mal zur Expo
Morgen wollen die Athleten immerhin kreuz und quer durch Freiburg rennen. Die zwei Damen über die Halbmarathondistanz und der Zeugwart gute 10km. Alle sind also hervorragend trainiert. Wir marschieren, mit einem Trick zur Messe und alle Athleten holen die Startunterlagen ab. Im Vergleich zu den Jahren, in denen ich in Freiburg selbst gestartet bin, ist das Wetter für dieses Wochenende unterirdisch schlecht angesagt, aber am Samstag geht es noch und bis auf die nicht ganz so schönen Temperaturen, die wir sonst aus Freiburg gewöhnt sind, passt alles.
Bei der Startunterlagenausgabe mache ich Bilder, denn eine Startnummer muß ich mir nicht abholen, ich starte schließlich nicht. Es heißt ja Lauf und nicht Walk und die Helfer und Straßenabsperrer wollen die Stadt ja irgendwann auch mal wieder allen zugänglich machen, oder sich auf die Couch legen. Walker sind beim Freiburg Marathon also nicht am Start. Soweit ich weiß, auf keiner Distanz. Die Unterlagen meiner drei Läufer sind schnell abgeholt und ich mache noch ein Foto, damit wir für die Daheimgebliebenen auch eine passende Dokumentation hinbekommen.
Social Media ist wichtig
Schließlich soll man ja die neuen Medien bestmöglich ausnutzen, und dazu gehört auch, dass Bilder praktisch in Echtzeit durchgeschickt werden. Die Messe ist in diesem Jahr wirklich klein und sehr überschaubar. Selbstverständlich füllen wir unseren Bestand an Riegeln bei Sponser auf, weil wir die – auch für das herannahende Trainingslager -immer brauchen und es auf der Messe eben immer ein gutes Angebot gibt, aber ansonsten gibt’s wirklich nicht viel zu sehen. An einer Ecke steht Herbert Steffny, es gibt natürlich Klamotten, aber für mich jetzt alles nicht so prima, wie erwartet.
Das Abendessen nehmen wir in läuferischer Distanz zum Hotel und zur Messe ein und beschließen, dass Pizza und Salat ebensogut als Kohlehydratauffüller dienen, wie die sonst oft übliche Pasta. Dass eigentlich Kartoffeln und Salat noch viel besser wären, müssen wir ignorieren, denn auf der italienischen Speisekarte steht kein Kartoffelgericht drauf. Die Pizzen schmecken den Athleten und auch den Anfeuerern aber ganz hervorragend und so ist ein ordentlicher Grundstein gelegt und wir fallen alle mit der nötigen Bettschwere ins Hotelbett. Die Athleten natürlich zusätzlich mit etwas Aufregung. Das gehört schließlich zu einem Wettkampf dazu.
Ich plane während des einschlafens noch mal meinen morgigen Tag. Ich werde alleine an der Strecke stehen und insgesamt fünf Athleten suchen. Drei davon sind unfassbar wichtig und ich darf sie auf keinen Fall verpassen, zwei weitere zu entdecken wäre eine tolle Sache, aber wenn nicht, dann eben nicht.
Der Tag der Läufe
Sonntag früh klingelt der Wecker um 6h und der Zeugwart, einer der drei wichtigen Athleten heute, stellt fest, dass er ein leichtes Halskratzen an den Tag legt, sich die Aufregung aber in Grenzen hält. Wir begeben uns zum Frühstück und befinden uns in Mitten zahlreicher Läufer. Ich bin eine der wenigen Begleitpersonen, die so früh mit am Start ist. Die Läuferschlange am Kaffee ist unfassbar lange und generell scheint die Organisation des Früstücks noch nicht besonders ausgereift.
Aber für uns passt es und nach dem Frühstück treffen wir Karla Kolumna und Wonder Woman, die ihr Läufer Halbmarathonfrühstück gemeinsam in der Lobby einnehmen. Die drei wichtigen Athleten des heutigen Tages nehmen sich gegenseitig die Aufregung. Der Zeugwart, als erfahrener Starter, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus und nachdem wir noch eine Notnähaktion durchgeführt haben und die letzten Ankleidevorgänge erfolgt sind, gibt es von mir einen letzten Vorstartdrücker und die Athleten marschieren durch den strömenden Regen zum Start an der Messe.
Ein komisches Gefühl. Ich bin zum ersten Mal nur Zuschauer und Begleitperson, ohne Gesellschaft. Heute ist es meine einzige Aufgabe meine drei Athleten zu fotografieren und anzufeuern. Ich mache ansonsten gar nichts. Nichts, wofür ich hätte trainieren müssen, anfeuern kann jeder und die Strecke in Freiburg ist für ihre Menschenmassen bekannt. Ich hoffe sehr, dass meine Athleten mich also überhaupt wahrnehmen.
Andererseits schüttet es bereits, seit dem die Läufer sich zum Start aufgemacht haben und es gießt immer noch, als ich mich nur wenig später zur Laufstrecke begebe. Ich verschwinde praktisch unter dem riesigen Schirm, der mich aber erfreulich trocken hält, zusammen mit meiner Regenjacke, ohne die es heute auch ganz sicher nicht gegangen wäre.
