An diesem Wochenende strecken wir die Fühler mal in Richtung Triathlon im Süden aus. Die Gelegenheit ist günstig, denn so können wir die Chefin und den Tonangeber bei der Challenge Roth anfeuern und Lovis und den Räuberhauptmann besuchen. So ein Wochenende ist für mich ja wie ein Kurzurlaub, denn ich habe es nicht so mit Dialekten und verstehe die Franken deshalb nicht besonders gut. Und weil auch alles in Franken anders ist, als im Rhein- Main- Gebiet, bin ich sofort im dörflichen Urlaubsmodus, als wir am Freitag bei Lovis ankommen. Die Planung für die Anfeuerer am Sonntag ist schnell gemacht, so dass wir in aller Ruhe nach Bamberg zum bummeln fahren, ausgiebige Quatschrunden machen und auf den Keller gehen können.

Ab nach Roth

Nachdem ich eine neue Gurkenliebe entdeckt habe, die Franken wissen gar nicht, wie gut sie es haben, geht’s am Samstag dann recht früh ins Bett, denn trotz der Nähe zu Roth wollen wir rechtzeitig da sein. Lovis braucht das komplette Triathlonerlebnis, denn die Frage, was sie für ein sportliches Ziel nach dem Hamburg Triathlon im Juli angeht, ist noch nicht vollumfänglich beantwortet. Wir parken in Heuberg, wo auf jeder Koppel gefühlt ein Campingplatz eingerichtet wurde, und bauen die mitgeführten Mountainbikes/ Crosser zusammen.

Die Musik und der erste Kanonenschlag, der den Start der Profis markiert, weisen uns den Weg zur Schwimmstrecke und damit zum Kanal. Der Zeugwart und ich waren schon mal hier, als wir mein Triathlonrad beim Buchstaller abgeholt haben, damals war es menschenleer und diese Massen waren für mich nicht vorstellbar. Jetzt allerdings brauche ich mir nichts mehr vorzustellen. Am Kanal ist es mehr als voll. Wir stehen in Zweierreihe, es ist nicht so, dass man nichts sieht vor lauter Menschen, aber hier sind ordentlich Zuschauer. Gut, ich habe auch nicht erwartet, dass irgendjemand noch in den vielen Zelten rumgammelt, während hier Triathlon passiert, das wäre ja ziemlich blöd.

Hilfsbereitschaft vom Feinsten

Wir bekommen von den anderen Zuschauern flix eine Einweisung. Hilfsbereit sind die Fans, hier ist keiner für sich, sondern es ist wichtig, dass jeder ein schönes Erlebnis hat. Wir erfahren, dass wir hier bei Schwimmkilometer 3,5 stehen, bekommen Tipps, wie es am schnellsten zur Radstrecke geht… da rennt man nämlich einfach den Berg rauf, beide Seiten der Brücke gehen. Und wir erhalten die Auskunft, wie wir später, wenn die Radstrecke uninteressant wird, am schnellsten nach Roth kommen. Das machen wir nämlich mit dem Rad einfach am Kanal entlang und dann über die Radstrecke. Aha. Wir nehmen die gleiche Route, wie die Athleten? Da bin ich ja mal gespannt. Auf der anderen Kanalseite erkennen wir Sarabi und den Sugardaddy, die Tricamp Familie hat wirklich keine Wege gescheut um ihre Coaches anzufeuern.

Beim Schwimmen erkennen wir ein paar Athleten, denn die schwimmen wirklich nur wenige Meter an uns vorbei auf dem Weg in die Wechselzone. Einen Landgang braucht es hier nicht, damit man seine Angehörigen mal zu Gesicht bekommt. Wenn man weiß, wo die stehen, kann man sich vom Prinzip her sogar abklatschen, so nah ist man aneinander dran. Ich will den Tonangeber nicht verpassen und marschiere geordnet schon mal vor an die Radstrecke. Und mit geordnet meine ich, dass ich nicht den steilen Berg hochrenne und wild über Leitplaneken klettere. An der Brücke, die über den Kanal führt harren wir dann aus, bis alle „unsere“ Athleten und noch zahlreiche mehr vorbei gefahren sind, dann machen wir es, wie praktisch jeder hier, und fahren zum Solarer Berg.

Das ist der Hit hier in Roth.

Vom Solarer Berg wird in Triathlonkreisen geschwärmt, das Hochgefühl lockt Anfänger, wie gestandene Mehrfachfinisher gleichermaßen, wenn die Menschenmassen am Berg jubeln, lässt das verständlicherweise kaum jemanden kalt. Wir platzieren uns am Fuße des Solarer Berges. Irgendwie ist mir eine Menschenmasse, die unabgesperrt direkt neben den Radlern auf Tuchfühlung steht, nicht geheuer. Ich sehe Unfälle, die sicherlich passieren könnten und bin vom Konzept nicht ganz so überzeugt. Überraschenderweise ist das ein richtiger Glücksfall, denn dort, wo wir uns platzieren, ist die Heimat eines der größten Challenge Roth Anhänger, die es gibt.

