Mittlerweile gehe ich gute zwei bis drei mal in der Woche mit einem Müllsack und dem Greifer spazieren. Ob das cool ist, da bin ich mir immer noch nicht sicher. Ich fülle große Müllsäcke, und manchmal finde ich auch wirklich nur wenig Müll. Ist das dann ein Erfolg? Oder ist ein voller großer Müllsack ein Erfolg? Meine Laufstrecken sind also regelmäßig mal sauber. Leider aber auch ganz regelmäßig eben nicht. In unserer Stadt stört mich der Müll nur bedingt. Also wenn bei den Leuten auf dem Bürgersteig vor dem Haus der Müll rumfliegt, dann laufe ich einfach vorbei. Ich bin der Meinung jeder kann vor seiner eigenen Haustür fegen oder die Sachen wegräumen. Und ich finde auch, dass das zu den Aufgaben eines Hausbesitzers gehört.

Ob das tatsächlich so ist, das weiß ich natürlich nicht. Ist mir auch egal. Die Menschen machen so viele eigene Regeln, da wird es auf diese Eine mehr oder weniger sicherlich nicht ankommen.

Mein Weg, mein Wunsch, mein Machen

Meine Laufstrecken im Naturschutzgebiet aufzuräumen oder im Wald den Müll einzusammeln, das ist schon was Anderes. Zumindest aus meiner Sicht. Ich mach das für mich. Wenn ich in die Natur gehe, dann will ich da auch Natur sehen und erleben. Auf weggeworfene Taschentücher zu schauen oder auf to-go Kaffeebecher, das hat mit Natur genießen nichts zu tun. Zumindest nicht aus meiner Perspektive. Das darf aber natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Auch, ob das cool ist, einfach etwas wegzuwerfen, weil es ja entweder in 700 Jahren verrottet ist, oder es schon irgendwer aufsammeln wird. Die Selbstverständlichkeit etwas hinzuwerfen, weil es ja die Stadtreinigung gibt, die gibt mir ein ganz deutliches Bild auf die Gesellschaft, in der wir leben.

Wahrscheinlich sind solche Übermenschen auch der Meinung, dass man bestimmte Berufsgruppen nicht grüßen muß, weil sie eben Untergebene sind? Dafür da den Dreck wegzumachen? Oder nicht so toll gekleidet sind?

Ist mir auf jeden Fall total unverständlich wie man so sein kann.

Jeder sollte das, was getan werden muß, tun. Und wenn ich dafür in Jeans und Pulli rumlaufe und ein Anderer eben im Anzug, dann macht das meinen Job nicht besser oder schlechter. Natürlich darf jeder das tun, was er oder sie für richtig hält. Da schreibe ich keinem etwas vor. Aber wer denkt, dass Taschentücher im Wald sicherlich innerhalb kürzester Zeit verrotten, wenn sie noch nicht mal mehr in der Waschmaschine zerfleddern, der hat eben einfach keine Ahnung. Und wer Glasflaschen oder Pappbecher in den Wald schmeißt, oder auf das Feld, weil sie zu schwer sind um sie zum Mülleimer oder womöglich mit heim zu nehmen, den packe ich eben auch in eine ganz bestimmte Schublade. Die Person mich aber bestimmt auch.

Müll aufsammeln

Wir sind viele

Erfreulicherweise habe ich oft das Gefühl, dass die, die den Wald und die Natur nicht voll müllen, in der Mehrzahl sind. Trotzdem schafft es die Minderheit an Wegwerfmenschen leider auf alle ein schlechtes Bild zu werfen. Ist ja oft so, viele machen etwas toll, ein paar wenige machen Mist und alle müssen darunter leiden. Da werden wir nicht raus kommen. Weder beim Coronamist, noch beim Müll Thema. Achtlos weggeworfener Müll wird uns, so denke ich, immer begleiten. Weil es immer Ignoranten geben wird, die denken, dass sie ja Steuern zahlen und man ihnen deshalb hinterher putzen muß. Und natürlich gibt’s auch immer die, die mir, so wie heute auch, sagen, dass sie das toll finden, dass ich den Müll aufsammle. Sie hätten daran auch schon mal gedacht.

Zwischen daran denken und etwas machen ist halt leider noch ein kleiner Unterschied. Aber immerhin nicht mehr so ein Großer.

