Erfreulicherweise ist der Sommer endlich auch im Rhein-Main Gebiet angekommen und wir haben tatsächlich seit ein paar Tagen kontinuierlich gutes Wetter. Deshalb wollen wir heute die RTF in Neu-Isenburg auch zeitig beginnen. Wir bekommen zusätzlich mittags noch Besuch, also ist ein zeitiger Aufbruch und eine damit verbundene frühe Rückkehr perfekt. Unser Triathlon Team möchte lieber später fahren, und weil ich auch nicht so sicher bin, mit welcher Geschwindigkeit den 76km heute entgegen getreten wird, verabreden wir uns mit der Männerfahrradgruppe und brechen heute früh nach Neu-Isenburg auf.

Temperatur

Heute ist irgendwie der erste Sonntag, wo das Outfit glasklar ist und nicht noch an entweder eine Regenjacke, oder eine Windweste, oder einen Windstopper, Überschuhe oder Armlinge gedacht werden muß. Wir ziehen kurz/kurz an und fertig. Heute werden es 30°C und bereits jetzt sind es deutlich über 20°C, also kein Grund für weitere Schichten. Einfach perfektes Radlerwetter. Vom Männerteam tritt heute nur Flash mit uns zusammen in Erscheinung, alle anderen haben sich entweder unangenehme Krankheiten eingefangen, oder sind nicht verfügbar. Wir bilden allerdings auch zu dritt eine gute, harmonische Gruppe.

Mit den Großen

Die ersten Kilometer komme ich nicht vom Fleck. Mit zwei Kämpfern, wie dem Zeugwart und Flash am Start, hat man als Frau allerdings nichts zu lachen. Wer mit den Großen spielen will.. mitgehangen, mitgefangen. Ich werde auf keinen Fall abreissen lassen, lieber ändere ich meinen Trainingsplan spontan. Wir fahren uns so 15km ein und legen dann mit Geschwindigkeit los. Eigentlich wechseln wir uns im Wind auch immer mal ab, ich muß aber tatsächlich heute eher weniger ran, wahrscheinlich, weil die Herren heute gut schneller unterwegs sein könnten und durch mich, wie so oft, einfach nur massiv eingebremst werden. Aber wer sich entscheidet mich mitzunehmen muß eben auch damit rechnen, dass ich nicht dauerhaft 40km/h fahren kann.

Wenn es mal abreisst, dann schaffe ich es allerdings super wieder ran zu fahren. Ich gehe dann einfach auf den Auflieger und geb‘ ein bisschen mehr Gas. Echt klasse, wie das heute so klappt. Wir erreichen die erste Verpflegungs- und Stempelstelle wie im Flug. Ich kann mich erinnern, hier waren wir im letzten Jahr mit den Vereinsmädels auch. Hier gibt es für die Männer einen Schluck Faustbier und schon sitzen wir wieder auf dem Rad und biegen vorne rechts ab. Wir fahren heute die 75km-Runde. Es geht hier leicht Berg an und ich bleibe einfach an Flash dran, der gerade vorne fährt. Normalerweise lasse ich bei Anstiegen ja immer abreissen, aber heute habe ich mir überlegt, dass sowas ja leider den Km-Schnitt immer voll runterzieht, also bleibe ich dran.

Gruppen

Wir sammeln ganz viele kleine Gruppen ein, während wir eine tolle Fahrharmonie durch die Sonne auf die Straße zaubern. An manche müssen wir uns langsam ranarbeiten, ehe wir zum Überholen ansetzen, manche fallen einfach so in die Opferrolle und wir müssen gar keinen kurzen Zwischensprint an den Tag legen. Bei uns läuft es einfach. Die Männer haben auch unheimlich viel Energie und ich glaube, weil ich heute auch ganz gut mitfahre, machen sie sich über die Geschwindigkeit auch gar keine Gedanken mehr.

Warten

Irgendwann, als ich mal wieder hinten fahre, höre ich, wie der Zeugwart nach vorne ruft, dass wir jetzt aber mal warten sollten. Weil ich nicht weiß, auf was oder wen, denn Weihnachten ist ja noch so weit weg, fahre ich kurz neben ihn und frage. Da ist er aber überrascht und ändert sofort die Order. Sie ist da, wir brauchen nicht warten, sagt er und Flash schaltet und fährt weiter. Ach so. Mann hatte noch nicht mit mir gerechnet. Das spornt an. Wir befinden uns jetzt wieder auf der 45k Runde und haben noch ungefähr 20k bis zum Ziel. Wenn die 75km als Längenangabe für diese Runde stimmen. Müssten sie aber, weil auch der GPSies File genau diese Kilometerangabe hat.

Unfassbar

Jetzt gibt es keinen Grund mehr langsam zu machen. 20km gehen immer. Wir sehen am Horizont eine größere Gruppe Radfahrer, alle im roten Trikot, und arbeiten uns ran. Der Zeugwart und Flash haben eine gute Geschwindigkeit und ziehen in einem Atemzug an den roten Radlern vorbei, bei mir reicht es nicht ganz. Ich habe Bedenken, weil die Gruppe ordentlich groß und es nicht sinnvoll ist auf der Hälfte des Überholmanövers dann abbrechen zu müssen. Wenn man überholt, dann schnell und zackig. Und komplett. Zwischendurch einscheren ist was für Mädchen. Das kommt nicht in Frage.

Ich darf nicht zu langsam werden, die Herren fahren 27km/h und das drückt meinen Schnitt. Das finde ich blöd und setze deshalb zum überholen an. Nachdem ich kurz durchgeatmet habe, fällt mir das recht leicht und auf dem Auflieger tief unten, drücke ich bis deutlich über 45km/h an der roten Radiergruppe vorbei. Wegen einer Engstelle auf der Strasse, mache ich dann aber kurz wieder langsamer, und zack, fahren lauter rote Radler an mir vorbei. Ich lache mich tot. Jetzt geht es auf einmal schneller als 27? Wenn ein Mädchen überholt? Unfassbar. Diese Männer haben wahrlich kein Schamgefühl.

An der roten Ampel wundern sie sich beim Zeugwart und bei Flash darüber, was sie da eben für ein kleines Ding überholt hätte und fragen mich, ob ich ein Liegerad hätte. Nein, das ist kein Liegerad, ich habe nur meinen Stolz und kann akzeptieren, dass andere einfach schneller sind als ich. Aber egal. Der Club der roten Radler versteht den Hinweis sowieso nicht und versucht weiterhin an uns dreien dran zu bleiben. Fix und fertig fahren sie auch in unserer Nähe zum Ziel. Die armen können kaum vom Rad steigen. Unfassbar… und auch irgendwie etwas albern.

Nachdem ich für die Männer Kuchen und Faustbier besorgt habe und der Mann am Bierverkauf mich fragt, ob ich sie in Grund und Boden gefahren hätte, weil sie mich jetzt Bier holen schicken, fahren der Zeugwart und ich nach nur 2,5 Stunden radeln wieder heim. Das war eine wunderbare Radausfahrt, der Besuch kann kommen.