Eine weitere Woche praktisch ohne jeden Kontakt zu Menschen, außer natürlich dem Zeugwart, geht ihrem Ende entgegen. Wer hätte das geglaubt, Anfang des Jahres, als in China auf die Schnelle ein Krankenhaus in ein paar Tagen in die Höhe gezogen hat? Ich wettere ja schon viele Jahre dagegen, dass man in Deutschland amerikanische Nachochips kaufen kann oder Erdnußbutter, statt das man sich sowas lediglich als Urlaubsmitbringsel beschafft. Aber die Globalisierung hat natürlich auch viele Vorteile. Klar. Ich bin ja nicht blöd. Und ja, nicht reisen ist auf Dauer auch keine Lösung. Trotzdem bin ich über die Dimension, die diese Krise mittlerweile annimmt, erstaunt.
Wir sind ziemlich entschleunigt, weil wir uns seit Wochen ausschließlich einmal die Woche mit der Essensplanung befassen, einmal die Woche Lebensmittel einkaufen. Mittlerweile prüfen wir, ob andere Dinge wirklich notwendig sind. Meist schauen wir erst, ob wir nicht etwas, was wir sowieso besitzen, nutzen können. Wir sortieren längst überfällige Sachen aus. Unseren Pflanzen geht es so gut, wie selten, weil sie regelmäßig gedüngt und gegossen werden. Die Krise lässt mich die Zeit anders nutzen. Sonst fahre ich zwei mal am Tag quer durchs Rhein-Main-Gebiet zur Arbeit und jedes Wochenende ist mit Treffen gespickt.
Das alles fällt derzeit flach. Eine neue Dimension der Freizeitgestaltung eben.
Ich bin richtig froh, dass wir uns schon vor Jahren mit den Utensilien ausgestattet haben, die wir für das Indoor Training brauchen. Neben der Rolle und den Sprintboards haben wir ja auch alles Mögliche um unser Athleiktraining zu machen. Nur ein Laufband fehlt uns. Allerdings bin ich mir unsicher, ob man das wirklich braucht. Obwohl es natürlich eine schöne Sache wäre. Ich habe aber wirklich ein kleines bisschen Hoffnung, dass der Zustand der sozialen Isolation nicht so lange anhält, und das berühmte Abflachen der Kurve schnell eintritt. Obwohl die Menschen bei schönem Wetter ja alle Anordnungen zur Vorsicht vergessen. Mittlerweile gibt es ja sogar Strafen, die gezahlt werden müssen.
Dummheit entdeckt
Dabei kann es auch so einfach sein. Heute arbeite ich länger als geplant und habe auch zum Abschluss wirklich blöde Themen. Wenn man einfach nicht verstanden wird, weil das Gegenüber dämlich ist, kann mich das schon nerven. Und in so einer Krise zeigt sich ja erst das wirkliche Können der Menschen. Wenn alles gut läuft, dann kann man jemanden, der eben eigentlich eine Fehlbesetzung ist, doch noch mal gut mitschleifen. Da es jetzt aber drauf ankommt, fallen solche Fehlbesetzungen eben auf. Und zwar negativ. Das ist gar nicht mal so schlecht und könnte mir die Zeit nach der Krise entsprechend vereinfachen. Sollte es dann alles irgendwie noch so sein, wie ich es erwarte, was ja nicht gesagt ist. Allerdings eröffnet sich so eben eine neue Dimension für die Vorgesetzten. Vieles wird klarer.
Heute fahre ich die 6. Etappe der FulGaz Tour of Europe. Nummer 6 von insgesamt 7 Etappen, die diese Tour of Europe per Definition eben nun mal hat. Das Höhenprofil ist topfeben, aber ich vertraue darauf besser noch nicht, bis ich die Ausfahrt tatsächlich geöffnet habe. Manchmal ist der Maßstab nämlich verzerrt, was mich auf eine vermeintlich flache Strecke schließen lässt, die sich dann als verrückt hügelig heraus stellt.
Das Höhenprofil, nachdem ich die Fahrt gestartet habe, ist allerdings weiterhin vielversprechend und wie ich es erhofft hatte, dieser Kurs durch Holland bietet nicht viele Erhebungen. Es geht grottenflach 20km lang durch die Natur. Das allerdings macht es nicht weniger anstrengend, es macht es nur weniger bergig. Ich trete natürlich trotzdem ordentlich, immerhin will ich den Tricampern, deren Trikot ich heute auf der 6. Etappe mal wieder trage, Ehre machen. Und ich will hier natürlich auch nicht ewig sitzen, um dann so eine Bummelfahrerei zu machen. Das ist schließlich nicht Sinn der Sache.
Ich fahre tatsächlich nur minimal langsamer, als der Kamerafahrer. Das gibt dieser Sache eine ganz neue Dimension! Fantastisch. Jetzt darf mir natürlich keiner sagen, dass der Typ eben besonders langsam gefahren ist. Logisch, oder? Als ich absteige freue ich mich richtig darüber. Im Grunde ist die Zeit aber natürlich egal, wie bei jeder anderen Etappe auch. Entscheidend ist, die Etappe ist gefahren! Und weil zu so einer Radausfahrt für gewöhnlich auch öfter mal ein Stück Kuchen gehört, esse ich im Anschluß ein Ministück Käsekuchen. Den habe ich nämlich heute im Zwergenformat gebacken. Immerhin mache ich ja mit der vielen Fahrerei fast ein Trainingslager.