Heute früh hat mich das Rad fahren ganz toll abgelenkt und mir einen ziemlich guten Start in den Tag beschert. Das hat natürlich nicht bedeutet, dass auch nur irgendeiner meiner Kollegen darauf Rücksicht genommen hätte. Keiner hat sich mit verrückten Sachen zurück gehalten. Jeder hat genau die selben überflüssigen Fragen gestellt, wie jeden Tag diese Woche. Einfach, weil es wahrscheinlich an Kreativität und Eigenverantwortung fehlt? Was sollte an einem Freitag auch anders sein, als an den andere Wochentagen? Nach Feierabend beschließe ich deshalb, dass ich den 3km Lauf, für das Ironman VR4, heute Abend noch mache. Eine Walkingrunde an der frischen Luft am Abend wird mir alles aus dem Kopf wegwehen.

Und so frisch durchgeweht, kann ich dann ganz wunderbar entspannt ins Wochenende starten. Immerhin fehlt mir ja auch die Autofahrt heute von der Arbeit nach Hause, um etwas Abstand zwischen das Büro und den Feierabend, oder eben das Wochenende zu bringen. Ein Lauf am Abend ist also genau das Richtige. Der Zeugwart und ich denken uns eine sehr schlaue Methode aus, damit ich die Walkingrunde gleich für das Ironman VR4 benutzen kann. Wir haben noch ein Paket in der Packstation und da die ungefähr 3km von uns daheim entfernt ist, fahren wir dort mit dem Auto hin, der Zeugwart nimmt das Paket dann mit dem Auto wieder mit heim, und ich laufe heim. Wichtig, damit die Walkingrunde für den Ironman VR4 gezählt wird, ist auch der Startzeitpunkt.

Das Ironman VR4 geht erst um 20h los. Wir sind um kurz vor 8 an der Packstation, holen das Paket raus und dann starte ich die Uhr. Die kann ja auch vor 20h schon mal GPS suchen und finden, so dass ich dann wirklich gleich losmarschieren kann. Der Weg ist total uneben, den ich heute walke, prädestiniert dafür beim joggen umzuknicken. Die Bäume heben hier praktisch jede Gehwegplatte an, nur unterschiedlich hoch. So ein Baum kann halt Wege verändern. Ich bin auf jeden Fall gut bedient, mit meiner Entscheidung, nur zu walken. Wahrscheinlich würde ich auch gar nicht mehr ordentlich joggen können?

Weiß ich nicht. Ist allerdings auch egal. Die Walkingrunde passt für mich prima, ich hab den Weg gut im Blick und die Arbeitswoche weht mir schon nach den ersten Meter regelrecht aus dem Kopf heraus. Die paar Leute, die mir hier entgegen kommen, haben das Thema Abstand halten, Hund ordentlich führen oder „wie verhalte ich mich richtig im Straßenverkehr“ einfach nicht verstanden und ich bin froh, dass ich ja alles aus dem Kopf geweht bekomme. So also auch diese Menschen. Wer seinen Hund nicht im Griff hat, versteht in meiner Welt wahrscheinlich einiges andere auch nicht. Da muß ich also keine Zeit drauf verschwenden. Ganz einfach.

Ich habe ja auch gar keine wirkliche Zeit übrig, denn ich walke hier natürlich so flott, wie es eben gerade geht. Immerhin sollen die VR4 Kilometer ja kein absoluter Schlendrian sein. Und während ich auf den Weg, die Menschen und meine Geschwindigkeit achte, sehe ich im Wald ein Reh verschwinden, ein paar Eichhörnchen an einem Baum und einen kunterbunten Schmetterling. Alles wirkt ganz friedlich, dabei stecken wir mitten in einer Krise. Wir erleben weltweit die größten Einschränkungen seit vielen Jahrzehnten. Vielen Ländern ging es noch nie so, wie jetzt. Die Menschen haben das einfach noch niemals zuvor so erlebt.

Ein Virus, der sich ausbreitet und gefährlich sein kann, man ist bereits ansteckend, obwohl man noch keine Beschwerden hat… wie im Film.

Hollywood hätte sich das einfach nicht besser ausdenken können. Wir leben diesen Film. Meine heutige Walkingrunde trifft die für das Ironman VR4 Entfernung fast perfekt. Ich mache noch einen Schlenker, damit ich ein bisschen über 3km lande. Zu viel ist nämlich ok, zu wenig aber nicht. Auch irgendwie logisch. Mein Kopf ist nun gut durchgepustet und ich glaube, ich kann das Wochenende unbelastet und mit frischen Sinnen starten. Das ist auch gut so, denn morgen früh möchte ich zum Bäcker laufen und dabei das Rock ’n‘ Roll Virtual Race mitmachen.