Hausnummer 5 kann ich wirklich jedem empfehlen, der den familiären Charakter, den viele Triathleten an diesem Rennen so schätzen, kennenlernen möchte. Wir stehen keine fünf Minuten da um anzufeuern, da bringt der Bewohner erste Schnittchen, serviert Getränke und bietet auch seine Toilette zur Benutzung an. Diese Triathlonveranstaltung ist sein absoluter Lebensinhalt.

Wir warten hier, bis der Tonangeber uns ein Zeichen gibt, dass er sich nach wie vor der Dringlichkeit der frühen Nahrungsaufnahme bewußt ist und die Chefin uns anstrahlt, als wären wir die Allerbesten. Ihr Lächeln entschädigt mich sofort für die Hitze und dafür, dass mir ständig Menschen vor die Linse laufen, obwohl ich versuche ein paar schöne Bilder zu schießen. Etwas verwundert bin ich darüber, dass die Radfahrer, egal wo wir sie auf der Strecke sehen, rechts und links überholen, jegliche Straßenseite benutzen und es irgendwie wenig reglementiert wirkt. Momentaufnahmen, klar, aber vom Rechtsfahrgebot machen wirklich die wenigsten Gebrauch.

Messebesuch

Am Ende der ersten Runde marschieren wir übrigens doch auf den Solarer Berg hinauf. Wir sehen wie sich die Profis, die die zweite Runde absolvieren rechts und links der Agegrouper durchdrängeln und wie Menschen wirklich nur sehr knapp von den Rädern gestreift werden. Ich bin froh, dass nichts passiert. Irgendwie ist das, was die meisten so toll finden, für mich heute eher beängstigend. Nach einem kurzen Aufenthalt mit jeder Menge Jubel, schnappen wir uns die Räder und fahren zur Messe. Die ist in Roth riesig und wir verbringen mehrere Stunden damit Angebote zu sichten und Neuigkeiten zu entdecken.

Als der Sieger, Sebastian Kienle, angekündigt wird, marschieren wir -wie gefühlt jeder hier- in das Stadion, was rund um den Zielbogen errichtet ist und jubeln ihm zu. Endlich hat er auch dieses Karriereziel erreicht, das freut mich irgendwie für ihn. Anscheinend hat er lange daran geknabbert und darauf hingearbeitet. Prima, wenn es dann klappt. Ich erfahre, dass man in der Vergangenheit für das Zusehen des Zieleinlaufs bezahlen musste und finde das etwas komisch. Aber damit stehe ich alleine da, denn die Fotos sprechen für sich, das Stadion war auch in der Vergangenheit immer voll.

Ab zum Laufen

Beim Triathlon führt der Weg vom Radfahren irgendwann automatisch zum laufen und so geht’s auch dem Tonangeber und der Chefin. Beide wechseln auf die Laufstrecke, während wir eine Pause vom Tag im Biergarten machen. Ich kann mir heute gar nicht vorstellen, wie ich jemals so fit werden könnte, dass ich eine Langdistanz ins Ziel bringen könnte. Es ist unfassbar heiß und ich bin zusätzlich so richtig müde. Meine Kondition ist einfach wirklich schlecht und meine Versorgungslage habe ich auch nur mehr schlecht als recht im Griff, obwohl Lovis uns hervorragend mit Frühstück und Pausensnacks versorgt hat. Ich habe offenbar wirklich viele Baustellen.

Um unsere Athleten auch noch mal auf der Laufstrecke zu unterstützen, wechseln wir am Nachmittag in Richtung Kanal, wo gelaufen wird. Der Tonangeber schaut mittlerweile wenigstens ein bisschen gequält, wenn er uns sieht. Ich freue mich aber, dass er gut drauf ist und dieses Rennen ganz sicher locker beenden wird. Auf der Laufstrecke geht’s auch familiär zu. So werden die Läufer nicht nur lautstark vom Rand aus unterstützt und können mit Musik im Ohr laufen, sie werden auch des öfteren begleitet, was natürlich ziemlich cool ist, um zu erfahren, wie es dem eigenen Athleten wirklich geht. Ein Rennen für Genießer, wenn man davon auf einer Langdistanz überhaupt reden kann.

Landkreisliebe

Nachdem wir die Chefin auch noch mal gesehen haben und sie bestätigt hat, dass sie trotz aller Widrigkeiten heute doch ins Ziel kommen will, fahren wir zum Auto zurück. Ich bin fix und alle. Erstaunlich, wie sehr ein Tag anfeuern schlauchen kann. Ich will gar nicht daran denken, wie ich mich fühlen würde, wenn ich auch noch mitgemacht hätte. Wobei man mitmachen natürlich besser trainieren kann, als anfeuern, das ist auch klar.

Ich bin auf jeden Fall sehr beeindruckt von der Triathlonliebe des Landkreises, von der Freundlichkeit der Dörfler, die ihr Triathlonevent lieben und im Herzen tragen und von der riesigen Messe. Und am allermeisten bin ich begeistert vom Kampfgeist der Chefin, von ihrem Durchhaltevermögen, ihrem Willen und ihrer Liebe zum Sport, und vom Tonangeber, weil er es einfach durchzieht. Weil es Challenge heißt und nicht Fete und weil er das tut, was er seinen Athleten immer predigt. Ausgiebig trainieren und dann einfach machen.