Nachdem wir dem Wetter gestern unseren Samstag überlassen haben und nicht draußen Rad gefahren sind, machen wir es heute andersrum. Der große Sturm ist vorbei und ob es heute regnet oder nicht, ist beim Fahrrad fahren ja irgendwie auch egal. Zumal ich ja nun nicht nur meine Jacken- und Trikottaschen zum Transport habe, sondern auch die neue Lenkertasche von Route Werks. Für eine Regenjacke ist heute also auf jeden Fall Platz. Ob am Rad oder am Athleten ist egal. Und die Tasche gleich einem richtigen Praxistest zu unterziehen ist auch nicht verkehrt. Immerhin will ich ja wissen ob die knappen 180,- USD, die ich da im Oktober letztes Jahr für das Kickstarter Projekt gezahlt habe, die Sache auch Wert waren.

Zwar wirkt die Tasche wirklich super, aber ohne Belastung und mit Belastung ist dann immer noch mal ein Unterschied. Ich will da auf jeden Fall nicht zu große Lobeshymnen schreiben, und dann auf einer Ausfahrt feststellen, dass die Befestigung locker wird, oder dass die Tasche doch nicht so prima ist. Ein Praxistest ist wirklich unumgänglich. Also befülle ich die Tasche heute so, wie sie zukünftig auf die Ausfahrten mitkommen soll und dann ziehen wir uns an. 5°C und wechselnde Bewölkung sagt das Thermometer. Der Wetterbericht spricht von Wind und der Regenradar zeigt immer mal wieder eine Regenwolke an in den nächsten 5 Stunden. Also was machen wir jetzt? Wir können hier jetzt ja noch 5 Stunden sitzen und dann losfahren. Oder wir fahren einfach jetzt.

Und wenn wir nass werden, dann ziehen wir uns halt die Regenjacke an. So einfach kann man es sich eben auch machen. Über das Wetter zu philosophieren hat es schließlich noch nie verändert und wie oft bleibt man „besser drinnen“ um dann Stunden später festzustellen, dass die Vorhersagen schlichtweg falsch waren? Eben. Wir ziehen uns um und stehen schon auf der Straße. Ich starte meinen Radcomputer und prüfe noch mal die Festigkeit der Tasche. Alles wirkt vertrauenserweckend. Der Praxistest kann beginnen. Jetzt hoffe ich wirklich sehr, dass ich nicht enttäuscht werde. Die ersten Meter sind noch gut gefüllt mit Spaziergängern und Hundeführern. Dann aber wird es einsam auf unserer Strecke. Sobald man ein paar Meter mehr zwischen die Wohnsiedlungen und die Natur im Rhein- Main Gebiet gebracht hat, ist kaum mehr Betrieb.

Weil jeder immer nur die paar Schritte um den Block spaziert. Gerade auch bei so wechselhaften Wetterverhältnissen. Wir pedalieren eine andere Strecke als sonst. Ich bin nämlich vor gefahren und einfach nicht abgebogen. Warum nicht? Keine Ahnung. Jetzt fahren wir aber einfach mal hier lang und finden tolle Gravelstrecken. Und wir erleben ordentlichen Gegenwind. Gerade auf den Feldern, die wir durchqueren bläst es ordentlich. Dabei muß das gar kein krasser Wind sein. Wahrscheinlich kommt mir einfach jeder Hauch als heftiger Gegenwind vor? Aber wie schon oft auf Mallorca im Trainingslager kund getan, Gegenwind schult den Charakter und es bringt jetzt auch nichts rumzugammeln. Der Wind wird deshalb sicherlich nicht schwächer.

Die Wege in den mittlerweile geradezu licht gewordenen Wäldern sind teilweise heftig verschlammt und an anderer Stelle so trocken, dass man sich wirklich fragt, wie das mit dem Schlamm sein kann. Ganze Waldstücke sind so kaputt und schon abgeholzt, dass hier der Wind prima durchfegen kann. Wahrscheinlich sind die Wege hier deshalb so abgetrocknet und an anderer Stelle ist das Wasser eben noch nicht eingesickert oder weggepustet. Immer, wenn es wieder etwas voller im Wald wird, wissen wir automatisch, dass wir wieder in die Nähe eines Wohngebietes kommen. Die Frage, die dann immer im Raum steht, ist nur, wo sind wir denn jetzt hier eigentlich? Mit dem Gravelbike entdecken wir ja wirklich immer tolle Sachen und so kommen wir auch immer mal wieder an Wohngebiete heran, die wir natürlich ansonsten nie entdecken würden.

Wir finden heute auch eine Wiese, die perfekt zum Drachen steigen lassen geeignet ist. Ganze vier Stück fliegen bereits und zwei weitere Prachtexemplare werden gerade hochgezogen, als wir vorbei fahren. Und was für tolle Drachen! Hier hat wirklich jemand eine Leidenschaft. Und der Wind ist damit einfach perfekt ausgenutzt. Was ich jetzt genau vom Wind halten soll, der sich immer noch kräftig gegen mich richtet, das weiß ich nicht so genau. Aber weiterhin nützt es ja nichts, sich zu ärgern. Ich bin aber trotzdem sehr zufrieden, als die Strecke einen Bogen macht und wir fortan mit dem Wind unterwegs sind. Mein Tacho zeigt seit einigen Monaten beim Graveln keine Geschwindigkeit mehr an. Ich habe das so eingestellt, weil mich die km/h immer nur gestresst haben.

Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir jetzt auch deutlich flotter unterwegs sind. Was der Wind so für eine Kraft hat. Verrückt. Und es ist ja nicht so, als sei ich ein Fliegengewicht. Trotzdem schafft es der Wind, dass ich fast 10km/h langsamer unterwegs bin, wenn er als Gegenwind auftritt. Kein Wunder, dass das den Charakter schult. Zumindest in der Hinsicht, wenn man nicht in eine Schimpfwort-Tirade verfällt. Und heute tue ich das auch nicht. Wir sind gut unterwegs und ich bin einfach selig hier draußen. Wind hin oder her. Auf den Felder mag ich das Gras, was sich im Wind bewegt und die Wolkenformationen, die gut zu sehen sind. Im Wald mag ich die Geräusche der Blätter. Ich bin einfach sehr zufrieden auf meinem Rad. Und der Praxistest für meine neuen Tasche?

Der lief einfach großartig. Ich bin hochzufrieden. Die Tasche kann ich prima sogar auch während der Fahrt öffnen und auf den Inhalt zugreifen. Der Radcomputer sitzt bombenfest, die Klingel* ist so montiert, dass sie super Dienste leisten kann. Die Ordnung in der Tasche ist perfekt und trotz hubbeligem Terrain, unebenen Untergründen und vielen Lupfaktionen, weil Äste im Weg liegen, ist die Tasche sicher an Ort und Stelle. Auch bei einem kleinen Regenguss bleibt der Inhalt der Tasche trocken. Das will ich mehr? Dieser Praxistest war umfangreich und absolut überzeugend. Ich bin froh, dass ich mit dem Kickstarter Projekt so ein Glück gehabt habe.