Bekanntermaßen ist es so, dass ich es nach der Arbeit selten zum Laufen schaffe. Ich kann es mir noch so gut vornehmen oder mich entsprechend organisieren, klappen tut es selten. Und wenn es klappt, dann bin ich oftmals so geschafft, dass ich kaum Energie habe, um Kilometer zu machen. Eine kurze Laufrunde ist oft drin, aber ausschweifend durch die Felder laufen, das tue ich nach Feierabend selten. Ich glaube, ich genieße vor allem die Einsamkeit beim Lauftraining und die gibt’s Abends oder am Nachmittag praktisch nie. Alle sind dann auf den Beinen. Vor allem, wenn das Wetter schön ist. Als Earlybird bin ich einfach besser unterwegs. 

Heute ist so ein Tag. Das Wetter ist ganz hervorragend angesagt und ich bin mir sicher, dass es heute Mittag draußen voll werden wird. Das stresst mich. Ich habe die Natur lieber für mich. Also ziehe ich mich gleich heute früh um und bin auf der Laufstrecke, ehe die anderen kommen. Ich schaffe es heute sogar, dass mir auf der Straße keine Menschenseele begegnet und ich mehrfach die Uhrzeit prüfe, weil auch keine Autos unterwegs sind. Bin ich etwa viel zu früh unterwegs? Obwohl es zu früh für einen morgendlichen Lauf ja eigentlich nicht gibt. Das steht mal fest. 

Natur aufräumen

Meine Schuhe tragen mich locker flockig in Richtung Feld und die Sonne, die hinter den Bäumen hervorkommt, macht eine tolle Morgenstimmung. Hier im Nachbarort, in dem ich mittlerweile angekommen bin, gibt’s am Wochenende eine große Aufräumaktion. Die lokale Müllsammelinitiative #einfachbücken Obertshausen hat das Clean-up Network Frankfurt herausgefordert. Es geht darum, wer am meisten Müll einsammelt. Wenn ich mir diesen Teil meiner Laufstrecke so betrachte, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass die Müllsünder von der Aktion Wind bekommen haben, um die Müllsammler in Obertshausen bestmöglich mit Müll auszustatten. 

Es ist wirklich beeindruckend, was hier rumliegt und vor allem auch wie viel. Klar, hier gibt’s auch keinen öffentlichen Mülleimer, weil der Weg direkt am Wohngebiet beginnt. Aber hier sieht es selbst dafür noch richtig wüst aus. Also wirklich wie nach so einer Partynacht am Mainufer, früher, vor Corona. Obwohl es die sicherlich heute trotz Verboten noch gibt. Vermute ich zumindest mal. Die Infektionszahlen steigen ja nicht einfach so, weil jeder daheim sitzt und sich an die Regeln zur Eindämmung der Pandemie hält. Die Zahlen steigen, weil sich immer weiter Menschen anstecken und das kann auch gut bei solchen Zusammenkünften passieren. Wie auch immer ist es für mich also ganz klar, wer sich hier am Wochenende beim Müll sammeln nützlich machen will, der kommt hier mit einem Müllsack nicht weit. 

Das wäre der wahre Erfolg. Ein leerer Müllsack! 

Realistisch gesehen ist das aber noch nicht mal Zukunftsmusik. Ich denke, dass wir da niemals hinkommen werden. Die Menschen sind dafür einfach nicht gemacht. Alle an einem Strang ziehen ist nicht unser Ding. Ist im Tierreich ja irgendwie ähnlich, jeder denkt zuerst an sich selbst und nur, wenn es gar nicht anders geht, schließt man sich zusammen. Das ist bei uns Menschen aber noch etwas hin, denke ich. Dafür geht’s zu wenigen schlecht. Dafür liegt zu wenig Müll herum. Und das, wo ich finde, dass wirklich jede Menge rumliegt.

Als Earlybird bin ich heute so einsam unterwegs, dass ich wirklich überrascht bin. Auf der Lichtung stehen sogar noch ein paar Rehe. Das muss heißen, dass hier auch noch nicht viele Hunde unterwegs gewesen sind. Menschen begegnen mir gar keine. Darüber freue ich mich auch ein bisschen. Ich bin ganz in meinen Gedanken versunken bei diesem Earlybird Lauftraining. Es ist einfach angenehm durch den frühen Morgen zu traben und als ich nach über 8 km wieder zu Hause ankomme habe ich immer noch super viel Zeitpuffer um zu duschen, ehe ich mich an den Schreibtisch setze.