Wie von vielen lange erwartet, regnet es heute und zwar dauerhaft und richtig. Als ich aufwache prasselt es draußen, außerdem bin ich müde und merke meine Beine. Wahrscheinlich von meinem krassen Lauf gestern? 
Der Zeugwart soll heute 4 Stunden Fahrrad fahren. Da frage ich mich doch, ob der Trainer den Wetterbericht nicht kennt? Nun ja, ich will mal nicht so kleinlich sein. Wird schon seinen Sinn haben, denn auf dem Weg zu großen Zielen gilt: was sein muß, muß sein. Der Zeugwart ist also mit vier Stunden gesetzt. Auf meinem Rehaplan steht heute Rolle fahren. 45 Minuten will der Trainer. Allerdings habe ich heute etwas anderes vor. Ich möchte draußen Fahrrad fahren. Das weiß der Trainer natürlich nicht. Ich habe es ihm nicht gesagt, weil es ja nie sicher ist, ob so ein guter Vorsatz auch in die Tat umgesetzt wird. 
Besser positiv überraschen als den Plan nicht erfüllen. Ganz klar. 
Der Zeugwart überredet mich, mit ihm zusammen draußen zu fahren. Er hat vollkommen recht, denn es bringt nichts, wenn ich es immer vor mir herschiebe. Ich habe alle passenden Klamotten um auch bei Regenwetter unterwegs zu sein, warum also nicht? Stimmt. Also ziehe ich mich mal wieder gemeinsam mit dem Zeugwart an. Das war schon lange nicht mehr der Fall. Es ist nicht besonders kalt draußen, aber eben regnerisch und windig. Also greife ich zur Windstopperhose und zum gleichartigen Shirt und ziehe eine Regenjacke drüber. Außerdem meine „dicken“ Handschuhe.  Meine Sportbrille habe ich seit dem Unfall noch nicht ersetzt… also greife ich zum Ersatzexemplar. Sieht ein bisschen komisch aus, aber egal. Wahrscheinlich ist bei dem Wetter eh keiner draußen außer uns. 
Wir fahren los und ich bin total verkrampft. Mein rechter Ellbogen tut mir seit dem Unfall weh, wenn ich den Arm richtig durchstrecke. Allerdings haben wir wegen Knie, Zähnen und Allgemeinbefinden hier nichts weiter getan. Zu viele Baustellen sind auch nicht gut und ich bin sicher, das wird auch irgendwann nicht mehr schmerzen. Wenn ich nun aber so verkrampft Fahrrad fahre, dann merke ich den Ellbogen massiv. Das lenkt ein bisschen ab. 
Wir fahren topfeben (bis auf ein paar Rampen, die tatsächlich vernachlässigbar sind) und drehen nach guten 45Minuten um. Da macht der Zeugwart auch ein Erinnerungsfoto von mir. 
Man kann den Dreck gut sehen, den das Rennrad bis fast zum Haaransatz hochgespritzt hat. Ich habe über die Monate anscheinend vergessen, dass es ratsam ist langsam durch Pfützen zu fahren. Nun ja. So hat die Regenjacke auch gleich doppelt ihren Sinn erfüllt. Wir bekomme nämlich auch einen ordentlichen Regenguss ab.
Nach dem Wendepunkt geht’s mir irgendwie besser. Ich krampfe nicht mehr so extrem, ich habe mich an die hohe Trittfrequenz gewöhnt und ich kann ganz rund strampeln. Der Zeugwart ist überrascht und meldet, sogar er würde nun in seinem GA1 Bereich fahren. Ich freue mich. Angst habe ich derzeit keine und ich kann mir sogar vorstellen, dass ich gerade alleine fahren könnte. Mein Puls ist angestrengt aber nicht panisch, mein Herz klopft nicht bis zum Hals und der atemregulierende Kloß im Hals der mich die letzten Radausfahrten begleitet hat, ist verschwunden. Gut, dass es windig ist und ich sowieso ein paar Tränchen verdrücke, weil die Ersatzbrille nicht so gut abschirmt, wie die normale. Ist irgendwie schon überwältigend, wenn man auf einmal ohne Not Rad fahren kann. Als wäre ein Knoten geplatzt. Oder eben ein Kloß weggeschluckt. 
Wir sind nach 30km und 1:20h wieder zu Hause. Ich kann es kaum glauben und muß erst mal ein bisschen neben dem Rädchen stehen bleiben. Währenddessen sprintet der Zeugwart hoch, zieht sich die Laufschuhe an und ist auch innerhalb der nächsten Minute schon verschwunden. Er ist eben doch ein Wechselkönig. Irgendwann kriege auch ich die Kurve und lasse mein Rad los. Näher betrachtet muß es dringend abgewaschen werden. Und das vom Zeugwart auch. Also hole ich mir einen Eimer mit Wasser und rücke den beiden Dreckschleudern zu Leibe. Ordnung muß sein und Sauberkeit eben manchmal auch. 
Die Dusche ist einfach prima… so ganz ohne Kloß.