Tatsächlich war das Schokoladenmuseum kein Traum. Als ich heute die Augen aufschlage, liegt meine selbstgemachte Tafel auf dem Wohnzimmertisch unseres Apartments und strahlt mich mit Kokosflocken, roten Pfefferkörnern und Chilli an. Warum ich mich gestern gegen St. Pauli – Streusel entschieden habe, kann ich heute früh nicht mehr nachvollziehen. Muß ich aber auch nicht, denn der Zeugwart und ich sputen uns etwas beim Frühstück, um dann pünktlich zur vor-reservierten Zeit im Miniaturwunderland in Erscheinung zu treten.
Hier waren wir bereits öfter und trotzdem ist es nie eine Wiederholung. Es gibt immer etwas Neues, stets wird hier weitergebaut und permanent kann man andere Sachen entdecken. Ob man die nur übersehen hat, oder ob die dann erst für den nächsten Besuch dazugebaut wurden, lässt sich natürlich nicht mehr rausfinden, es ist aber per se auch eigentlich egal. Und zwar so richtig egal. Ich freue mich über jede Entdeckung, die ich im Miniaturwunderland mache und der Zeugwart und ich sind stundenlang damit beschäftigt auf Knöpfe zu drücken und die Landschaften bei Tag und bei Nacht zu bewundern.
Mittlerweile sind viele Stunden vergangen. In Rom ist jetzt die Hölle los, in Skandinavien stapeln sich förmlich die Besucher und der Flughafen ist dauerbesetzt mit Staunern. Es ist wirklich unfassbar, wie viele Menschen sich vermeintlich für Eisenbahnen begeistern können. Und dabei finde ich, dass die Landschaften, und was so neben den Eisenbahnen abgeht viel interessanter, als die Tatsache, dass da auch mal ein Zug vorbeikommt. Ganz ohne Züge wäre es natürlich auch nichts. Das ist klar.
Am frühen Nachmittag entscheiden wir, dass es nun Zeit für die Innenstadt und die Expo ist. Wir verlassen das Miniaturwunderland und können gar nicht genug reden, um alle Eindrücke auszutauschen. Als wir dann aber die Chefin und den Tonangeber auf der Expo treffen, ändert sich der Fokus. Der Tonangeber sattelt gerade sein Rad um die Ironman Radrunde abzufahren und sein Training zu absolvieren, während die Chefin den Messestand im Griff hat. Der Langdistanz Wettkampf war für den Tonangeber irgendwie schon abgehakt, aber dann hat er sich für den Start in der Hansestadt entschieden. Mit einem Ironman in Hamburg hat ihn der Veranstalter mitten ins Herz getroffen.
Der Zeugwart und ich spazieren ausgiebig über die Messe und tauchen ein, in den Gefühlspool der Athleten. Die Luft knistert, fast wie am Römer in Frankfurt, wenn die Rennwoche angebrochen ist. Morgen geht es los, für zahlreiche Altersklassenathleten auf der Jedermanndistanz und für die Profis im Einzelsprint. Heute ist die buchstäbliche Ruhe vor dem Sturm.
Abends geht es für uns ins Portugiesenviertel. Wir treffen uns mit dem Fincatrupp von Mallorca und knüpfen sofort da an, wo wir im Trainingslager aufgehört haben. Es ist, als hätten wir uns niemals verabschiedet, wir sind sofort mitten drin, wir haben Gesprächsstoff, wir sind Freunde. Obwohl wir nur eine Woche miteinander verbracht haben, kann ich sofort mit Sarabi quatschen, als wären wir gerade gemeinsam geradelt und würden jetzt erschöpft bei einer Kuchenpause sitzen. Die Monate dazwischen sind wie weggepustet. Mit ihr ist es wie mit dem Tonangeber und der Chefin, ich habe ein gutes Gefühl, es ist wie heim kommen, wie niemals weg sein und an einem Strang ziehen. Unsere Leistungsfähigkeiten unterscheiden sich maßgeblich, trotzdem verstehen wir uns.
Weil man nicht mehr oder weniger wert ist, wenn man einen Ironman macht, oder als Unterstützer an der Strecke steht. Weil es egal ist, welche Distanz man macht, weil es die Leidenschaft ist, die zählt. Wie die Chefin und der Tonangeber es jährlich schaffen, die Finca gerade mit solch wertvollen Menschen zu füllen, weiß ich nicht, aber ganz offensichtlich klappt es prima. Ich weiß schon jetzt, dass wir mit Sarabi schwer mitfiebern werden, wenn sie in Hamburg ihren Ironman macht. Und dem Tonangeber werde ich selbstverständlich bereits im Vorhinein mehrfach mitteilen, dass wir zeitig essen. Wie empfänglich er für solche Hinweise ist, das werde ich mit ihm am Sonntag schon mal ausprobieren. Da startet er nämlich über die Olympische Distanz. Der Zeugwart und ich sind da, und geben alles.