Ich bin die ganze Nacht irgendwie nur am Dösen gewesen, wirklich geschlafen habe ich nicht. Zumindest hat es sich die Nacht über so angefühlt. Natürlich bin ich müde, als ich mich zum Frühstück anziehe, aber die letzte Nacht vor einem Wettkampf ist nicht so entscheidend, wie die Nächte davor, also ist alles gut. Ich habe jede vorherige Nacht gut geschlafen, die Letzte wird es deshalb nicht versauen. Unser Hotel, das Intercity Duisburg, bietet ein frühes Athletenfrühstück an und so sitzen wir hier um 5h mit Madita, Lisabeth, Lovis und ihrem Räuberhauptmann gemeinsam. 

Vor dem Start

Der Zeugwart und ich spulen dann unser Programm bis zur Abfahrt ab. Ich kontrolliere noch mal, ob ich im weißen Beutel alles für das Schwimmen habe. Wir sprechen über die Abfolge, wenn ich gleich in die Wechselzone komme und dann fahren wir los. An der Schauinsland Arena sieht es voll aus, aber es sind noch genügend Parkplätze frei. Wir gehen an der Expo vorbei und laufen in die Wechselzone. Hier ist vielleicht eine Aufregung. Wow. Ich gehe an mein Rädchen, packe die Rahmenflasche mit den Gels dran und die mit Iso gefüllte Flasche hinter meinen Sattel. Dann fasse ich die Reifen an und beschließe, dass der Luftdruck passt. 

Mein nächster Zwischenstop ist an den Beuteln. Hier packe ich noch eine Wasserflasche in meinen Radbeutel, damit ich mir die Füße abspülen kann. Dann ziehe ich meine Straßenklamotten aus und packe alles in den weißen Beutel. Und ich ziehe meinen Speedsuit an. Andere Wettkampfteilnehmer ziehen ihren Neo an. Ich schwimme lieber im Speedsuit und bei 22° C passt die Temperatur vom Wasser garantiert. Den weißen Beutel gebe ich ab und dann spaziere ich zum Schwimmstart. Hier entscheide ich mich für meine nicht getönte Schwimmbrille, weil die Sonne erst aufgeht hinter dem Wäldchen, das hinter der Regattabahn zu sehen ist. 

Ich küsse den Zeugwart und drücke viele meiner mitgereisten Freunde. Lovis trägt mir auf, dass ich für uns beide starte und sie sagt, dass es absolut ok ist, wenn ich länger brauche, sie hat heute nichts weiter vor. Walter Mitty sagt, dass ich einfach alles geben soll und dann bin ich in der Masse der Wettkampf-willigen. In der Startaufstellung schweigen sich die meisten an und schauen sehr konzentriert. Ein älterer Herr und ich erzählen ein bisschen. Wo er herkommt und warum er mitmacht. Irgendwie startet er anscheinend ständig irgendwo und Duisburg ist nur ein 70.3, von vielen. Ich erzähle, dass mein kompletter Fanclub auf der Tribüne sitzt und dass ich für Lovis und mich zusammen starte, weil sie leider nicht fit ist.  

Er wundert sich, dass er ein bisschen kribbelig ist. Und sagt, dass ihm sein Neo etwas eng sitzt heute. Ich trage ja meinen Speedsuit und kann deshalb beim Thema Engegefühl nicht mitreden. Kribbelig bin ich nicht. Als ein Anfeuerklatschmitmach-Thema angestimmt wird, weine ich auch gleich ein bisschen. Der ältere Herr verabschiedet sich und sagt, er muss noch mal aus dem Neo raus. Ich stehe zwischen den ganzen Schwimmern und es dauert wirklich eine halbe Ewigkeit, bis ich ins Wasser springen kann. 

Schwimmen

Schwimmen habe ich gut trainiert und dachte insgeheim immer, das wird die leichteste Disziplin heute. Ich springe also ins Wasser und habe alles vergessen. Zumindest scheint es mir so. Ich kraule zwar, aber weder ziehe ich richtig durch, noch fasse ich das Wasser richtig. Meine Beine gehen scherenartig auseinander und ich glaube, das Wasser und ich sind heute einfach keine Freunde. Feststellen tue ich das allerdings erst nach der Wende. Was aber besser ist, als es gar nicht festzustellen. Auf dem Rückweg ziehe ich also richtig durch und schaffe es auch mich an das Schwimmtraining zu erinnern. 

Zumindest ein kleines bisschen. Ich setze den Schwimmarmzug, die richtige Atmung und auch einen ordentlichen Beinschlag um und schwimme die gleiche Strecke auf der Regattabahn zurück, biege in den Kanal ein und höre meinen Namen. Lovis feuert mich an, als würde ich gewinnen. Ich muss lächeln, verschlucke mich kurz und schwimme zum Ponton. Auf der blauen Fläche angekommen, stehe ich auf und höre meinen Namen. So schnell kann es gehen und ich habe schon den ersten Teil geschafft. 1,9 km Schwimmen liegen hinter mir. Ich lächle, während ich in die Wechselzone laufe. 

Die Bilder in den IRONMAN 70.3 Duisburg Wettkampfberichten haben meine Freunde, Ingo Kutsche und die Fotografen der Firma Sportograf von mir gemacht.