Schlag auf Schlag
Nur kurz nach dem ich Stellung bezogen habe, kommt das Uhrenauto und die ersten Läufer der Halbmarathon und Marathondistanz preschen heran. Denen ist es ganz offenbar total wurscht, ob es regnet. Muß es auch eigentlich. Als Sportler kommt es nicht darauf an. Das Ereignis zählt. Man hat monatelang darauf hingearbeitet und dann lässt man sich das ja nun nicht durch das bischen schlechte Wetter versauen. Bei dem Wetter denken sich dagegen ganz sicher viele Zuschauer, dass sie nicht unbedingt raus müssen. Gerade da, wo ich mich so rumtreibe ist wirklich sehr wenig los. Hoffentlich ist es in der Innenstadt besser!
Ich erwische all meine Athleten gleich zu Beginn des Laufes, auch die wichtige Top drei, und kann meine Whatsapp Gruppe auf den aktuellen Stand bringen und ein paar Bilder posten. Als alle durch sind, Wechsel ich an die nächste Stelle und absolviere das Läufererkennungsprogramm erneut.
Ich fokussiere die Menschenmenge, die auf mich zugerollt kommt und entdecke tatsächlich jedes Mal die schicken Mädels und den Zeugwart. Manchmal sogar, ehe sie mich entdecken.
Bei km 19 stehe ich überragend gut platziert neben einer Polizistin in einer Kurve und kann so prima frühzeitig die Läufer in die Straße einbiegen sehen. Dem Zeugwart rufe ich sofort, als er die Straße betreten hat zu, dass wir zeitig essen und dass er großartig ist. Er läuft vollkommen abseits seiner angedachten Zeit und ich bin gespannt, ob er das tatsächlich noch bis ins Ziel bringt. Das müsste dann eine Bestzeit sein, da bin ich ziemlich sicher.
So schön
Wonder Woman kommt als nächstes. Sie strahlt über das ganze Gesicht und hat so richtig viel Spaß. Wenn man tatsächlich Zweifel daran hätte, ob laufen glücklich macht, dann sollte man einfach mal mit Wonder Woman laufen gehen, oder einfach so am Rand stehen, und ihr zusehen. Die Polizei ist schwer beeindruckt, vor allem, weil sonst viele Läufer hier bereits sehr leidend aussehen.
Ich bin wehmütig. Und das, obwohl ich weder trainiert habe, noch es besonders verlockend finde im Regen zu laufen. Immerhin hatte ich das bei meinem ersten Halbmarathon in Mainz auch. Trotzdem ist es komisch tatsächlich nur als Zuschauer hier zu sein. Als einziger in der Gruppe, alle anderen waren heute früh nervös und ich eben nicht. Und jetzt sind gleich alle im Ziel. Und ich stehe auf der anderen Seite vom Zaun. Und später sind alle geschafft… und ich auch… nur vom anfeuern. Irgendwie möchte ich nicht, dass das die Zukunft ist und bin froh, dass ich meinen Trainingsplan für die nächste Woche schon habe.
Jetzt biegt Karla Kolumna um die Ecke und ich erkenne auch sie schon von weitem. Das Outfit sieht super aus, aber was hält sie in der Hand? Eine Tulpe. Sie hält eine Tulpe. Ich stelle die fast schon obligatorische Frage, nach der Mutter von Nikki Lauda, weil das irgendwie eine Tradition ist und dazugehört. Sie antwortet und hat sogar noch Puste mir die Tulpe zu übergeben. Als sie vorbei ist, prüfe ich schnell den Streckenplan und gebe alles, um sie auf ihrem letzten Kilometer auch noch mal zu sehen und tatsächlich bin ich gerade so rechtzeitig da, da biegt sie um die Ecke.
Traditionelles Anfeuern
Ich mache einen auf Zeugwart und rufe ihr zu, dass ich sie sehen kann, und schon wird wieder etwas beschleunigt. Das war wirklich ein gutes Timing. Ich informiere die Anderen, die bereits im Ziel auf sie warten, dass sie nun ihren letzten Kilometer angefangen hat und nehme selbst die Beine in die Hand, damit ich möglichst schnell da bin. Aber gehend ist man eben viel langsamer als ein Läufer und so sehe ich sie noch nicht mal von Weitem durch das Ziel rennen. Wie erwartet, stehe ich dann gleich auf der anderen Seite des Zauns und betrachte die müden, glücklichen Athleten in Freiburg.
Während die sich dann umziehen und ein bisschen was essen, gebe ich noch ein Radiointerview, weil wir als Tricamper ja irgendwie immer in den Medien landen, und warte dann an den Umkleiden. Die Athleten sind alle auf einem Höhenflug. Der Lauf war für jeden prima, was mich wirklich sehr freut. Genau so sollte es auch sein. Monatelang auf etwas hin arbeiten und dann die Früchte ernten, ist eben genau der richtige Ablauf. Wir verlassen Freiburg heute am späten Nachmittag, nach einem Mittagessen voller Pläne und guter Vorsätze. Ich freue mich bereits jetzt auf den Frankfurt Marathon, wo die beiden Damen ganz bestimmt in diesem Jahr am Start sein werden. Ich stehe dann wieder an der Strecke.