Schon den ganzen Tag mache ich mir darüber Gedanken, dass ich heute noch Rad fahren gehen soll. Der Coach hat 1,5 Stunden radeln in den Plan geschrieben und in Anbetracht der Tatsache, dass mein Start beim IRONMAN 70.3 Duisburg jetzt nicht mehr wirklich lange hin ist, macht das ganz bestimmt auch Sinn. Rein muskulär. In meinem Kopf macht es allerdings ein ungutes Gefühl. Ich will nicht draußen Rad fahren. Die Busfahrer, die viel zu eng an Radfahrern vorbeifahren, die Autofahrer, die 5 Sekunden Ampelvorsprung als wichtiger ansehen, als Abstand zu halten, all diese Verkehrsteilnehmer vermiesen mir die Radausfahrt.
Ich will da so kurz vor Duisburg jetzt auch nicht unbedingt noch was riskieren. Schließlich ist die Aufgabe gesund an der Startlinie zu stehen mal mindestens genauso groß, wie die gut trainiert zu sein und dann auch ins Ziel zu kommen. Wenn ich es also fit und gesund nächste Woche Sonntag an die Startlinie schaffe, dann habe ich schon halb gewonnen. Heute helfen mir auch alle Tricks, die ich mit Eva von Rückenwind mental Coaching ausgearbeitet habe, nichts. Ich fühle mich nicht wohl, beim Gedanken draußen Rad zu fahren und gehe deshalb nach der Arbeit auf die Rolle.
Mein Rettungsanker, irgendwie.
Auch, wenn das albern ist. Immerhin gibt es hier einige Radwege, die mich zu baulich getrennten Versionen führen und das Risiko deshalb ganz sicher auf ein Minimum reduzieren. Allerdings sind eben immer auch Passagen dabei, bei denen ich schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Und einen Unfall zu riskieren, weil jemand minimal Zeit einsparen will, ist in den Köpfen vieler Verkehrsteilnehmer ein akzeptables Risiko. Letztens hat mich sogar als Autofahrer jemand in einer 30er Zone überholen wollen, weil ich ihm mit 30 hinter einem Rennradfahrer her zu langsam gefahren bin. Derjenige fuhr natürlich in den Gegenverkehr, konnte wegen des Rennradfahrers dann nicht rüberziehen und musste sich wieder zurückfallen lassen. Hinter mich.
Und wie es sein soll, fuhren wir in der 30er Zone dann einfach weiter 30. Einträchtig hintereinander her. Der Rennradfahrer und die zwei Autos..
Mein Rollentraining absolviere ich heute bei Zwift und richte mich nach den Vorgaben aus meinem Trainingsplan. Allerdings etwas verkürzt. Drinnen Rad fahren ist immer etwas kürzer, als draußen, weil man nicht rollen lassen kann. Und es gibt auch keine Ampeln, die einen zum Anhalten zwingen. Beim Rollentraining wird durchgängig getreten, also muss es nicht so lang sein. Statt 1,5 Stunden verbringe ich deshalb heute nur eine Stunde auf dem Rollentrainer. Die Einfahrzeit nutze ich dabei für einen Anruf im Orthopädieladen. Denn, wie ich schon im April aufgeschrieben habe, warte ich ja noch auf eine Austauschbandage. Die Dame, die im Orthopädiefachgeschäft ans Telefon geht, versteht mich, kann aber auf Grund der Aufzeichnungen in „meiner Akte“, den Fall nicht wirklich nachvollziehen. Das wundert mich nicht. Die Akte muss mittlerweile viele Seiten lang sein.
Die Dame stimmt mir zumindest mal in dem einen Thema zu, dass die Organisation ihres Arbeitgebers zu wünschen übrig lässt. Dann versucht sie mir als Erklärung den Hackerangriff auf den Bandagenhersteller zu liefern. Da ist ehrenwert, tut aber natürlich für meinen Fall und für die Zeit, die ich auf die Bandage warte, gar nichts zur Sache. Der Hackerangriff war vor ein paar Wochen. Das Bandagenchaos existiert seit Monaten. Die Dame und ich verbleiben so, dass der zuständige Kollege sich morgen, also am Freitag, noch mal bei mir meldet. Das ist doch eine gute Lösung. Dass sie mein Thema heute Abend nicht lösen kann, war mir schon klar, als ich die Nummer gewählt habe.
Während ich mir Partymusik anhöre, absolviere ich dann den Rest meines Rollentrainings und bin dann damit auch soweit zufrieden. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn ich draußen gefahren wäre, aber heute ging es eben nicht. Die nächsten Trainings vor Duisburg mache ich draußen. Am Sonntag zum Beispiel ein Koppeltraining.