Sonntagserholung

Und ich kann auch jeden verstehen, der seinen Sonntag nicht damit verbringt Dosen, Flaschen, Masken, Taschentücher, Kronkorken, Zigarettenkippen oder Socken in einen Sack zu sammeln. Allerdings verstehe ich die Leute dann auch nicht, die sich darüber beschweren, dass so viel Müll rumliegt. Wenn man immer hofft, dass sich jemand anderes kümmert, dann ist man oft ziemlich verlassen. Zumindest ist das meine Erfahrung bisher. Das meiste erreiche ich immer noch, wenn ich es einfach selbst mache. Klar, geht das auch nicht immer, aber wenn es möglich ist, dann mache ich es selbst. Und zack, ist es dann eben auch gemacht.

Auf meiner heutigen 6,5km langen Mülleinsammelrunde fülle ich einen großen Müllsack. Und ich sammle wirklich unheimlich viel Kleinscheiss auf. Sowas wie Bonbonpapiere oder Zigarettenkippen. Bei jeweils 30 habe ich aufgehört zu zählen. Sowas macht den Müllsack aber natürlich nicht voll. Wenn man also danach geht, dann lohnt sich das Sammeln kaum. Trotzdem finde ich jedes Bonbonpapier und auch jede Kippe, die nicht mehr im Wald oder im Feld rumliegt einen Erfolg. Ich muß dann immer an das Reh denken, was ich mit dem Snickers Papier gesehen habe. Heute finde ich auch unheimlich viele Riegelverpackungen und kleine Gummibärchentüten. Fast so, als hätte es eine Schnitzeljagd gegeben.

Viel Masse oder wenig Masse

Im Grunde macht es für mich keinen Unterschied, warum hier viel oder wenig rumliegt. Ob ich einen vollen Sack für den Bauhof abstelle, oder einen der 200 Zigarettenkippen enthält und deshalb kaum gefüllt erscheint, ist mir egal. Am Allerliebsten wäre es mir, dass ich meine Laufstrecke nutze und überhaupt gar nicht auf die Idee kommen müsste, Müll aufzusammeln. Weil keiner rum liegt. Das wäre überhaupt das Allercoolste!

Mir begegnen heute eine ganze Menge Menschen im Wald und auf den Feldern. Hundeführer, Pferdeführer und Reiter, Spaziergänger, Radfahrer und  Läufer. Mehr als einmal höre ich die Frage, ob ich die Triathletin aus der Zeitung bin und bekomme ein Danke. Ja, Gedanken einen Müllsack mitzunehmen hätten sie sich auch schon mal gemacht, sagt eine Frau, aber ich würde ja sehen, was daraus geworden sei. Sie steht ohne Müllsack vor mir. Es ist, als würde sie sich bei mir entschuldigen, dafür, dass sie das macht, was man an einem Sonntag Vormittag eben so macht. Spazieren gehen und die Natur genießen. Sie hat Glück, die Strecke, die sie jetzt, nach unserer Begegnung sieht, ist von mir schon sauber gemacht. Ich habe zahlreiche Plastikbeutel, Gummihandschuhe, Masken, Taschentücher, Zigaretten, Feuerzeuge und sogar Nummernschildhalter eingesammelt.

Machen statt meckern

Bei mir muß man sich übrigens nicht rechtfertigen, warum man eben keinen Müllsack dabei hat. Ich verstehe jeden, der seine Zeit nicht mit Müll einsammeln verbringt, weil es ihn oder sie eben nicht stört oder weil man eben auch gerne mal was anderes macht. Was ich nicht verstehe ist, wenn man sich über etwas aufregt, aber dann nicht selbst etwas dafür tut, dass die Situation sich ändert. Denn dass eine übermächtige Reinigungseinheit der Stadt oder vom Landkreis sich dazu aufmacht den Wald oder das Naturschutzgebiet zu reinigen und dann Wachen aufstellt, die dafür Sorge tragen, dass keiner mehr etwas entsorgt, das dürfte wohl kaum passieren. Wer also groß meckert, der darf auf jeden Fall gerne selbst Hand anlegen.

Meckern hat nämlich meistens keinen sehr großen Effekt. Machen umso mehr. Vor allem, wenn sich viele helfende Hände beteiligen.