Irgendwann ist immer das erste Mal. Oder es ist wieder das erste Mal. Es fühlt sich manchmal ja so an, als wäre etwas das erste Mal, dabei hatte man das Erlebte schon mal. Man hat es nur verdrängt. Vielleicht, weil der Weg dorthin steinig und schwer war? Oder es ist etwas passiert, dass alles positive nach hinten gedrängt hat? Gerade beim Laufen gibt’s für mich in den letzten Jahren wenig Momente, wo ich die Gedanken schweifen lasse. Ich bin seit den Unfällen und den damit verbundenen Einschränkungen konzentriert. Hochkonzentriert sogar. Laufen ist für mich anstrengend. Es dient dem Training, nicht der Entspannung. Erst ging es ums Knie, jetzt geht es oft um die Luft und ums Knie. Es nimmt nicht ab, ich hab sogar den Eindruck, dass ich die Probleme anhäufe.

Aber ich lasse mich nicht unterkriegen.

Ganz einfach. Nicht von Ärzten, die sagen, dass etwas nicht geht. Oder von mitleidigen Blicken, weil ich eine Gehpause gebraucht habe. Das wäre ja noch schöner, wenn mir Andere solche Grenzen ziehen. Das möchte ich doch schon selbst machen. Oder eben auch nicht. Heute ist also mal wieder ein erstes Mal. Wie schön. Es ist ein positives erstes Mal, was die ganze Sache umso besser und erfreulicher macht. Dieses erste Mal gab es natürlich schon. In der Vergangenheit. Aber nicht kürzlich, was es damit wieder zu einem erwähnenswerten ersten Mal macht.

Auf meinem Trainingsplan von Coach Amy steht heute wieder ein Lauf drauf. Ich soll, genau wie in der letzten Woche, eine Strecke von 2,4 km laufen, also 1,5 Meilen. Der Algorithmus im Garmin Trainingsplan wiederholt einfach die letzte Woche. Allerdings ist das auch nicht ganz gegen meine Erwartung. Macht ja auch Sinn, sich erneut mit einem langsamen Aufbau an die 2 Meilen heranzutasten. Nicht, dass ich da auch alleine drauf kommen würde, das ganz bestimmt nicht. Aber wenn ich einen solchen Plan eben sehe, dann macht für mich Sinn. Ich bin derzeit ja in Woche 6 und so wird Coach Amy mich also langsam an die 2 Meilen und dann über 2,5 Meilen an die 3 Meilen ranführen. Und die paar hundert Meter, die schafft man dann eh.

Ich ziehe mich heute Nachmittag also um, weil ich meine Mittagspause heute draußen verbringe. Der Regen hat aufgehört und es ist ziemlich schwül. Statt wie beim letzten Lauf einfach direkt vor der Haustür loszulaufen, gehe ich die zwei Minuten flott. Und als der Countdown dann zum kontinuierlichen Laufen aufruft, klappt es tatsächlich deutlich besser, als letztes Mal. Es ist dabei nicht so, dass ich mich großartig strecke oder recke, wenn ich gehe. Aber es ist wirklich ein Unterschied, wie Tag und Nacht. Erst ein paar hundert Meter walken, und dann geht’s los. Und zwar leichtfüßig.

Das Laufen fällt mir heute nicht schwer. Es ist das erste Mal seit ewigen Zeiten, wo ich einfach laufe. Natürlich muß ich gut schnaufen, weil es schwül ist. Und ich hab sicherlich auch einen hohen Puls.

Aber ich habe Freiheit!

Das ist wichtig. Ich laufe einfach, weil es mir gut tut. Ich schaue nicht auf die Uhr und quäle mich noch 1km oder 500m oder 300m. Der Countdown piepst und kündigt das Cool-down Gehen an. Und dann gehe ich. Aber es ist bis dahin keine Quälerei. Ich laufe, weil es eben normal ist und es sich gut anfühlt. Natürlich laufe ich als Training und ich möchte ja am 1. August auch die 5km am Stück laufen können. Aber das ist nur ein Mittel zum Zweck. Das eigentliche Ziel sind nicht nur 5km am Stück. Das eigentliche Ziel ist die Lockerheit beim Laufen. Raus gehen, eine Laufrunde drehen und dabei die Gedanken schweifen lassen. Das ist das Ziel. Eine übliche 5, 8 oder 10km lange Runde drehen, das will ich wieder machen können.

Ich bin heute knapp vor dem Regen daheim und freue nich den ganzen restlichen Tag über diesen ersten kleinen Erfolg.